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0190 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.2 / Page 190 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Das Normalschema der unsymmetri, schen Luccastoffe beruht auf der unpaarigen Gruppierung der Tiere, wobei in der Regel Vierfüßler und Vögel aus verschiedenen Reihen sich gegeneinander wenden. Der chinesische Ursprung dieser gewollt un, ruhigen Musteranlage ist bereits besprochen. Typische Beispiele geben (außer Tafel 144a und den Abbildungen 402, 405, 406) die Tafel 170 (Abb. 439), Tafel 171a, b und Tafel 172 (Abb. 440). ')

Die vortrefflich erhaltene Danziger Silberbrokatkasel Tafel 173 (Abb. 441) mit dem geflügelten Fisch , der einen Greifen verschlingt, während ihn ein Hund anpackt, darf hier nur mit dem ausdrücklichen Vor, behalt eingereiht werden, daß die Ent, stehung in Lucca sehr zweifelhaft ist. Eine gewisse Verwandtschaft ist vorhanden, aber die sonst immer wiederkehrenden formalen

Abb. 442. Handzeichnung von Pisanello. Nach Lippmann.   Merkmale der typisch luccanischen Blätter

und Blüten fehlen. Auf chinesischen Ming, porzellanen (z. B. auf einer Kiatsingvase des Berliner Kunstgewerbemuseums) kommen ähnliche Fische vor, deren stachlichte Flossen und zottige Köpfe die drachenhafte Um, bildung des Danziger Brokats nahelegen; aber die Verbindung der Fische mit Vierfüßlern ist in Ostasien nicht bekannt. Eine Variante dieses Motivs besitzt die Berliner Stoff, sammlung als rot,grün,weißes Gewebe mit Goldbroschierung.2) Obwohl die Beschreibung eines blauen Seidenstoffes mit Hunden, Drachen und Glockenblumen im Prager Inventar von 1387 3) sich auf die Danziger Kasel beziehen könnte, muß der Stoff doch in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts gesetzt werden , weil er auf einem Soester Bild der Marien; krönung aus der Zeit um 1420 (Landesmuseum Münster Nr. 4) abgemalt ist und weil außer, dem eine Handzeichung des Pisanello (1397-1455) ein ähnliches Motiv darstellt (Abb. 442). Ob hier ein Entwurf für die Weberei oder eine Skizze nach einem Seidenstoff vorliegt, bleibt fraglich; wahrscheinlicher ist letzteres, weil die sonstigen Tierzeichnungen des Vero, nesers im Codex Vallardi keine Beziehungen zur Musterzeichnerei verraten. Dem Fisch; brokat steht wohl die weiße Atlaskasel mit goldenen Löwen in Danzig (Tafel 174 Abb. 443) örtlich und zeitlich nahe (man vergleiche die blattförmige Löwenmähne mit den Palmetten von Abb. 441), die vermutlich losgelöste Einzelmotive eines älteren und reicheren Musters wiederholt, wie das im 15. Jahrhundert, als die Freude an den phantastischen Tierbildern nachließ und die Erfindung der Zeichner ermattete, mehrfach geschehen ist.

Um dem lockeren, streumusterhaften Gefüge der unsymmetrischen Tierbilder abzu, helfen, das sich bei einer Grundfüllung lediglich aus leichtem Rankenwerk einstellte (wie Tafel 144 a, 171 a, Abb. 406, 405, 402), haben die luccanischen Zeichner das ornamentale Beiwerk, Aste, Bäumchen, flatternde Schärpen (vgl. Tafel 144 a, 170, Abb. 438), pseudo, arabische Schriftrollen (Abb. 444, Goldbrokat in Düsseldorf), Kronen und Wolken (Abb. 445,

  1. Als nächstverwandt ist ein Silberbrokat in Stralsund abgeb. Migeon, Les Arts du Tissu S. 63 zu

erwähnen.

  1. Fischbach T. 95b.

  2. Nacho in blaveo panno cum canibus et draconibus et floribus admodum campanarum.

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