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0016 Die Buddhistische Spätantike in Mittelasien : vol.2
Postancient Buddhist Culture in Central Asia : vol.2
Die Buddhistische Spätantike in Mittelasien : vol.2 / Page 16 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000040
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Wo er erzogen wurde, geht aus dem Bericht des Fihrist nicht hervor, wahrscheinlich doch wohl in Ktesiphon. Später brachte ihn sein Vater „an einen Ort, wo er Verwandte hatte", die zugleich seine Glaubensgenossen waren, also u. E. nach Dastumeisan. Das Kind hatte sehr früh außergewöhnliche Begabung gezeigt, schon mit 12 Jahren trat er in Verbindung mit der Geisterwelt; durch einen vermittelnden Engel wurden ihm Eingebungen überbracht von dem „König der Paradiese des Lichtes", nach seiner eigenen Aussage also von Gott selbst. Der Engel aber hieß, mit einem nabatäischen Namen, At-Taum, was soviel wie Gefährte bedeutet. Dieser Engel forderte ihn auf, die Glaubensgemeinschaft, der er angehörte, also wohl die Täufersekte, zu verlassen und für Sittenreinheit und Bekämpfung der Lüste zu streiten. Er warnte ihn aber, seines jugendlichen Alters halber,

schon jetzt aufzutreten.

Diesen legendären Angaben möchten wir entnehmen, daß Mani, etwa mit seinem zwölften Jahre seine neue Religion ausgebildet hatte, aber äußerlich noch einer anderen Religionsgemeinschaft angehörte.

Erst als Mani das vierundzwanzigste Jahr zurückgelegt hatte, erschien ihm der Engel von neuem und sprach: „Die Zeit ist nun für dich da, daß du öffentlich hervortrittst und deine eigene Lehre laut verkündest !"

Der orientalischen Uberlieferung nach trat Mani zuerst öffentlich mit seiner Lehre hervor am Hofe zu Ktesiphon am Tage, an dem Sabur (Schapur I), der Sohn des Ardaschir, zur Regierung gelangte und die Krone auf sein Haupt setzte; es war „Sonntag, der erste Nitan, da die Sonne im Widder stand". Diese Datierung trifft nach Nöldeke auf den 24. März 242 zu.

Mani wurde bei diesem Hervortreten begleitet von zwei Jüngern aus der Zahl der bis dahin gewonnenen Anhänger, Scham`un und Zakű; auch sein bei den Manichäem im höchsten Ansehen stehender Vater und Lehrer, Futtagt, war ihm an den Hof gefolgt.

Welchen Erfolg der jugendliche Religionsstifter bei Schapur I durch diese erste Begegnung errang, geht aus dem ziemlich dürftigen Bericht des Fihrist nicht hervor. Allzu freundlich mag der Empfang nicht gewesen sein; jedenfalls war er nicht derart, daß Mani nunmehr die Bekehrung Irans zu seiner Lehre mit ganzer Kraft hätte wagen dürfen: es beginnt vielmehr jetzt eine lange, fast den ganzen Rest von Manis Leben ausfüllende Periode der Missions- (und Studien-)reisen, in deren Verlauf Mani die Bewohner Indiens, Chinas und Ost-Irans zur Annahme seiner Lehre aufforderte und in jedem Bezirk einen seiner Schüler zurückließ.'

Diese Missions- und Studien-Reisen währten angeblich etwa 40 Jahre, und müssen einen bedeutenden Erfolg gezeitigt haben, so daß Mani bei seiner Rückkehr den Bruder des Königs Schaper, den Prinzen Perez, zur Annahme seiner Lehre einzuladen wagte.

Perez begünstigte Manis Bestrebungen und vermittelte sogar eine zweite Audienz des Propheten bei seinem Bruder. Diese Begegnung wird dramatisch geschildert: „Und, fügen die Manichäer hinzu, er (Mani) trat bei ihm (Sabúr) ein, während auf „seinen Schultern wie zwei Lampen von Licht strahlten. Als ihn Sâbûr erblickte, erwies er ihm hohe Achtung und Mânî wuchs „in seinen Augen an Ansehen, obwohl er den Entschluß gefaßt hatte, sich seiner zu bemächtigen und ihn zu töten. Als er ihm „aber gegenüberstand, ergriff ihn Scheu vor ihm; und er freute sich über ihn und fragte ihn, was er ihm brächte, ja er versprach „ihm, sich zu ihm bekehren zu wollen. Mânî bat ihn urn eine Menge Angelegenheiten, unter anderen, daß seine Schüler in Persien „und allen übrigen Ländern seines Reiches Achtung genießen sollten und daß sie überall wohin sie wollten sich begeben könnten. „Sâbûr gewährte ihm Alles, um was er bat« (Flügel, S. 85).

1 Vergl. die griechische Abschwörungsformel bei Kessler, Mani S. 405, die den Vater des Mani unter seinem griechisch zurechtgemachten Namen Patekios namentlich aufführt und verflucht.

2 Daß Mani diese Reisen wirklich unternommen habe, kann u. E. nicht bezweifelt werden, nur ist es nötig genauer festzustellen, welche Länder unter den Ausdrücken Indien (al Hind), China (a4 Stn) und Ost-Iran (Churasan) zu verstehen seien. Unter den Eindrücken der Ergebnisse unserer „Turfan"-Reisen können wir nur glauben, daß unter der Bezeichnung „Indien" das Gebiet von Bamiyan und Gandhara, die angrenzenden Landschaften des Pandschab, sowie Kaschmir und die mittel-asiatische, z. T. jedenfalls von Indern bewohnte Gegend von Chotän zu verstehen sei.

Mit „China" ist hier keinesfalls das eigentliche China gemeint, sondern im Norden der Muz-tagh Gebirge gelegene Distrikte der heutigen russischen Provinz Semiryetschinsk und Ostturkistan, (be-

sonders die durch uralte Handelsstraßen verbundenen Oasen von Aqsu und Kutscha, allenfalls sogar von Chotscho) — lauter Gegenden, die zu Manis Zeiten von Ost-Iraniern, z. T. von Tocharern, bewohnt gewesen sein dürften.

Das Churasan des Textes umfaßt ganz Ost-Iran (Herat, Merw, Sistan, Afghanistan, Samarkand, Buchara, Ferghana und Chiwa.)

Freilich können wir diese Identifikationen einstweilen nur als Vermutungen aufstellen.

Da der Tod Schapors I etwa um das Jahr 271 anzusetzen sein dürfte, und Manis Hinrichtung in die Zeit zwischen 273 und 276 fällt, ist die Zeit von 40 Jahren unbedingt unrichtig, wenn man sie für den Zeitraum zwischen der ersten und der zweiten Begegnung Manis mit Schapùr I einsetzt; vielleicht soll nur gesagt werden, daß Mani überhaupt im Ganzen 40 Jahre lang seiner Missionstätigkeit ob-

gelegen habe.

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