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0023 Die Buddhistische Spätantike in Mittelasien : vol.2
Postancient Buddhist Culture in Central Asia : vol.2
Die Buddhistische Spätantike in Mittelasien : vol.2 / Page 23 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000040
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Die Wandlungen, denen die Antike sich unterwerfen mußte, vollzogen sich weder plötzlich, noch an demselben Ort, sondern allmählich und an vielen Orten, und zwar an jedem Ort unter anderen Arten der Beeinflussung.

So entstand in Aegypten, besonders in Alexandrien, mitten unter alt-aegyptischen Erinnerungen, die koptische Antike, deren Wichtigkeit noch lange nicht genügend gewürdigt wird ; Persien, seit altersher mit Aegypten, Vorderasien, Mesopotamien, Hellas verbunden und unter den Parthern starken hellenistischen Einflüssen ausgesetzt, entwickelte, später im Austausch auch mit Byzanz, die merkwürdige persische Renaissance, nämlich die sassanidische Kunst, die, obwohl persisch, die fremden Elemente nicht verleugnen kann. Nach Indien drangen zu Asoka's Zeiten altpersische Formen vor, später hellenistische Kunstübungen aller Art, unter denen die Schulen von Gandhära und Mathura besonders wichtig sind, und es entstand dort durch deren Mischung mit (z. Z. freilich nur vermuteten) Kunstelementen der indischen Arya, die buddhistische Antike, die, mit der Religion, deren äußerer Ausdruck sie war, vordringend, die iranischen und tocharischen Bewohner Ost-Turkistans in ihren Bann zog, aber unter ihren Händen neuen Veränderungen unterworfen wurde.

Tiber die Handelsrouten Ost-Turkistans gelangten, neben Formen der koptischen Spätantike, die sassanidische Kunst Irans, die buddhistische Antike Gandhäras, die oft schon ganz indisch abgewandelten Kunstübungen anderer indischer Landschaften nach China' und von dort über Korea nach Japan, welch letzteres Land aber vielleicht auch unmittelbare Beziehungen zu Ostturkistan und Gandhára unterhalten hat.

Aber nicht nur der Buddhismus diente der Verbreitung westlicher Kunstübungen über die ungeheueren Länder des asiatischen Kontinents, sondern auch die syrischen Nestorianer und die Manichäer brachten westliche Kultur und Kunstelemente nach Mittel- und nach Ostasien. Erstere nämlich, obwohl ein recht langweiliges und in der Diaspora sich schnell barbarisierendes Völkchen, brachten doch griechische Kulturelemente in ihre abgelegenen Asyle mit — so fanden wir z. B. in der Oase von Turfan, also nahe der Grenze des eigentlichen China, Reste einiger Zeilen griechischer Schrift in dem 7.-9. Jhdt. zuzuweisenden Charakteren.

Die Manichäer endlich brachten ihre Illuminationskunst und ihre Wandmalerei, auf die weiter unten eingegangen werden wird.

Und schließlich können wir nicht verschweigen, daß unserer Ansicht nach die zwischen den großen Kulturvölkern der alten Welt bestehenden Handelsbeziehungen einen weit größeren Einfluß auf die Entwickelung der Kunst der betreffenden Völker ausgeübt haben, als man gewöhnlich annimmt. Ein außerordentlich wichtiges Ausstrahlungszentrum war Alexandrien, die wichtigste Handelsmetropole der alten Welt, die, wie später Byzanz, dem Osten westländische Güter aller Art übermittelte, aber sicherlich auch schon begann, wie Byzanz später es getan hat, Erzeugnisse der sich infolge der Berührung mit dem Hellenismus reich entwickelnden Kunstübungen des gesamten Orients dem Westen zu überbringen.

Wir sehen in den Kunstübungen aller Kulturvölker des alten Europas und Asiens einen innigen Zusammenhang; die Beziehungen scheinen u. E. zunächst, nach dem Aufblühen der klassischen Antike aus ihren fremden Grundlagen, von Westen nach Osten gewandert zu sein, dann aber, von dem Zeitpunkt an, da die Völkerwanderung ihre Zerstörungen beg ann, sich geändert und den Weg von Osten nach Westen genommen zu haben.'

Ein merkwürdiges und darum ungemein wichtiges Beispiel scheint uns in der Kunst der manichäischen Miniaturmalereien vorzuliegen. Sie geht zurück auf eine vorauszusetzende sassanidische Malschule, die dem Stil der gleichzeitigen Skulpturen ebenso entsprochen haben muß, wie manche Gemälde aus den Höhlentempeln von Kutscha dem Stil der Gandhara-Skulpturen entsprechen. Daß eine solche Malschule vorhanden war, ergibt sich aus einer Notiz bei Mas`űdî'; sicherer aber (späte literarische

' Eine Reihe von Beispielen, die die Wanderung von Kunst- und Kulturgütern nach beiden Richtungen hin zeigen soll, werden wir demnächst in Form eines „Bilderbuchs" der Öffentlichkeit unterbreiten.

z Vergl. auch Anm. auf S. 59. Aber auch nach dem im Jahre 1608 geschriebenen Werke des tibetischen Lamas Táranátha gab es eine indische Malschule, die den Namen der „Schule des alten Westens" führte. Sie wurde begründet durch einen Götterbildner namens Sriitgadhara, der in „Maru" lebte und wurde früher auch in Kaschmir geübt. Auch in Nepal waren die früheren Kunstschulen „ähnlich dem altenWesten". (A.Schiefner, Tárandtha's Geschichte desBuddhismus in Indien, St. Petersburg 1869, S. 279 —8).

Ob man nun einer so späten tibetischen Quelle großen historischen Wert beilegen darf, steht dahin. Wir möchten aber nicht unterlassen,

unseren Zweifel auszusprechen an der Richtigkeit der Übersetzung des Namens Maru mit Mdrwár (Jodhpur in Rájputána), die Vincent Smith auf S. 305 seines verdienstvollen Werkes „History of Fine Art in India and Ceylon" einsetzt.

Maru kann allerdings Márwár bedeuten und bedeutet es auch vielleicht an manchen Stellen des Buches Táranáthas; an anderen Stellen aber tritt der Name Maru (S. 6x und 198) als „im Westen gelegen", und zwar neben dem Namen des Landes Tukhára auf — hier würde also unseres Erachtens keineswegs an Jodhpur, sondern an Merw (und, für Tukhára, an Balch) zu denken sein. Ob an der oben zitierten Stelle nicht ebenfalls Merw statt Jodhpur einzusetzen ist, muß noch untersucht werden. Wir sind einstweilen überzeugt, daß Merw gemeint ist. Aber wir möchten davor warnen, auf Grund einer so unsicheren Angabe etwa an das Bestehen einer „Raiputen-

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