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0020 Die Buddhistische Spätantike in Mittelasien : vol.2
Postancient Buddhist Culture in Central Asia : vol.2
Die Buddhistische Spätantike in Mittelasien : vol.2 / Page 20 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000040
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Es ist schwer zu glauben, daß das Faltbuch aus zusammengeklebten und dann gefalteten potht-Blättern entstanden sei; vermutlich hat man, als man den Kanon in Form eines Faltbuches druckte, die verzierten Lochkreise nur aus Pietät mit zum

Abdruck gebracht.

Das westländische geheftete mit Einband versehene Buch ist die vierte, letzte und häufigste Buchgattung.

Die Formate wechseln vom stattlichen Folio und Quart bis zum winzigen Duodez.

Von allen diesen Bucharten vermieden die Manichäer, wie es scheint, das Faltbuch gänzlich; Reste von manichäischen

Büchern dieser Art sind wenigstens nicht gefunden worden.

Der indischen pothi haben sich die Manigläubigen selten bedient. Wir halten die Fundstücke dieser Kategorie für einer

späten Zeit zugehörig, einer Zeit, da diese östlichen Manichäer unter starker Betonung der buddhistischen Elemente ihrer synkretistischen Religion sich äußerlich mehr oder minder den Anschein einer buddhistischen Sekte zu geben suchten.

Die Buchrolle kommt häufiger vor, und zwar sind zwei Handschriften eines wichtigen Bußgebetes der auditores, des Chuastuanift, uns in Form von Buchrollen erhalten worden; aber die beliebteste Buchform, bei Manichäern wie bei Christen, war das

europäische, geheftete und gebundene Buch.

SCHREIBMATERIALIEN UND BUCHSCHMUCK

Die ersten nachchristlichen Jahrhunderte waren eine Zeit großer geistiger Unrast und religiöser Inbrunst. Es entstand, besonders durch das Vordringen der buddhistischen Propaganda in die im Norden Indiens gelegenen Länder, ein ungemein vermehrtes Bedürfnis nach einem handlichen, widerstandsfähigen Schreibmaterial, denn dort fehlte das Palmblatt Indiens und die Birkenrinde Kaschmirs. Man wird kaum fehl gehen, wenn man die Entdeckung, oder wenigstens die massenhafte Anfertigung von echtem Papier mit dem Eifer der buddhistischen Missionare in Zusammenhang bringt, und wir glauben, daß die Soghdier in Soghdiana sowohl als in Ostturkistan zuerst echtes Papier in größeren Mengen hergestellt haben. Als Herstellungsstoffe der Papiere Chinesisch-Turkistans dienten hauptsächlich Fasern von „China-Gras" (Boehmeria nivea) und Broussonetia, seltener von Hanf, während Baumwollenfasem in keinem der untersuchten Papiere gefunden worden sind?

Buchreste, welche unzweifelhaft der Zeit des Mani angehört haben, sind von uns wohl kaum gefunden worden. Alle unsere Funde manichäischer Literatur gehören anscheinend einem späteren Zeitalter an. Sie teilen sich in Reste manichäischer Bücher erstens in iranischen Dialekten, und zweitens in türkischer Sprache; von ersteren können einige vielleicht dem sechsten oder siebenten Jahrhundert zugewiesen werden, in der Hauptsache gehören sie unseres Erachtens dem achten bis neunten Jahrhundert an.' Diese Zeit, die Glanzzeit des uigurischen Königtums, sah wohl auch die Entstehung der meisten unserer türkischen Textfragmente, von denen die spätesten dem elften bis zwölften Jahrhundert angehören mögen. Aber wir dürfen annehmen, daß man die von Mani hergestellten Originale, soweit sie religiös wichtig waren, zu allen Zeiten bis zum Untergang der manichäischen Kirche mit äußerster Genauigkeit zu kopieren bestrebt geblieben ist.

Als Schreibmaterialien treten neben Papier noch Seide und Leder auf und zwar letzteres sowohl als Pergament wie als weiches (Handschuh-)Leder.

Zur Ausführung der in der guten Zeit immer kalligraphisch geschriebenen Texte diente meistens schwarze Tinte oder Tusche. Sie war von ganz vorzüglicher Qualität. In einigen der durch Nässe zerstörten Bibliotheken hatte das Lehmwasser zwar das Papier der Bücher vollständig zu Lehm umgestaltet, beim vorsichtigen Auseinanderblättern dieser sich in der Längsachse der früheren Blätter leicht spaltenden Lehmmassen sieht man noch ganze Zeilen von Schrift in vollkommener Erhaltung und ohne daß irgendwo die Tinte verlaufen wäre.

Angeordnet wurde der Text entweder so, daß er den ganzen Spiegel des Blattes ungeteilt mit seinen Zeilen füllte oder man teilte ihn in zwei oder mehr nebeneinandergestellte Kolumnen, die oft mit senkrechten carmin- oder scharlachroten

Strichen eingefaßt sind. Die Linien, auf denen geschrieben wird, sind zuweilen mit hellgrauer dünner Tusche gezogen. Oft ähneln sie genau modernen Bleistiftlinien.

Ein nur in schwarzer Tinte geschriebner Text genügte der Prachtliebe der Manichäer nicht. Fast überall ist der aus einem längeren Satz bestehende Titel in greller Farbe über eine Anzahl aufeinanderfolgender Seiten verteilt; wir glauben, über

1 Vergl. die Arbeiten von Wiesner und Koben (s. Liste).

2 Auffallender Weise ist nicht ein einziges Bruchstück einer manichäischen Schrift in syrischer Sprache gefunden worden. Dies täßt

einen gewissen Zweifel aufkommen an der Richtigkeit der Tradi-

tion, Mani habe sich ursprünglich in den meisten seinerWerke der syrischen Sprache bedient.

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