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0012 Baukunst und Landschaft in China : vol.1
Architectural Arts and Landscapes in China : vol.1
Baukunst und Landschaft in China : vol.1 / Page 12 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000203
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Die Dreiheit Himmel, Erde und Wasser wird in der Kunst ständig dargestellt. Für den Himmel wird alsdann nicht das Bild der Sonne gesetzt, sondern der Aether, die Luft im Bilde der Wolken, die durch die Sonne erzeugt sind. Aus den Wellen des Wassers ragen Felsen heraus, und darüber ziehen die Wolken, ein Gleichnis der fließenden Gegenwart, der festen Vergangenheit und der Zukunft in ihrem Schleier. In jenem Dreiklang bieten sich uns das äußere Bild und das innere Wesen der Natur harmonisch dar, und damit ihre Schönheit selbst. Man könnte ein derartiges Auflösen des Begriffes Schönheit in seine Bestandteile schematisch nennen, wenn es nicht einem tiefen Naturgefühl entspränge und durch seine Beziehung zu metaphysischen Gedanken und ethischen Wahrheiten die Quelle wäre für die erstaunliche Schönheit chinesischer Kunst. Der Eindruck, den eine schöne Landschaft auf uns macht, wird zergliedert, die einzelnen Punkte werden in feste Begriffe gefaßt, die Bestandteile der Umgebung, Berge, Plateaus, Ebenen, Gewässer, Himmels- und Windrichtung werden nach ihrem inneren Wert für die Anlage der Baulichkeiten ausgenutzt.

Dieses Bestreben ist in eine feste Formel gebracht unter dem Namen Fengshui, jenem bekannten Begriff, der wörtlich Wind-Wasser heißt, im weiteren Sinne aber die Beziehungen zur umgebenden Natur bezeichnet, die Einflüsse der Landschaft auf die Schönheit des Bauwerks und auf das Glück der Bewohner. Voraussetzungen einer vollkommenen Lage sind oft gegeben. Das Bauwerk, etwa ein geräumiger Tempel, liegt am Abhang eines Berges und erhebt sich stufenförmig auf ihm, jedoch ohne daß der Gipfel des Berges erreicht wird, denn in dessen Schutz und Schatten soll der Tempel sich befinden. Zu den Seiten gewähren andere Bergzüge gleichen Schutz. Nach der vierten Seite, möglichst nach Süden, schweift der Blick ins Weite, in ein großes Tal, das auf der andern Seite abgeschlossen ist durch einen Höhenzug, oder in die unendliche Ebene. Bestimmte Spitzen der Nachbarberge, oft auch die Hauptgipfel, sind bekrönt mit Pagoden, kleinen Tempeln oder Pavillons, die jene magischen Kräfte des Himmels und der Erde auszugleichen haben. Der Gedanke entspricht etwa unserer Vorstellung vom Ausströmen magnetischer Kraft aus spitzen Ableitern. Und als ein magnetisches Feld sieht auch der chinesische Geomant die Naturformen an. Denn die Anordnung der Bergspitzen, Flüsse, Täler oder naher Bauten vermag auch die Ablenkung von der Süd-Nordrichtung zu begründen, die für die Achsenführung im allgemeinen die ideale ist.

Die Lage von Peking ist nicht nur flach chinesischen Regeln, sondern auch nach unseren Begriffen außerordentlich schön und günstig. Die Täler der umgebenden Gebirge, besonders der berühmten Westberge, sind erfüllt von herrlichen Tempeln, unter denen als schönster hervorragt Piyünsze, der Tempel der smaragdgrünen Wolken. Entlang der großen Hauptachse reihen sich Tor an Tor, Hof an Hof mit einer großen Anzahl von Gebäuden, alle symmetrisch gelegen. Die Achse weist in diesem Falle nicht genau nach Süden, sondern, entsprechend der Richtung des Hügelrückens, auf dem das Kloster liegt, nach Südosten, und zwar gerade auf Peking selbst, dessen Herz etwa drei Meilen entfernt liegt. Diese Abweichung ist hier das Erhabene. Von der Zinne einer reich skulptierten, mit fünf Türmen gekrönten Terrasse einer Marmorpagode, dem höchsten Punkte am Ende des Klosters, umgeben von einem dichten Hain ausKiefern und Zypressen, erblickt man in der weiten Ferne als schwaches Bild die gewaltige, in der Ebene gelagerte Stadt mit ihren ragenden Türmen und Palästen. Und die erste Morgensonne sendet von den grün, gelb und blau glasierten Dächern Pekings ein Blitzen und Funkeln herüber gerade zu diesem Kloster und der buddhistischen Pagode, die ihre heilige Wirkung zurückstrahlen läßt auf die Stadt. Hunderte von Buddhas sind hier oben aus den Marmorflächen gemeißelt, und die Terrasse der Pagode bietet sich dar als ein Götterthron, von dem man, wie aus dem westlichen Paradies der Buddhisten, die Schön-

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