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0014 Baukunst und Landschaft in China : vol.1
Architectural Arts and Landscapes in China : vol.1
Baukunst und Landschaft in China : vol.1 / Page 14 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000203
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Viereck, als dem Symbol der weiblichen Erde, gibt den Hinweis auf den Dualismus der bewegenden, aber zur Einheit verbundenen Kräfte. Auf der unteren Terrasse stehen acht Flaschenpagoden aus glasiertem Ton in verschiedenen Farben, je eine auf den Ecken und in den Mitten der Seiten. Der umschließende Säulengang mit den vier Toren bedeutet die Burg, in der man sich jenes Weltsystem zu denken hat. Der Lamaismus von Tibet zog die Konsequenz und stellte diese Burg als gewaltiges Bauwerk mit trotzigen Mauern hin, das für den Bösen uneinnehmbar ist. Ein solcher Trutzbau ist in Jehol das Kloster Putala.

Daß der Lamaismus als die bizarrste Form des Buddhismus bis auf die neueste Zeit in China, wenigstens in seinem nördlichen Teil, eine Art von Vorzugsstellung genoß, trotzdem er dem breiten Volke fremd und den Literaten ganz und gar nicht angenehm ist, hatte außer den politischen Rücksichten der Kaiser noch gewisse innere, religiöse Gründe. Tibet, als das höchste bewohnte Land Zentralasiens, lenkt die Blicke des Chinesen zu den höchsten Gebirgen, dem Himalaya und dem Kuenlun, den er als den Vater aller Gebirge seines Landes ansieht. Dort entspringen die großen Ströme und trugen von dort den Boden herab, an jenen Orten, mit denen sich zahlreiche mythologische Vorstellungen und Sagen verbinden, ist man dem Himmel am nächsten. Bei dem Sehnen nach den höchsten Dingen der Welt denkt der Chinese an jene Berge des innersten Asiens. So ist ihm Tibet, das höchste Land, der Sitz der Gelben Lehre, bis zu einem gewissen Grade auch Verkörperung einer höchsten Weisheit.

Der Beziehung zwischen Religion und Bodengestaltung entsprang der Gedanke der Heiligen Berge Chinas. Das ganze Land ist nach den Himmelsrichtungen religiös aufgeteilt durch die fünf Heiligen Berge, je einen im Norden, Süden, Osten, Westen und im Zentrum. Immer sind sie die höchsten in ihrem Bereiche, auffallend durch ihre Form und heilig seit uralter Zeit. Die Konzeption dieser Berge kennzeichnet in hohem Maße das Bedürfnis der Chinesen, eine Kongruenz festzustellen zwischen ihren innersten Ueberzeugungen und der Natur selbst. Nunmehr bedeutet die Fünfzahl der Berge das Gleiche wie etwa ein Tempel in Jehol mit seinem Zentralbau und vier Ecktürmen, das ganze Land ist als ein einziger Tempel angesehen, man kann von einer Architektur des Landes sprechen. Man spann diesen Gedanken weiter und machte aus jedem dieser Berge wieder für sich ein Abbild des Weltsystems, machte ihn zugänglich durch vier Tore, entsprechend den Himmelsrichtungen, und erblickte eine Bestätigung dieser Auffassung durch den Himmel selbst, wenn der westliche Berg Hua shan in der Provinz Shensi für sich wieder durch die Gunst der Natur aus einem System von fünf Spitzen besteht, die nach den Hauptrichtungen angeordnet sind.

Diese Heiligen Berge gleichen die Einflüsse von Himmel und Erde miteinander aus. Sie sind mit zahlreichen Tempeln bedeckt und bilden das jährliche Ziel für ungezählte Pilgerscharen. Jeder der Berge erhebt sich majestätisch unmittelbar aus der Ebene als unbestrittenerHöhepunkt der Landschaft. Er sieht zu seinen Füßen einen ausgedehntenTempel, dessen Hauptachse auf seinen Gipfel zielt. Dieser Tempel ist als wehrhafte Burg gebaut, als ein großes Rechteck mit Mauern, Zinnen, vier Toren und acht Türmen und mit Säulenumgängen, und birgt in seiner Mitte das Hauptheiligtum, die große Halle. Die Anlage ist selbst ein Bild des ganzen Systems, Spiegel der spirituellen Welt. Auf dem östlichen Berge, dem Tái shan, gelangt man auf einer steilen Treppe, der Himmelsleiter, zum südlichen Himmelstor. Der Berg hat vier solche Zugänge in den vier Himmelsrichtungen und wird dadurch Spiegel der Weltordnung. Den Gipfel krönt der Tempel des Yü Huang, des Edelstein-Kaisers. Dieser, eine Erscheinung des höchsten Gottes, ist mit Vorliebe auf den höchsten Spitzen der Berge heimisch gedacht, wo Himmel und Erde sich berühren. Dort

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