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0020 Baukunst und Landschaft in China : vol.1
Architectural Arts and Landscapes in China : vol.1
Baukunst und Landschaft in China : vol.1 / Page 20 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000203
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neuen Ausdrucksmitteln begierig waren. Diese gab ihnen der Buddhismus. In allen übrigen Bauten tritt stets das Bestreben hervor, an der Erde zu haften. Eine Befreiung von ihr wünscht sich der Chinese nicht, das Himmelstürmende liegt ihm nicht, innerlich ganz und gar nicht. Darin ist er uns diametral entgegengesetzt, die wir uns mit hochragenden Domen und Palästen nicht genug tun können. Er klebt an der Erde. Das ist aber gerade die Quelle seiner tiefinnerlichen Kunst.

Der rein künstlerische Wert der Pagoden ist meist sehr bedeutend. Selbst Massen, die bis zu großer Höhe emporsteigen, sind sicher und klar gegliedert und mit feiner Rücksicht auf den Wechsel der Distanz detailliert. Jedes Hilfsmittel ist dazu recht und wird richtig verwendet. Gleichheit der Geschoßhöhen oder ihre stetige Abnahme nach oben, einfache und doppelte Gesimslinien, Abtreppung oder sanfte Schwellung des massiven Säulenkörpers, gerade Führung oder lebhafte Schwingung der Zwischendächer, Anordnung eines gegliederten Sockels und eines selbständigen Zwischenkörpers, oder unmittelbares Herausschießen aus dem Erdboden und atemloses Emporstreben bis zur Spitze. Der größte Reiz aber besteht in dem Wohlklang, den die geschwungenen und aufgelösten Linien der Dächer und des Umrisses hervorrufen auf der Masse des eigentlichen Baukörpers. Es ist das wiederum die natürliche Belebung eines an sich starren Schemas durch das sichtbare Spiel der Kräfte. Zu den schönsten Beispielen hierfür gehören die liebliche Pagode des entlegenen Bergklosters Ling yen sze in der Provinz Shantung und die feierlichen Pagoden von 'Tienningsze und Palichuang bei Peking.

An den Pagoden in Szechílan sind die Dachlinien der einzelnen Stockwerke mannigfaltig und kühn geschwungen. Zuweilen stehen die Enden der Grate und Traufen senkrecht empor, als wollten sie das Bauwerk mit sich in die Höhe reißen, dann weisen sie wieder mit eleganter Biegung herab, als wollten sie es an die Erde bannen. Es kommt hier noch dazu ein Ueberfluß von Farbe und von Ornament aller Art, mit dem auch die einzelnen Stockwerke selbst geschmückt werden. Oft wird das Motiv der Pagode mit dem des Weihrauchaltars vereinigt. Die Altäre nehmen die Turmform an, der Rauch steigt empor wie in einem Schornstein und entweicht an der Spitze durch den Mund der dreibeinigen Kröte in die Luft. Die starken Schwingungen der Dachlinien und die anmutige Durcharbeitung auch der Einzelheiten finden sich in ähnlicher Weise im ganzen mittleren und südlichen China.

Das innige Verhältnis, in dem der Chinese vor allem zum Erdboden steht, seine Ver-
ehrung der Vorfahren, sein Glaube an das Weiterbestehen der Seele des Toten führten
dazu, daß man die Gräber mit ganz besonderer Liebe anlegte und ausbildete. Die Rück-
sicht auf ein gutes Fengshui spielt eine entscheidende Rolle, deckt sich aber stets mit der
Schönheit des Platzes. Immer paßte man sich den natürlichen Bedingungen an, oft wurden
die Gräber geradezu bestimmend für das Bild der Landschaft. Schwermütig wirken die
weiten, völlig ebenen gelben Flächen an den Flüssen des Nordens durch ihre Grabhügel,
die als große und kleine schmucklose Kuppen dicht gedrängt nebeneinanderstehen. Selbst
in der Nähe der Küsten ziehen sich diese Totenfelder hin, oft ist weit und breit kein Haus
zu sehen. Um die Städte schuf man einheitliche Gruppen und bildete sie mit größerer Kunst
aus. Tische und Geräte aus Stein dienen den Totenopfern, in Steintafeln sind die Namen
der Verstorbenen gegraben. Um Peking sieht man in der freundlichen, bäumereichen Ebene
schöne Gräberhaine wohlhabender Familien und reichere Grabbezirke vornehmer und edler
Geschlechter, auch Friedhöfe mit Grabpagoden für buddhistische Priester. Bei den großen
Gräberanlagen für Prinzen und gar für die Kaiser wurde die Wirkung ins Erhabene gesteigert.
In den altenProvinzen desNordens herrscht auch in den Gräbern noch der altchinesische
monumentale Geist. Ernst lagern die Gräbergruppen inmitten der weiten Felder, dürftige

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