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0016 Meine Tibetreise : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / Page 16 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Nach den Erfahrungen der bisherigen Reise und im Hinblick auf die mir verfügbaren Mittel und auf die Ratschläge v. Richthofens stellte ich mir den folgenden Reiseplan zusammen : Wie das erste Mal, auf der Reise mit Herrn und Frau Filchner, wählte ich mir als Anmarschroute den Yang tse- und HanFluB, da chinesische Wasserstraßen wohl zeitraubende, aber bequeme und billige Verkehrsmittel sind. Ich wollte sodann auf einer neuen Route von Süd nach Nord die vielen Ketten des äußersten, östlichen Ausläufers des größten asiatischen Gebirgssystems, des sogenannten Kuen lun, durchqueren und so an das mir von v. Richthofen besonders anempfohlene Problem, an den Nordsüdlauf des Hoang ho, bei der Stadt Tung kwan ting herankommen. Es sollte hierauf dem Gelben Flusse entlang, bis in die Mongolei gehen, dabei der Vbergang der Gebirge Schan si's gegen Westen, gegen die sogenannte Ordos-Scholle, untersucht werden. Innerhalb der mongolischen Berge wollte ich dann weiter nach Südwesten reisen und endlich das Stück des Gelben Flusses unterhalb der Provinzialhauptstadt Lan tschou fu, das bisher noch so gut wie ganz unbekannt geblieben war, besuchen. Hierzu war der erste Sommer vorgesehen.

Im Spätherbst 1905 sollten Arbeiten am Abfalle des zentralasiatischen Hochlandes, an der sogenannten „tibetischen Landstaffel", darankommen, für die sich v. Richthofen kurz vor seinem Tode noch interessiert hatte. Der strengste Winter sollte zu einem Vorstoß an den See Kuku nor verwendet und dann in der Reisesaison 1906 das eigentliche Tibet von Nordosten nach Südwesten durchzogen werden. Hierbei war geplant, in einer langen Zickzacktour nacheinander möglichst viele der bisherigen großen weißen Flecke auf der Landkarte Tibets zu queren. Für die Rückreise war der Weg über den Himalaya nach Indien vorgesehen. Der eigentliche Zweck meiner Reise waren, wie auf der eben erst zu Ende geführten Filchner-Expedition, geographische, insbesondere morphologische Studien.

China wie Tibet haben vor zweihundert Jahren, schon zu den Tagen des großen Mandschukaisers und Eroberers Kang hi, eine topographische Landesaufnahme erfahren. Dieser geniale Herrscher wußte den Wert europäischer Karten richtig einzuschätzen und hatte darum hervorragende Jesuiten in seine Dienste genommen. Diese hatten ihm ein Kartenbild von seinem Riesenreich entworfen. Auf dieser alten Landesaufnahme, die zuerst in chinesischer Sprache gedruckt, dann ins Französische übersetzt wurde, basiert in der Hauptsache noch unsere heutige Karte vom chinesischen Reich. Wir haben es vor allem diesem alten Jesuitenwerk zu danken, daß auf allen unseren Atlanten China und das ganze Osttibet als ein wohlbekanntes Land erscheint. Wer sich freilich die Mühe nimmt, die existierenden Karten von China genauer zu betrachten, und wer erst Gelegenheit hat, sie mit der Wirklichkeit zu vergleichen, dem zeigt sich das riesige Land noch gar wenig erforscht. Es ist noch sehr viel Arbeit zu leisten, bis die Kenntnis von diesen weitausgedehnten Länderstrecken auf einen unseren modernen wissenschaftlichen Ansprüchen einigermaßen ent-

sprechenden Stand gelangt ist.

Tibet vollends barg im Jahre 1905, als ich von der Küste aus aufbrach, noch sehr große ungelöste Probleme, viele „weiße Flecken", und diesen auf den Leib zu rücken, wollte ich vor allem versuchen. Ich wollte vor dem Torschluß der Periode der pioniermäßigen Erforschung unserer Kontinente noch einmal für Deutschland einige Lorbeeren erringen. Wir Deutschen haben uns

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