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0147 Meine Tibetreise : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / Page 147 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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eben und aus Pappelstämmen gezimmert, die über die Lehmwände gelegt wer-

den. Vielfach sind eine Anzahl Wohnungen der vielen Räuber wegen von einer

hohen, rechteckigen, einer Stadtmauer ähnlichen Lehmmauer umgeben, hinter

denen die Häuser ganz verschwinden. Eine von diesen „Bu tse" genannten Lehm-

burgen stach in der weiten Ebene schon auf viele Kilometer hervor. Sie barg

in ihrer Mitte ein auffallendes, turmartiges Gebäude. Lange konnte ich mir nicht

klar werden, was dies sein könnte und erst am Orte selbst erfuhr ich, daß ich einen

Tien tschu tang, einen „Tempel des Himmelsherrn" vor mir habe. Ich hatte

die wichtige katholische Missionsstation Hsiao kiao pan nahe bei dem Chinesen-

ort Ning tiao leang erreicht 1) (Tafel XXIX).

Aufs liebenswürdigste wurde ich von den belgischen Pères aufgenommen

und gar viel habe ich ihnen zu danken. Ich kam in einem ziemlich desperaten

Gesundheitszustand auf der Mission an. „Erholen Sie sich bei uns, Sie haben

es nötig. Ruhen Sie sich bei uns aus, so lange Sie Zeit haben", meinte gleich

bei der Begrüßung der liebenswürdige Père Brahm. Es war allerdings an der

Zeit, daß ich eine Pflege fand ! Schon wochenlang hatte ich mich nur mit

Mühe weitergeschleppt, immer in der Hoffnung, einen Ort und ein Gasthaus

zu finden, die zum Bleiben einluden und wo ich etwas abgesondert der Ruhe

hätte pflegen können. Aber solche Plätze sind in Nordchina nicht so leicht

zu finden.

Acht Tage lang haben mich die liebenswürdigen Patres gepflegt, und als

ich weiter zog, da gaben sie mir noch einen ausgezeichneten Koch mit. Liu

war sein Familienname. Er stammte ursprünglich aus dem Süden von Schen

si, war aber, wie er oft erzählte, weit in Nordchina herumgekommen als bischöf-

licher Koch des großen Märtyrers Monseigneur Hammer und des Monseigneur

Otto in Liang tschou 2). Er war ein guter Kerl, kochte musterhaft, und verstand

es vor allem, seine Kunstwerke überall auszuführen, mitten auf der Straße auf

einem Dunghaufen oder in einem Lößhöhlengasthof. Mit seinen Kenntnissen

in der Religion war es allerdings nicht ebenso weit her ; solcher Art Fragen mochte

er auch nicht leiden. Er entschuldigte seine Unkenntnis stets damit, daß er j a

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  1. In der Steppe nördlich Ning tiao leang liegt auch die Missionsstation Boro balgasun, d. i. „graue Ruinenstadt". Sie liegt in den Mauern einer der vielen (angeblich 33) zerstörten Städte, die sich am Rande des Ordos-Landes außerhalb der „großen Mauer" befinden. Wahrscheinlich gehörte die Stadt zum Hsi Hsia-Reich und wurde von Dschinggis zerstört. Während der Han-Dynastie und auch in der Zeit, als die Hunnen (chinesisch Hsiung nu) hier saßen, muß diese Gegend blühend und dicht besiedelt gewesen sein. Sie kam offenbar erst in der Mongolenzeit auf den kläglichen Zustand herunter, in dem sie sich heute befindet.

Es finden sich hier so viele große Orte und Städte vom Wüstensand verschüttet und es zeigt sich hier so deutlich ein allgemeines durch die Frühlingsstürme verursachtes Fortschreiten der Dünen nach SO, daß ich geneigt bin, nicht bloß der Eroberung durch die Mongolen die Schuld an der schwachen Besiedlung und an der Verödung der Städte zu geben, sondern eine Verschlechterung, ein Trockenerwerden des Klimas seit der Zeit vor dem Auftreten der Mongolen anzunehmen.

  1. Von Rom wurde die katholische Mission in China derartig geteilt, daß Tibet und Südwestchina den Missions étrangères françaises, die Provinz Kan su und die Mongolei der belgischen Mission von Löwen, die Provinz Schen si der internationalen Franziskanermission überlassen war. Apostolische Vikare sind u. a. in Kan su der Bischof von Liang tschou für Nord-Kan su, der von Ts`in tschou für Süd-Kan su, für Schen si ein Bischof mit dem Sitz in Hsi ngan fu, für den westlichen Teil.der mongolisch-chinesischen Grenzgebiete ein Bischof mit dem Sitz in San tau ho und Tokto.

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