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Meine Tibetreise : vol.1 |
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keitlichen Befehle war natürlich nichts zu wollen — ich schien mir auch selber
in der Hand des Hsië dia-Vertreters am sichersten. Wegen der großen Kälte
hatten es die Soldaten vollends sehr eilig. Mitten auf dem Wege mußte ich ihnen
ihr Geldgeschenk ausbezahlen und mitten auf der hartgefrorenen Steppe machten
sie mir hierfür einen tiefen Danksagungs-Ko tou.
Wir schlugen an jenem Tag schon früh wieder Lager. Ich mußte die Tiere
schonen und ihnen möglichst viel Zeit zum Weiden geben. Die Yakochsen
hatten mehrere Tage nichts gefressen. Sie waren noch nie zuvor in einem Hofe
oder Stall eingeschlossen gewesen. In Dankar und Gomba soma, wo es wie in
allen chinesischen Gasthäusern nur leergedroschenes Stroh zu kaufen gab,
hatten sie nichts berührt. Jetzt sah gelbes, dürres Wintergras nur wenige Zenti-
meter über die dünne Schneedecke heraus. Die armen Tiere mußten an dem
halben Tage noch sehr fleißig sein, um einigermaßen satt zu werden.
Schon bei diesem Lager 1 war der Charakter der Gegend gegen bisher ganz
verändert. Nahe bei dem Kloster Gomba soma liegt eine enge Felsschlucht,
in welcher der Hsi hing-Fluß Kaskaden bildet. Von dort an abwärts gegen
Dankar zu bleibt das Tal immer nur mäßig breit, aber anbaufähig. Jetzt dagegen
standen wir schon mitten in der offenen und flachen tibetischen Steppe. Nir-
gends gab es mehr ein Gerstenfeld, nirgends mehr ein Haus. Wir waren jedoch
noch im Quellgebiet des Hsi ning-Flusses, der als winzig kleines, gewundenes
Bächlein ein mehrere Kilometer breites und ganz flaches Tal durchfloß. Wasser
sah man zwar augenblicklich nicht. Alles war steinhart gefroren. Die Tiere
mußten sich heute wie die folgenden Tage mit Schnee begnügen und wir Menschen
kochten mit Eis.
Gerade gestreckt und unabsehbar weit zog sich das Hochtal in nordwestlicher
Richtung hin, eingesäumt von parallel laufenden, grünlich gefärbten Höhen-
zügen, die aus den Hochebenen flach anstiegen. Nirgends gab es hier mehr einen
Baum oder Strauch, nichts schien den Blick in die endlose Ferne zu hemmen.
Eine wundersame Klarheit herrschte hier oben. Man war erhaben über den
weißlichen Duft, der bis gegen die Stadt Dankar hin, soweit der Löß reichte,
heraufzog. Das kleinste glaubte man erkennen zu können, so hell war es und so
deutlich alles. Man wunderte sich über seine Ungeschicklichkeit, wenn man die
Ebene genauer absuchte und plötzlich bald hier, bald dort etwas Lebendiges
wahrnahm. Und wie lebten erst diese nur scheinbar toten Einöden auf, wenn ich
mein Zeißglas zur Hilfe nahm. Ganz nahe, hinter einer flachen Bodenwelle
grasten einige Dserenantilopenl). Trotz ihres bunten Felles sah man sie nur,
wenn sie sich bewegten. Am Abhang hinten tauchen jetzt plötzlich Reiter auf.
Warum hatte ich sie nicht längst bemerkt ? Sie heben sich j a so scharf und deut-
lich vom Hintergrund ab sie sind bewaffnet. Man sieht ganz klar die langen
Gabeln an den Enden ihrer Gewehrläufe. Sie haben auch eine mächtige Lanze
bei sich und reiten in dem lebhaften Schrittempo, das alle Tibeter auf ihren
weiten Märschen einhalten, und mit dem sie in dem wegelosen und löcherigen
Gelände Tag um Tag an die 60 km zurücklegen. Bei fleißigem Absuchen ist diese
tibetische Hochsteppe nie tot, nur auf Bildern und Photographien wirkt sie
monoton. Noch weit hinten im Tal, es mochten gut 20 km bis dahin sein, erschienen
mir jetzt lichte weiße Fleckchen, Schafe, die man auf einen Haufen zusammen-
1) Antilope picticaudata Hodgson und Antilope gutturosa.
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