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0142 Meine Tibetreise : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / Page 142 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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noch mit Wüstenpflanzen und einem niederen Gebüsch bewachsen. Nach einem langen Marsche erreichte ich mit einbrechender Dunkelheit eine Oase, die ihre Bewohner Bagh`a Ts`aidam 1) und chinesisch Sehe ban tai 2) nannten. Zwischen dünenbedeckten Hügeln eingesenkt, liegt eine kleine, ton- und erdereiche Ebene mit schönen Quellen und vielen Bäumen, vorwiegend Weiden und Pappeln. Ich sah fast nur Chinesen. Auch die wenigen Mongolen, die dort angesiedelt waren, sollten von Chinesen abstammen, die einst von reichen Mongolenfamilien gekauft worden waren und nun als halbfreie Hörige die Felder der Adeligen bebauten, eine übrigens vielfach im Ordos-Land vorkommende Sitte. In dem Rasthause, das ich in dieser Oase bewohnte, wie auch schon im Hause des Tutselaktsi, war eine große chinesisch und mongolisch geschriebene Proklamation des Tatarengenerals angeschlagen, die bei hoher Strafe im Fall von Zuwiderhandlung befahl, jede neue Urbarmachung von Steppengrund seinen Beamten anzuzeigen. Ich fühlte mich hier auch sonst gar wenig in der Mongolei. Mein Quartier war heute ein kleines dumpfes Loch, das ich mit meinen Leuten und den Besitzern, einer Chinesenfamilie, schreienden Chinesenkindern und bis in die tiefe Nacht hinein weiterzankenden und weiterklatschenden Weibern teilen mußte. Man sprach hier viel von Wölfen, mein Wirt meinte, die ganze Nacht wegen Wolfsgefahr wachen zu müssen.

Wieder ging es am Tage darauf durch unabsehbar weit sich hinziehende Dünenhügel. Manchmal waren diese noch dünn mit Büschen bestanden. Erst gegen Abend traf ich eine Oase, einen Sumpf und Moorsee, der zum Gebiet des Uschin-Fürsten gehörte. Es hatte den ganzen Tag bei heftigstem Wind geregnet. Durchnäßt und durchfroren, frohlockten wir darum in dem elenden Häuschen, das sich hier ein armer „Man tse" in Ermanglung von Holzstangen ganz aus getrockneten Erdstücken in Form eines niederen Gewölbes, wohl in Erinnerung an die Gewölbehäuser Schan si's, errichtet hatte, und lebten auf an dem unsäglich qualmenden offenen Holzfeuer im Hausinnern, über das ein jeder seine kalten, steifen Hände segnend wie ein Feueranbeter ausstreckte. Wir hatten zwei Kranke an diesem Abend, der eine war mein Diener Dang fu, dem bei seiner etwas schwächlichen Konstitution die großen Dauermärsche über die Kräfte gingen, der andere war ich, der ich vom Fieber geplagt wurde. Doppelt beneidete ich an jenem Abend die bedürfnislosen Chinesen, die, nur in ein paar Kattunkleidern steckend, sich sehr wohl fühlten und bis spät in die Nacht hinein beim Schein eines trüben 011ämpchens weiterschnatterten.

Gegen Mittag des achten und letzten Reisetages tauchte endlich aus all den unzählbaren Sandhügeln ein niederer Höhenzug links vor uns empor. Auf diesem erschienen dicke, knotenartige Anschwellungen. Es waren die ersten Wachtürme des nahen China. Von dort aus konnte einst mit Rauch- und Feuersignalen rasch und zeitig genug jeder heranrückende Reitertrupp an die Grenzmauer und zu den in den verschiedenen Lagern wohnenden Soldaten gemeldet werden. Als ich die ersten derartigen Zeichen erblickt hatte, dauerte es noch lange, bis wir aus dem Sand herauskamen. Viele Stunden lang folgten wir noch

  1. Ts`aidam oder tscheaidam bezeichnet Salzsumpf oder einen sumpfigen Ort überhaupt.

  2. Nicht weit von dort im Osten liegt der Tsaghan nor und ein Salpetersee, den kurz vor meiner Durchreise der Gouverneur von Sehen si angekauft hatte und dessen Salze bis weit nach Ho nan hinein verhandelt werden.

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