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0191 Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1
Land and People in East Turkistan : vol.1
Von Land und Leuten in Ostturkistan : vol.1 / Page 191 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000199
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ABREISE NACH MARALBASCHI

Das erste Gebäude, das sich dem Eintretenden darbot, war ein großer viereckiger Stupa in Form einer stumpfen Pyramide auf niederem, quadratischen Unterbau (Taf. 37). Siebzehn Sockel für Lehmfiguren standen in unregelmäßiger Verteilung um diese Ruine herum. Einige trugen noch Reste der Figuren, aber nur der an der Nordostecke des Stupa befindliche war noch mit erkennbaren Resten seiner Statue versehen ; es war der Unterkörper einer sitzenden Person mit schöner hellenistischer Gewanddrapierung. Alle anderen Figuren waren in gewaltsamer Weise zerschlagen worden; die Grabung ergab, daß auch hier Bilderstürmer ihrer Wut freien Lauf gelassen hatten.

Nachdem der Loeßkegel, den die Staubstürme um und über den Stupa aufgehäuft hatten, fortgeschafft worden waren, fanden wir,

daß der Bau, sicher schon vor langer Zeit, von Schatzgräbern auf der Nordseite erbrochen worden war. Aus dem wüsten Durcheinander von Luftziegeln, das die Lücke ausfüllte, wurden noch einige Handschriften in indischer Brähmi-Schrift gerettet.

Vor diesem Eingang in den Stupa wurde die etwa spannenlange, kopflose Holzfigur eines sitzenden Buddhas gefunden, kurze Zeit.

darauf auch der genau auf die Bruchfläche passende, edle Kopf. (Taf. 40). In diesem kleinen Kunstwerk ist die hellenistische Urform vollkommen in indischer Art abgewandelt.

Das Gewand liegt glatt auf dem Körper und zeigt dessen Formen. Die Statue, die wir mit einigen der Gebäude dem 2. oder 3. Jahr-

hundert unserer Zeitrechnung zuschreiben möchten, dürfte das Vorbild für die gewöhnliche Art der hinterindischen Buddhadarstellungen geliefert haben.

An der Südwestecke wurde ein kaum fingerlanger stehender Buddha aus dunklem Holz aufgefunden. Er ist in reinem Gandharastil geschnitzt.

Ich glaube, daß diese Gegend noch zum Reiche des KuschanKönigs Kanischka (2. Jahrh. n. Chr.) gehört hat ; die Ostgrenze dieses Reiches dürfte einer Linie entsprechen, die von Maralbaschi nach Chotän im Süden verlief und letztere Stadt mit ein-

schloß. Unter Kanischka sind vielleicht die älteren Tempel der Siedelung zu Tumschuk entstanden.

Auf der Westseite des Stupa senkt sich das Gelände sehr erheblich, und hier lag die Ruine eines kleinen, früher sehr schönen Tempels (Taf. 35), zu dessen nach Westen geöffneter Tür sieben Stufen

hinaufführten. An den schmalen Türwänden und an den Seitenwänden waren niedere Banksockel angebracht, auf denen etwa bis zur Körpermitte erhaltene hellenistische Statuen standen (Taf. 35).

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