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0040 Am Tor von Asien : vol.1
Am Tor von Asien : vol.1 / Page 40 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000243
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Doch ist es durchaus nicht immer verstanden worden. PIETRO DELLA VALLE, uns bekannt durch GOETHE'S Beschreibung seines Lebens im Westöstlichen Diwan, dachte, für die frühe Zeit —

er sah Bistûn um 1617;18 — merkwürdig gut, an Semiramis als Schöpferin des Dareiosdenkmals, wie einst Ktesias. Der arabische Geograph Ibn Haugal, der um 367 H./977 Chr. schreibt,

sagt: „Jemand der es gesehen hat, hat mir berichtet, daß an diesem Berge (nämlich Bahistün) das Bild einer Schule ist und des Lehrers und der Kinder im Felsen; der Lehrer hat etwas wie einen Stock in der Hand, mit dem er schlägt. Jener sah dort auch eine Küche: Der Koch steht da, die Kochtöpfe sind auf Dreibeine gesetzt, und der Koch hat in der Hand einen Kochlöffel."

Das Bild der Schule ist das Dareios-Relief. Die Küche ist am Berge von Bistûn nicht erhalten. Aber ihr Sinn ist ohne weiteres deutlich: der Koch ist ein Adorant, der Kochlöffel das Barsom-

bündel, die Kochtöpfe auf Dreifüßen sind Feueraltäre. Genau so ist das Relief an einem der Gräber von Issakäwand. Und mir will scheinen, daß die drollige Beschreibung einfach auf dieses, mit Verwechslung des Ortes, wenn nicht auf den Felsblock mit dem betenden Parther zu beziehen ist. /27/

Die Komik, die Ruhmestaten des großen Dareios für das Bild einer Schule und des Lehrers mit dem baculum in der Hand zu halten, wird wesentlich gemildert, wenn wir hören, was um 1805/06

der französische General GARDANNE, der Gesandte, den die französische Republik und Napoleon

an Fath 'Ali Shah zur Bekämpfung der Russen in Georgien, der Briten in Indien schickten, von dem Relief sagt; er erklärte es als Darstellung des Heilandes und der Zwölf Apostel, das Ahura-

mazda-Zeichen als Kreuz. Viel näher kamen der Wahrheit Sir ROBERT KER PORTER, 1817-20, der eine Anspielung auf die babylonische Gefangenschaft der Juden, und Lord GEORGE KEPPEL, 1824, der die Fürbitte Esthers vor Ahasverus für die Juden zu erkennen meinte. Beide hatten den Athrina irrig für eine weibliche Gestalt angesehen, hatten aber richtig auf den achaemenidischen Charakter des Ganzen geschlossen. /28/

In allen Dingen knüpft das Dareios-Denkmal an die älteren Denkmale, die wir betrachtet haben, an. Nicht nur daß das Handwerk der Felsbearbeitung fortlebt, daß etwa das Ahuramazda-Symbol,

das über dem Könige schwebt, aus der Sonnenscheibe von Sahna abgeleitet ist: Der ganze

Vorwurf des Bildes ist ja unverkennbar von dem Relief des Annubanini abhängig. Die Haltung der Königsgestalten stimmt genau überein; nur die abwehrende, Gnade versagende Gebärde

der Rechten des Dareios ist neu. Der Innina des Annubanini entspricht das Ahuramazda-Symbol in Bistûn. Und selbst die Zahl der neun besiegten Feinde ist die gleiche, da die zehnte Gestalt erst ein Nachtrag ist. Es ist, als hätte ein altes Sagenmotiv das Bild beeinflußt, oder als hätte sich hier eine der seltsamen Wiederholungen geschichtlicher Vorgänge ereignet, die in Iran tatsächlich mehrmals vorgekommen sind.

Wenn der Vorwurf des Dareios-Reliefs deutlich in Anlehnung an das Annubanini-Relief geschaffen ist, also eine alteinheimische Überlieferung fortgeführt wurde, so zeigt ein Vergleich mit einem assyrischen und einem babylonischen Bildnis, daß der Stil, die Erscheinungsform der achaemenidischen Kunst, dem großen Zeitabstande gemäß aus andern Quellen fließt.

Das assyrische Relief, Tafel XI 1., das wir zum Vergleich mit der Gestalt des Dareios heranziehen, stellt Asurnäsirpal III. dar (884-859 v. Chr.); es befindet sich in der Vorderasiatischen

Abteilung der Berliner Museen. Der Babylonier ist Merodachbaladan II. (715 v. Chr.) von der Belehnungsurkunde des Berliner Museums, Tafel XI r. Bei dem Vergleich ist zu beachten, daß