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Am Tor von Asien : vol.1 |
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Naqsh i Rustam Nr. VII; /177/ nicht die lang herabfallenden Flechten der sasanidischen Frauen, sondern die Lockenbäusche der Götter und Könige. Die Göttin vom Kapitell mit der Bogenreihe trägt den gleichen Umhang wie Anähit im Bogenfelde, und das Muster dieses Mantels, die auf Tafel LXV o. wiedergegebenen Sterne, scheinen eine ähnliche Bedeutsamkeit zu besitzen und einen Firmamentschleier andeuten zu sollen. Aber ihr fehlt das bezeichnende Attribut Anähit's, der Wasserkrug. Die Göttin auf dem Kapitell mit der Rosettenreihe unterscheidet sich erst recht in der Tracht von der Anähit des Bogenfeldes. Da nun diese Kunst ganz kanonisch arbeiten
muß, wenn sie nicht alle Verständlichkeit einbüßen will, und da auf allen drei Kapitellpaaren solche und — bei den Nimben der Göttinnen von Isfahän — noch bedeutsamere Abweichungen
vorkommen, so stellt sich von selbst der Gedanke ein, daß diese Frauengestalten verschiedene Göttinnen vorstellen. Bei unsrer mangelnden Kenntnis der iranischen Ikonographie muß man sich dabei vorläufig bescheiden.
Meisterstücke zieratlicher Entwürfe sind die Seitensichten des Kapitells mit der Bogenreihe, Tafel IV, LVII und LIX a. Das ganze einheitliche Pflanzenmotiv ist, wie nach der Zergliederung
der Wandpfeiler-Zierate einleuchtet, die Abkürzung eines Baumes: Wurzel, ganz kurzer Stamm,
ein Paar Äste und Krone. Die Wurzel ist wie immer trapezförmig. Der kleine Kelch darüber, mit einem Heftel, besteht aus zwei Akanthos-Halbblättchen mit Augenloch. Daraus erwächst
der kurze Stamm und das Ästepaar. Das sind hier vollendete Blattranken, deren einer Zweig
in doppelter Biegung nach oben schwingt, einen Schößling aussendet und sich endlich zur Blüte einrollt, während der untere Zweig eine Kreisspirale von zwei Drehungen beschreibt, sich bei
der zweiten verjüngend. Ein gewaltiger Akanthoswedel begleitet als Hüll- oder Stützblatt beide
Zweige, an den umschlagenden Spitzen mit perspektivisch doppeltem Umriß versehen, so daß die Äste wirklich von ihm umfangen erscheinen. Der Akanthos ist eine Spielart des Laubes der
Wandpfeiler. Man sieht hier die Pfeifen des Blattes, die dort ganz unterdrückt oder nicht ausgebildet waren, und auch die Zackung mit regelmäßig gebohrten Augenlöchern zerteilt und gliedert zwar nicht stärker den Umriß, ist aber doch etwas anders als dort. Der untere Zweig der Ranke endet in eine Lotosblüte von gemischter Voll- und Seitenansicht. Die oberen enden in volle Lotosrosetten.
Das Hauptstück, die Baumkrone, ist schwer zu schildern und zu benennen. Aus einem Volutenketch mit Zwickelblatt und deckendem Herzblatt erwächst eine dreispältige Blüte. Je zwei halbe ähnliche Bildungen legen sich seitlich daran, ausgezeichnet durch einen abzweigenden und umklappenden Akanthoslappen. Sind die Akanthoswedel der Blattranken ganz pflanzlich gebildet, so ist das hier an den Einheiten der Krone, wie auch an den Kronen der Wandpfeiler, nicht der Fall. Hier ist fast jeder Anklang an Naturformen verschollen.
Was bedeutet die wunderliche Schuppung, das überhäufige Übereinanderlegen kleiner Herz-und Spitzovalformen, immer mit glatten und doppelten Umrissen? In der Natur gibt es so etwas nicht. Gebrauchte man in der Steinbildnerei, in der Malerei eine sehr eindringende Durcharbeitung der Zeichnung, so konnte das leicht in der Art der Akanthoswedel, der Weinblätter geschehen. Hier liegt andres zu Grunde. Was in leichtem Relief ausgeführt ist, ist nur Ersatz für Farbe. Aber dies Mal ist es nicht die Weise, wie Malerei, sondern wie Seidenweberei mit der Farbe umgeht. Die Schuppung, das Übereinanderschieben vieler Einzelglieder, ihre glatte,
IS HERZFELD, Asten
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