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0033 Alt-Kutscha : vol.1
Ancient Kucha : vol.1
Alt-Kutscha : vol.1 / Page 33 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000192
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I 21

I,18—I,19

Pancasikhas in der Einsiedelei von Indra§aila vor Buddha ist bereits mit der Darstellung des Orpheus verglichen worden. Erinnern wir uns aber, daß Orpheus zu den beliebten heidnisch-antiken Elementen gehört, die die frühchristliche Kunst gerne verwendet, so werden wir mit einer Reihe anderer unten zu besprechender Dinge noch zu einem wichtigen Resultate gelangen.

Halten wir fest, was ich schon in meinem Handbuch andeutete und was unter I1,14 noch besonders hervorgehoben wird, daß nämlich neben der Figur, welche die Geburt Buddhas darstellt, der Kotoioos, d. h. der gute Hirte, abgebildet ist, so erhalten wir hier ein zweites unschätzbares Gegenstück in der Übertragung des Orpheustypus auf den Gandharvenkönig, ein Gegenstück, das nicht das einzige ist, wie wir bei Besprechung der Plafonds unten ausführlich darstellen wollen. Es sind also nicht bloß die Gandhâraskulpturen, sondern besonders unsere Bilder hier ganz ausgiebig von der christlichen Kunst abhängig, eine Tatsache, deren Tragweite dadurch so außerordentlich ist, daß die buddhistischen Texte, die sich mit den daraus entstandenen Legenden beschäftigen, gerade die heiligsten sind.

19. Fassen wir die Betrachtungen, welche als Einführung in die Archäologie der buddhistischen Periode unabweisbar für mich waren, zusammen, so ergibt sich ein ungeheuer buntes Bild, gruppiert um die oben charakterisierten Hauptstützpunkte, zu denen sich noch andere verwandte im Süden gesellen, ohne aber wesentlich neues zu bieten. Die Hauptlinien sind klargelegt; das Ausleben der einzelnen Geschiebe, die noch weiter nach China und Tibet greifen, im einzelnen zu verfolgen, geht über die gestellte Aufgabe hinaus. Sollen wir mit kurzen Worten ein Fazit des Selbstgesehenen und Selbstbearbeiteten geben, so ist es der Eindruck einer lähmenden Ermüdung. Denselben Charakter geben die Höhlen selbst: endlose Variationen und Kreuzungen der Lokalstile, endlos dieselben Kompositionsreihen, erst reicher, origineller, besser in Zeichnung und Farbe, später maschinenmäßig wiederholt, um schließlich mit bloßen Buddha- und Bodhisattvaschemen zu enden, die von einem immer mehr wachsenden, wirren Pantheon umklammert sind. Am Ende der

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ganzen rückläufigen Bewegung bleiben nur diese Buddhas in Tempelterrassen mit kleiner, gezeichneten Parivâras fliegender, herantretender, anbetender Götter und Mönche über. Daneben überall die Spuren der immer wieder auch gegen die Vinayavertreter eingeschmuggeltenTantras. Abklatsche derselben Patronen, endlose Wiederholungen bunter Blumenornamentik bleiben schließlich die Hauptsache. Keine individuelle Leistung, kein Ausgleich-versuch irgendwo, nur fortschreitende Verwilderung, Verrohung, Verbauerung des überlieferten Formenguts. Das Anklammern am Bunten, am rein Formalen, die Unfähigkeit, aus der Natur neue Motive auch nur für eine Figur zu holen , ist typisch für den Orient. Es ist Neigung vorhanden seitens mancher, die sich unvorsichtig an dies Wirrsal wagten, in dieser Verorientalisierung, die ja viel viel weiter griff, eine Errungenschaft, die begrüßt zu werden verdient, zu sehen! Die Zersetzung der Spätantike durch das Wiederaufleben orientalischer Prunksucht, Stillosigkeit und Gedankenarmut, die den Westen verdarb und den Byzantinismus entstehen ließ, wiederholt sich hier genau so wie in Indien und wie etwas später im malaiischen Archipel. Was dabei herauskommt, sehen wir deutlich vor uns durch die kritiklose Übertragung aller möglichen Orientalismen auf unsere eigene sterbende Kunst. Der Archäologe kann sich nicht durch Goldleisten, bunte Borten, wüsten Synkretismus beirren lassen, er braucht klaren Kopf, um an der Hand gesunden Formengefühls die Verwirrung zu lichten und unbeirrt das Kranke und Abgestorbene, die unter religiösen Phrasen, seien es bildnerische, seien es literarische, versteckte, geradezu schamlose Korruption so zu charakterisieren, wie es die Wahrheit fordert.

Da ich hier über die Zersetzung indischer Religionsanschauungen durch fremde Elemente notgedrungen, um die Überschätzung der stupiden Produkte der sogenannten Hindûkunst, die Leitmotive kurz angeben mußte, erübrigt es nur zu erinnern, daß, was die Darstellungen der Götter und besonders der Göttinnen betrifft, die Quelle jene von Schmutz triefende Literatur ist, deren Ausgangspunkte, die Stotras, auf die physischen, übernatürlich gedachten Eigenschaften dieser Gebilde sind.