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0019 Chotscho : vol.1
Chotscho : vol.1
Chotscho : vol.1 / Page 19 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000194
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In der SW-Ecke der Westwand fanden sich Reste der Darstellung einer Reihe nach rechts schreitender Bewaffneter mit Pfeil und Bogen und Fahnenlanze (Tafel 2c); diese Krieger sind, nach den hinter (oder vor) ihren Köpfen angebrachten weißen Namentäfelchen, uigurische Feldherren. Die Südwand zeigte auf ihrem westlichen Teil die Reste einer ähnlichen Dar-

stellung, nur schritten die hier abgebildeten Krieger nach links. In derselben Ecke, im Schutt, fanden sich ferner die meisterhaft gemalten, aber stark zerstörten Reste der Köpfe eines bärtigen

Manichäers und zweier Gottheiten (Tafel 2e). In der Nähe des Eingangs, auf freien Stellen des Fußbodens, entdeckten die scharfen Augen meiner Leute auch eine Anzahl rundlicher Glasperlen.

Durch einen Gang getrennt von diesem Kuppetraum, den wir mit dem Namen der ,Bibliothek° bezeichnen, lag nach Westen ein rechteckiger Raum, dessen Mauern nur etwa mannshoch

erhalten waren. Die Grabungen in diesem Raum verliefen fruchtlos, nur an derSßdseite konnten

wir schwache Reste von Lotustronen und hier und da von stark zerstörten Köpfen von Dämonen erkennen, die wir damals für Überreste buddhistischer Malereien hielten, die aber sehr

wohl dem manichäischen Pantheon angehört haben mögen. Die beiden langen südlichen Räume zeigten Reste von reicher Vergoldung an manchen Stellen der Wände; gefunden wurde nur eine kleine Schachfigur aus Elfenbein (cf. Tafel 84, ei), die in dem kleineren Raum südlich von der Bibliothek auf dem Boden nahe der Titre lag.

Im ungefähren Mittelpunkt der ganzen Anlage befanden sich drei große, zusammen ein mächtiges Rechteck bildende Hallen 1, von denen die südliche die grüßte, die nördliche die kleinste ist.

Alle vier Wände der Nordhalle waren zum Teil zerstört, so daß es unmöglich war, festzustellen, an welchen Stellen sich die Eingänge befunden haben mögen ; die NW-Ecke der

Mauer dieser Halle war teilweise zerstört und hier lag auf derselben Höhe wie die unterste

Ziegelschicht der Mauer, ein unregelmäßig abgerundeter, an den Seiten sehr roh zugehauene Lotusblätter zeigender Stein von ungefähr 75 cm Diameter. Er war von grünlicher Farbe und

stark durch das in der Erde enthaltene Salz angegriffen; als ich ihn umdrehen ließ, zeigte sich,

daß auf der nach unten liegenden Seite eine umfangreiche Inschrift in chinesischen Kursiv-Buchstaben eingegraben war. Der Inschriftstein muß, roh als Sockel zugehauen, einmal als

Basis für eine Statue oder vielleicht auch für eine Säule gedient haben. Eine hölzerne Säulenbasis, reich mit Schnitzwerk verziert (Tafel 81 a), lag ungefähr einen Meter tief nahe dem durch Zerstörung der Nordmauer geschaffenen Eingang und zwar an dessen Ostseite. Außer diesen Gegenständen wurde in dieser Halle nichts gefunden.

Die mittlere Halle war am wenigsten zerstört; nur die Nordmauer war zum Teil abgetragen Die nach Osten den Raum abschließende Mauer war leidlich erhalten und zeigte noch den alten

Eingang, der sich wesentlich von den an buddhistischen Gebäuden dieser Gegend angebrachten Türöffnungen unterscheidet. Während nämlich bei sehr vielen Türen der letzteren die Türpfeiler abgeschrägt waren, so daß sie nach innen ausladen,2 verliefen die Seiten der Türpfeiler in diesem Bau parallel; die Ecken der Türpfeiler aber waren im rechten Winkel — wahrscheinlich zur Aufnahme hölzerner Balken — ausgeschnitten.

Auf der Westseite dieser Halle war vor der ursprünglichen Mauer eine jüngere, weniger mächtige Wand aufgeführt worden; die durch diese jüngere Mauer verdeckte Fläche der alten

Mauer trug noch einen Teil der ursprünglichen Bemalung. Im Mittelpunkt der Wand befand

sich das bis zur Unkenntlichkeit zerstörte Bild einer auf einer roten Lotusblume tronenden, grün und rot gekleideten, anscheinend schwarzhaarigen Persönlichkeit mit starkem schwarzen

Vollbart en face gemalt. Diese Details waren nur schwer zu erkennen. Weiter nördlich an

derselben Wand hatte das Bild eines nach der eben geschilderten mythologischen Persönlichkeit hinblickenden (also nach der eigenen rechten Seite schauenden) manichäischen Hohen-

priesters (Tafel 1) seinen Platz gehabt; es wurde im Augenblick unserer Ankunft von schatz-

suchenden Bauern herabgerissen und wir kamen gerade zur rechten Zeit, um es von diesen Leuten zu erwerben und die Umstände der Herkunft festzustellen. Wie die Grabungen der

dritten Expedition an dieser Stelle lehren, war an der anderen Seite der Gottheit ein ähnliches

Hohenpriesterbild dargestellt, ein U mstand, der unsere An nahme, da unser Bild ein traditionelles Porträt des Mani sei, zweifelhaft erscheinen lassen kann. Im Schutt östlich von der Mauer

wurden einige manichäische Manuskript-Fragmente gefunden, darunter ein Blatt, das auf der einen Seite eine stark zerstörte Miniatur, auf der anderen Seite eine Aufzählung des Hofstaates des uigurischen Chayans in manichäischen Lettern und mittelpersicher Sprache aufweist. 3

Die diesen Raum nach Süden abschließende Mauer war auf ihrer Südseite mit kleinen, in die große Südhalle hereinragenden, quadratischen Anbauten versehen; hier wurden allerhand

Scherben gefunden, aber auch eine interessante Kupfermünze chinesischer Form mit einer Inschrift in soghdischer (,uigurischer°) Schrift. Es ist eine Münze des Chayans der Tilrgisch, die den ersten Jahrzehnten des B. Jahrhunderts angehören dßrfte.a

Die Grabungen in dem südlichen Hallenraum blieben ganz unfruchtbar.

Unmittelbar unterhalb der Westmauer dieser Hallengruppe senkt sich das Terrain und bildet eine Art Mulde, deren Boden von eiacr Schicht sehr leicht zerreibbaren Lösses gebildet

wird. In dieser Erde fanden sich unzählige, reich mit feinen und langen Wurzelfasern besetzte umfangreiche Wurzelstöcke; ihr Gewicht war trotz ihrer Größe sehr gering und im ganzen machten diese Reste den Eindruck, als ob sie Wasserpflanzen angehört haben müßten. Die mit diesen Wurzelstöcken besetzte Zone erstreckte sich von unterhalb der südlichen Hälfte der

' Diese Hallen haben wahrend einer bestimmten Periode dem manichiischen Kult gedient; sie sind vielleicht als Beispiele der uns aus dem Text eines manichiischen Bußgebetes (Chuastuanift) bekannten ,Fastenhallen" (leiden) anzusprechen. cf. F.W.K.bteLLER, Uigurica II, S. 93, in Abbdlg. d. Kbnigl. Preu6. Akad. d. Wiss. vom Jahre 1910, G. Reimer 1911, und A. v.LE000. Chuastuanift S.36, im Anhang zu d. Abhdlg. d. Kbnigl. Preu6. Akad. d. Wiss. vom Jahre 1910, Ebenda 1911.

z Ahnliche Einginge enden sieh in den Seitenkapellen des Haupttempels zu Lhasa in \VuDDF.L ,Buddhism of Tibet, London 1899 S. 302. Sle kommen aber auch in den alten Tempeln Kaschmirs vor.

s Seither publiaien von Prof. F. W. K. MCLu:R in Festschrift fdr Vithelm Thomsen, Leipzig, Harrassowitz 1912.

cL F. W. K. MOLLER, Uigurira II, S. 95, Anm. In Abadlg. d. Kgl. Preu6. Akad. d. Wiss. 1910; G. Reimer, Berlin, 1911.

Westmauer der Hallengruppe bis in die Nähe des auf einer sanften Böschung, aber ziemlich tief gelegenen quadratischen Kuppelbaues; sie setzte sich dann fort in dem von Ruinenresten freien Gelände zwischen dem Kuppelbau und der gerade hier in großer Höhe erhaltenen Umfassungsmauer, wo sie ihre größte Tiefe erreicht. Vom Tore des Kuppelbaues nach Westen hin hört das Vorkommen der Vegetationsreste auf; statt ihrer fanden wir hier eine große Anzahl von Gefäßscherben, u. a. auch einige hübsch profilierte Schalen aus gebranntem Ton verschiedener Farbe (Tafel 85). Es scheint keinem Zweifel zu unterliegen, daß hier eine Teichanlage bestanden haben muß, da aber die Beschaffenheit des Bodens das frühere Vorhandensein eines gewöhnlichen Teiches unwahrscheinlich macht, wird man vielleicht an eine terrassenartige Teichanlage in dem zwischen den Hallen und dem Kuppelbau und diesem und der Umfassungsmauer gelegenen Raum denken dürfen. Eine mitgebrachte Probe der Wurzelstöcke, die in einer der Bilderkisten verpackt war, ist leider beim Auspacken der Gemälde abhanden gekommen.

Der große Kuppelbau (Tafel 89, a, b, c), im Westen der Hallengruppe auf einer geringen Bodenerhebung gelegen, war in schlechtem Erhaltungszustand. Die Kuppel war fast gänzlich zerstört, nur in der Südwest- und in der Nordwestecke hatte sich ein Teil ihrer Wölbung über den für diese Gebäude charakteristischen Eckgewölben oder Muscheln erhalten. Die Wände sind auf allen Seiten, außer der Südseite, gewaltsam durchbrochen; nur die Südseite ist wohlerhalten und hier liegt das etwa 2 m hohe und an der Basis ebenso breite, in einem mächtigen Bogen schön gewölbte Eingangstor. Da alle ähnlichen Kuppelbauten der Turfan-Oase nur einen Eingang haben, vermuten wir, daß auch dieser Bau nur diesen einen Eingang hatte. Die Innenwände waren längst des Verputzes beraubt worden und die Grabungen, die wir mehrmals im Innern des Baues unternahmen, blieben fruchtlos. Dennoch ist dieses Gebäude als größtes in Chotscho erhaltenes Beispiel des uns aus Persien wohlbekannten architektonischen Typs von besonderem Interesse.

An der Südwestecke der großen Mauer, die den ganzen Ruinenkomplex K einfaßt, fanden wir einige mongolische Dokumente 1 aus später Zeit; sie lagen in dem sehr losen Lößboden in geringer Tiefe.

DER STOPENTEMPEL MIT DER INSCHRIFT-TAFEL.

Ungefähr 150 m Südwestsüd von der Südwest-Ecke der den ,Chaos-Palast' umgebenden Mauer standen, auf einer niederen Plattform, die Reste eines sehr stark zerstörten Tempelchens. Nur die Ostwand und Teile der Nordwand, in der sich die Tür befunden hatte, sowie die

Ostseite des Stûpa waren erhalten; es ließ sich grade noch feststellen, daß der Tempel aus einer Vorhalle, dem Stûpa und den ihn umgebenden Korridoren bestanden hatte. Bei der Entfernung des Schuttes wurde eine ca. 98 cm hohe, 58 cm breite und 22 cm starke Platte aus rotem Sandstein gefunden; sie trug eine eingemeißelte chinesische Inschrift und war an die Ostmauer der Vorhalle, wenige Fuß vor dem Eingang in den Korridor, angelehnt. Der Sockel, wenn je einer vorhanden gewesen, fehlte, und wir können nicht wissen, ob der Fundort wirklich der beabsichtigte Standort des Inschriftsteines gewesen ist.

Die Malereien an den Wänden waren überall zerstört, außer in der NO-Ecke, wo in Höhe von etwa 1 m von dem Fußboden der Rest eines schön gemalten Bildes auf der Nordwand erhalten war. Dieses Bildchen (die Maße sind 75 cm und 30 cm) wurde herausgeschnitten; es ist ein Teil des W u nders von U rubilvä (cf. RoCKHILL, Life of the Buddha, Trübner, London 1883, S. 41).

Wohl zu erkennen ist ein Brahmane mit blaugefärbtem Haar und Panterfell, der vor einer olivgrauen, geflochtenen Hütte zu stehen scheint. Hinter und vor (unter) ihm stehen zwei andere Brahmanen, deren Körper indigoblau gefärbt sind; die Beine eines vierten erscheinen oben in der rechten Ecke. Der Türpfeiler der Hütte ist mit Blattgold belegt und mit schwarz konturierten Kreisen verziert. Vor der Tür der Hätte sieht man einen Teil des Körpers einer großen, feuerspeienden Schlange, die in weißlichen, schwarzen und oliven Tönen gemalt ist. Das Feuer ist durch

mit dunklen Strichen gegliedertes Blattgold wiedergegeben. Die Schlange scheint in einem dunkelfarbigen, rundlichen Gegenstand zu versinken — vielleicht ist es die Almosenschale des Buddha, der als links von ihr stehend zu betrachten sein wird.

Das Bildchen ist stark erloschen; Herr W. vos DER STEIRER hat es mit der Camera lucida abgezeichnet.

DER „GRÜSSTE STOPA", DER NÖRDLICHEN STÛPENGRUPPE.

Der größte Stßpa der ,nördlichen Stüpengruppe' GRORWEDEIS (vergl. ldikutschari S. 112) barg in seinem runden, von etwa 3,50 m hohen Mauern umgebenen Innern eine große Menge von Schutt, Ziegeln und einige rohe Balken und Latten, deren Bestimmung unsdunkel geblieben ist. Der Grundriß der Stßpa-Basis ist achteckig und zeigt acht niedere, gewölbte Gänge. Im Südteile des Stûpa war in dem starken Mauerwerk eine große Nische angebracht, von der sich nicht sagen läßt, ob sie dem Zufall ihre Entstehung verdankt, oder ein von den Erbauern geplanter, aber später zerstörter Raum ist. Zwei Tonnengewölbe mit niederen Banksockeln auf der Westseite eines jeden der beiden Räume waren an den östlichen Teil des Stûpa angebaut.

1 Verge. G. J. R.S MSTEDT, Mongolische Briefe nus ldiqut-Sehdhri bei Turfan, Sitzber. d. K. Preu6. Akad. d. Wiss. XXXII, 1909, G. Reimer, Berlin.

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