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0124 Chotscho : vol.1
Chotscho : vol.1
Chotscho : vol.1 / Page 124 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000194
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GEMÄLDE, RECHTE WAND DER CELLA,

TEMPEL NR. 9, BÄZÄKLIK.

GRÖSSE: 3,37 X 1,61 m.

fe rechte (nördliche) Wand der Cella enthält die Darstellung einer merkwürdigen, einstweilen noch unbekannten Legende, die in den Tempeln von Murtuq öfters abgebildet und auch in der Sängimer Schlucht in einer älteren

Stilart (cf. Tafel 15) vertreten ist. Es ist die Geschichte der Entführung eines Kindes durch Garudas und seiner Befreiung durch die eigenen Angehörigen und ihre Diener. Die Gemälde sind in Höhe von 1,60 m erhalten; die oberhalb der im Bogen angehäuften, durch die Winde nicht mehr bewegten unteren Schichten der Sandmassen gelegenen Gemäldeteile sind aber durch Feuchtigkeit etc. beschädigt und zum Teil abgeplatzt.

Auf der Mitte der Wand sieht man das Hauptbild, nämlich den Kampf mit den Garudas. Das entführte Kind ist bereits in Sicherheit cs befindet sich, die Hände betend zusammengelegt, zwischen den Schultern des grüngekleideten Jünglings und des rechts neben ihm stehenden Gepanzerten. Über dem Kinde erkennt man einen Jagdadler, der den rechts von ihm schwebenden, sich verzweifelt verteidigenden Garuda angreift. Dieser ist bereits durch einen tief in seinem Leib steckenden Pfeil verwundet: auf der Erde im Vordergrund, links von dem ihm Anweisungen zuflüsternden Grüngekleideten, kniet ein Schütze, der im Begriff ist, einen zweiten Pfeil von seinem mit Birkenrinde bezogenen Reflex-Bogen abzuschnellen. Das Kostüm des Schützen ähnelt dem des einen Begleiters des Reiters auf dem Bild der Südseite, nur trägt er und der neben ihm, rechts im Vordergrund erscheinende Schlingenträger, hohe, mit Bändern (am Hosenbund?) befestigte Reitstiefel. Die Augen des Schützen sind weit aufgerissen und verleihen ihm einen dämonischen Ausdruck. Unmittelbar hinter ihm steht ein Mann im dunkelblauen Gewande; er ist im Begriff, einen anderen Jagdadler auf den fliegenden Garuda loszulassen. Wieder hinter dem Kopf dieses Mannes erheben sich zwei weibliche Köpfe, während der Oberkörper eines dämonischen Schwertträgers, mit einem blauen, gemusterten Schwertbehälter in beiden Händen, sowie einige der stilisierten Wolken, diesen Teil des Bildes nach links abschließen.

Der rechte, vordere (untere) Teil der Darstellung des Hauptbildes bildet eine bewegte Gruppe; ein rotgekleideter Schlingenträger hat dem zweiten Garuda die Schlinge über den Kopf geworfen und ihn zur Erde, die im ganzen Vordergrunde wieder Wolken-Ornamente trägt, herabgezogen. Ein Hund hat den Vogelmenschen am rechten Bein gepackt. Ein straubhaariger, rotgekleideter Dämon graublauer Hautfarbe hat seinen rechten Vorderarm ergriffen und schwingt die aus einem knotigen Baumast hergestellte Keule klassisch-antiker Form, um ihm das Haupt zu zerschmettern.

Interessant ist die Wiedergabe dieses Garuda. Der Körper ist menschlich bis auf Kopf und Hände. Er ist nur mit einem roten, einer kurzen Hose ähnelnden Gewand bekleidet, dessen oberer Rand einen weißen, vorn in eine Schleife geschürzten Bund trägt. An den Oberarmen findet sich je ein goldenes Armband ; eine goldene, mit grünen Juwelen besetzte, um den Hals getragene Schmuckkette liegt auf seiner Brust. Die rechts und links von den Seiten und Schultern ausgehenden Flügel sind von rötlich-violetter Farbe, die einzelnen Federn durch weiße und rötliche Umrißlinien voneinander getrennt; jede der Federn trägt eine kreuzartige Zeichnung. Die Arme laufen in Fänge aus, deren drei Zehen mit stark gekrümmten, mächtigen Krallen bewehrt sind ; ein kurzer Sporn ersetzt auf der Innenseite des Handgelenks den Daumen. Der Kopf ist der eines Vogels, hat aber eine gewisse Menschenähnlichkeit ; lange behaarte spitzige Ohren treten an den Seiten hervor; das Haupthaar wird durch lange in leichter Kurve in die Höhe stehende Federn ersetzt; der Federnansatz an der Stirn bildet eine kronenartig gezackte Linie. Die großen hervorquellenden Augen sind menschenähnlich. Der lange Schnabel ist auf der Firste des Oberkiefers stark gebogen, an der Spitze übergekrümmt ; der Unterkiefer ist leicht gekrümmt, aber kürzer. Beide Kiefern sind an ihrer Wurzel mit einer grünen Wachshaut bedeckt.

Im Hintergrund sind an der Linken des schon früher erwähnten Gepanzerten zwei männliche Köpfe sichtbar, über (hinter) denen sich noch ein greulicher, grünhaariger Dämonenkopf mit langen Tierohren, Tierschnauze, riesigen Hauern und warzigen breiten Augenbrauen erhebt. Endlich erscheint rechts neben dem Keulenträger die Gestalt eines grüngekleideten, einen langen Gegenstand tragenden Mannes. In diese Szene hineinschauend, steht rechts die riesige Gestalt eines Dämonenfürsten oder Weltenhüters in roter Rüstung, mit gezücktem geraden Schwert in der Rechten, die Linke erstaunt oder warnend vor sich ausgestreckt. Er folgt mit dem Blick der Bewegung der rechten Hand des vor ihm stehenden Gepanzerten, die auf den Bogenschützen hinweist. Der Kopfschmuck ist zerstört; das Schwert und die Elefantenköpfe auf den Schulterteilen der Rüstung gestatten vielleicht, ihn für den Lokapäla Virüdhaka zu halten.

Über der linken Schulter dieses Lokapäla erscheint, nach rechts gewendet, noch ein zweiter grauenhafter Dämonenkopf; tiefer an seiner linken Seite steht eine junge weibliche Person mit denselben roten Schmuckzeichnungen (Tätowierungen?) auf Wangen und Stirn, die auch die Gesichter der beiden anderen Frauen zieren. Sie trägt eine Schale mit daraufstehender Tasse in der linken Hand; die rechte hält einen in die Tasse getauchten Löffel. Es ist ungewiß, ob diese Person noch zu der Darstellung der Legende, oder nicht vielmehr zur Umgebung des in der rechten (östlichen) Ecke stehenden Lokapäla gehört. Dieser, dem in der rechten Hand erhobenen, stark zerstörten Juwel zufolge vielleicht der Mahâräja Virüpäksa, steht in voller Rüstung auf einer den Berg Meru darstellenden Felspartie. Sein Haupt ist mit einer Krone geschmückt, sein grünes Aureol mit lodernden Flammen umgeben. Die Schulterteile des Panzers tragen Tierfratzen, unter denen die Armc hervortreten. Die Brust ist durch einen breiten, mit zwei Schnallen am Schulterzeug befestigten KüraB geschützt, unter dem er einen aus künstlich übereinander greifenden, etwa kreuzförmigen, metallenen Plättchen verfertigten, schmiegsamen Panzerrock trägt. Der Leib oberhalb des NielloGurtes wird durch eine halbkreisförmige Platte geschützt; Unterleib und Oberschenkel werden durch einen vorn offenen Panzervorhang oder Schurz gedeckt. Dieser ist hergestellt aus vielleicht von ,cuir bouilli°, vielleicht aus Metall gemachten Plättchen, deren oberer Teil in gefälliger Weise ausgeschnitten ist. Arme und Beine sind mit Panzerschienen bewehrt; über den letzteren trägt der Gott weiße, unter dem Knie von roten Bandschleifen festgehaltene Hosen. Unter dem Panzerschurz fällt vorn ein mit einer Schleife versehenes Band herab, das zwischen den Knieen hindurch nach hinten flattert. Vor dem Gott kniet, auf einem ovalen Lotusthron, eine andere Gottheit in reichem indischen Kostüm. Die Stirn zeigt ein Mal, in den Händen trägt sie in einer flachen mit einem breiten Fuß versehenen Schale drei in Lotuskelchen ruhende Juwelen. Das lockengeschmückte, bekrönte Haupt ist mit einem konzentrisch rot, grün und weiß gemalten Aureol umgeben. Links hinter dem Lokapäla erscheint in rotem, grün gefütterten Gewand wiederum der Maler oder Schreiber; hinter der linken Schulter sieht man einen dämonischen Beilträger, während über die rechte Schulter des Welthüters der furchtbare, grünfarbige Kopf und Oberkörper seines Schwertträgers herausragt; die Brauen des phantastischen Gesichts sind besonders bemerkenwert und erinnern an fisch- oder krötenartige Wesen, kurz an Wassergottheiten (Nägas). Ober dem Haupt des Lokapäla scheinen Wolkengebilde die Fortsetzung (oder den Anfang) der Legende oder andere, unabhängige Darstellungen anzudeuten.

Die linke Ecke zeigt neben ihrem Lokapäla eine größere Anzahl von Begleitfiguren. Das Kostüm des Welthüters gleicht dem oben beschriebenen, nur zeigt cs besser den großen, geschweiften, metallenen Kragen, dessen Auftreten allein noch fehlte, um die Entstehung dieser Art der Rüstung aus den in den westlichen, älteren, noch wenig oder gar nicht ost-asiatisch beeinflußten Schichten vorkommenden Typen nachzuweisen. Der Kopf ist mit einer Stahlhaube bewehrt, die gefalteten Hände ruhen auf dem Kopf einer (metallenen) Keule indischer Form. Hinter ihm links hält ein blaugrau gemalter, wohl dämonischer Begleiter einen uns unbekannten Gegenstand ; über (hinter) ihm trägt eint menschliche Begleitfigur eine an einem Dreizack angebrachte, aus einem Haarbüschel, einem roten um den Schaft geschlungenen Tuch und drei merkwürdigen, aus dem Tuch hervortretenden Wimpeln bestehende Standarte. Vor ihm rechts kniet ein bis auf das Lendentuch (oder Hose) und einen roten um den Hals gewundenen flatternden Überwurf nackter dämonischer Jüngling mit merkwürdigen, zwei kleinen braunen Flügeln ähnelnden Kopfschmuck; er bietet ein henkelloses Gefäß mit weißem (?) Inhalt dar. Weiter nach rechts und der Jagdszene zugewendet steht ein gepanzerter Dämon mit einer Schale, auf der drei das Symbol Yin-Yang tragende Juwele liegen. Im Hintergrund links von diesem Dämon endlich erscheint der grün gekleidete, mit ciner Stahlkappe bewehrte Schwertträger des Lokapäla. Zu Häupten dieser Gruppe ziehen sich wieder stilisierte Wolken, auf welchen Dämonen ihr Wcscn treiben ; wohl zu erkennen ist ein, in grotesker, an gewisse tibetische Darstellungen erinnernder Stellung zwei vor ihm flüchtende Windgeister bedrohender, gepanzerter Dämon mit seiner Begleiterin. Beide schwingen, als Waffe, zu Ruten zusammen gebundene Ähren; der kleinere der beiden Windgeister scheint fliegend vor ihnen zu flüchten; der größere dagegen tritt trotzig, mit der Hand um den Hals des Windschlauchs, vor sie hin. Über den Sturmgeistern sieht man, in einem ihn wirbelnd umgebenden Ring aus Faßtrommeln, den Donnergott, der in wild bewegter Stellung die Trommeln mit Hand und Fuß ertönen läßt. Endlich enthält die linke obere Ecke noch Teile einer Vogelgestalt, die als Sitz (vähana) einer größtenteils zerstörten Gottheit diente; ein schreitender Fuß rechts von dieser Darstellung zeigt, daß viel von der abgebildeten Szene verloren gegangen ist.

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