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0055 Chotscho : vol.1
Chotscho : vol.1
Chotscho : vol.1 / Page 55 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000194
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FRAGMENTE EINES WANDGEMÄLDES ÄLTEREN STILS

AUS CHOTSCHO.

Auf den in jüngster Zeit angelegten Sorghumfeldern östlich von der Hauptanlage der Ruine : erhebt sich die Ruine eines kleinen Stüpentempels, ungefähr halbwegs zwischen a und dem großen Kuppelbau der Ruinengruppe „K". Er zeigt eine oft wiederkehrende Form, nämlich eine rechteckige Vorhalle, (die aus einem zu dem Rest des Baues quer liegenden Tonnengewölbe besteht), den Stüpenpfeiler auf niederem Sockel mit vier Nischen fdr Götterfiguren, und die um den Pfeiler herumfiihrenden, ziemlich engen Wandelgänge. Die Mauern waren, außer auf der Süd- und Südost-Seite, nur in geringer Höhe erhalten ; die Art der Bedachung ließ sich daher nicht mehr erkennen. Wahrscheinlich bestand sie aber wie üblich aus zwei (nord-südlich gelegten) Tonnengewölben für die seitlichen Gänge und aus einem quer (west-östlich) gelegten Gewölbe derselben Art für den hinteren Korridor und die Vorhalle. Gemälde waren nirgends mehr zu sehen, nur der unterste Teil des Pfeilers zeigte Reste von Farben und Blattgold. Die Vorhalle und die Wandelgänge waren mit schönen gemusterten Fliesen ausgelegt, von denen eine in- Tafel 61, g dargestellt ist.

Wenige Schritte von der Nordostecke der Vorhalle fanden wir zwei ältere Mauern (Maße etc. ergeben sich aus dem Plan !), die, in keinerlei Zusammenhang mit dem augen

scheinlich jüngeren Bau stehend, vielleicht einem älteren zerstörten Tempel angehört haben. Nach Entfernung einer schwachen, nur aus einem Ziegel bestehenden Mauer vor dem kürzeren, weiter nach Osten gelegenen Mauerrest erschienen auf dessen so bloßgelegter innerer Fläche, etwa 1,50 m ober-

Om ^   f::   halb des Bodens, die Bildreste,

von denen wir hier einen Teil wiedergeben. Sie gehören einer älteren Stilart als die meisten

übrigen Bilder dieser Sammlung an und zeigen eine nahe Verwandtschaft mit den Wandbildern, die wir in der Siedelung von Tschyqqan Köl der Tempel-Anlage in der Schlucht entnommen haben. Ebenso ähneln sie im Stil gewissen Wandbildern in der großen Ruine eines Stüpentempels, die in Toyoq am Nordende des Tales unmittelbar neben der „Bibliothek" oder dem ,Manuskriptraum" des Klosters auf dem linken Bachufer gelegen ist.

a. Bildnis des Bodhisattva Padmapàni (Avalokitesvara). Dieses Bild ist durch Versehen rechts von der Gruppe b dieses Blattes wiedergegeben worden; es gehört vielmehr auf die linke Seite dieser Gruppe, an die es sich in situ unmittelbar anschloß; der senkrechte gelbe Streifen mit der chinesischen Aufschrift trennte die beiden Darstellungen. Die Schrift ist zum Teil erloschen; sie ist ein Teil eines buddhistischen Sütras und vorläufig ohne Kenntnis der Stelle etc. mit Sicherheit oder Vorteil nicht zu erklären.

Nur der Kopf des Bodhisattva und die undeutlichen Schulterlinien mit den den Hals umgebenden Gewandrändern sind erhalten.

Der Kopf ist en face dargestellt. Das Gesicht ist das eines schönen Jünglings mit langgeschlitzten, abergeradestehenden dunklen Augen und schön geschweiften Brauen. Die Nase ist von edler Form; der Mund klein und von einem leichten Schnurrbart anmutig umgeben. Von der Mitte des Kinnes hängt eine leichte Bartlocke herab. Das schwarze Haupthaar fällt an den Seiten auf die Schultern herab, die Hauptmasse der Haare scheint aber, in einen großen Wulst gesammelt, auf dem Oberteil der den Kopf bedeckenden Krone zu ruhen. Diese besteht aus einem goldenen Reif mit leicht nach außen gebogenem Oberrand; auf ihrer Mitte ist ein goldener, scheibenartiger Aufsatz angebracht, dessen Vorderansicht die kleine Figur eines sitzenden, dunkel gekleideten Amitäbha trägt. Nebendieser kleinen Figurragen große, weiße Lotusblumen überden Rand der Krone hervor, deren Seiten rechts und linksmitje einem aus einer Lotusknospe herabhängenden goldenen Ornament verziert sind. Von dem verlängerten Ohrläppchen hängt aus Lotusblüten gebildeter Ohrschmuck herab. Ein aus drei (oder mehr) konzentrischen Ringen bestehender Nimbus umgibt den Kopf, ohne daß man indessen imstande wäre, die ursprünglichen Farben der so entstandenen Aureolen zu erkennen. Über dem Nimbus schwebt ein mit schellenartigen Anhängern versehener Schirm und darüber erscheint noch ein Rest der ornamentierten Fläche, die wahrscheinlich dem ganzen Bilde als Hintergrund gedient hat. Das Ornament besteht aus Reihen von früher verschiedenfarbigen Rauten, die in der Mitte eine andersgefärbte Blumenrosette tragen. Welche Farben zur Verwendung kamen, ist nicht mehr überall festzustellen, doch ist auf zweien der Rauten und auf einer der Rosetten eine blaue Bemalung noch wohl erhalten. Über diesen Hintergrund läuft, im Oberteil unseres Fragments, eine Schmuck

borte mit schönen Ranken- und Blattornamenten hinweg; auch hier ist neben weiß nur noch die blaue Farbe erhalten, alles Übrige erscheint in olivbraunen Tönen.

Was die Datierung dieses Bildes angeht, so möchte ich es jener Stilart zuweisen, die GRONWEDEL die dritte oder ältere türkische Stilart' genannt hat, wobei ich bemerke, daß nach dem heutigen Stande unserer Kenntnisse die Anwendung des Wortes türkisch auf diese Malarten nicht mehr mit derselben Sicherheit zulässig erscheint, als noch vor wenigen Jahren.

b. Diese, rechts an das Bild Nr. 1 anzuschließende, Darstellung bestand aus Reihen von menschlichen Figuren, von denen die obere und die untere zum großen Teile zerstört und nur die mittlere ziemlich gut erhalten ist. Oberhalb der auch über dieses Gruppenbild laufenden Schmuckborte erscheinen die Reste der unteren Körperpartieen von augenscheinlich drei sitzenden Personen, von denen die in blaue Gewändergehüllten, verschränkten Beine der ganz rechts sitzenden am besten kenntlich sind. Die Vorderseite des Sitzes dieser Gruppe scheint mit durch weiße senkrechte Striche voneinander getrennten Quadraten verschiedener Farbe verziert gewesen zu sein ; auf einem blau ausgemalten Quadrat dieser Reihe sieht man noch ein Punktornament, das an die Fünf auf modernen Würfeln erinnert.

Die mittlere Figurenreihe zeigt auf blauem Hintergrund drei menschliche Figuren und zwar augenscheinlich links die einer weiblichen Person oder Gottheit, in der Mitte rechts die eines Mönchs oder Arhats. Die weibliche Figur trägt mit gelbbraunem Bande aufgebundenes Haupthaar, von dem an den Seiten zwei olivenfarbige Schmuckbänder, nach hinten ein weißumrandeter, dunkler Schleier herabfällt. Der Kopf ist nach rechts und unten geneigt, im Gesicht fallen die breiten Linien auf, mit denen das Kinn und die Halsfalten markiert sind. Der Ohrschmuck ist eine große Blumenrosette.

Eigentümlich ist die Kleidung. Sie besteht aus einem tiefausgeschnittenen, vorn mit einer breiten, senkrechten Borte verzierten Leibchen, dessen Ausschnitt wohl als mit durchsichtigem Stoff überlegt (beachte den wulstigen Halskragen !) zu denken ist; dunkelfarbige, mit hellen Kreisornamenten verzierte Ärmel bedecken den Oberarm; die nackten, spangengeschmückten Unterarme sind erhoben, die Hände in der dharmacakramudrä'- genannten Fingerstellung zusammengelegt. Ein vorn in eine Schleife geschlungener, zweifarbiger Gürtel umgibt die Hüften, die übereinander-geschlagenen Beine sind mit einem blauen Gewande bekleidet. Der weiße mit einem blauen konzentrischen Streifen versehene Nimbus ist den drei Figuren dieser Reihe und den beiden Mönchen der unteren Reihe gemein; es ist aber wohl möglich, daß das Weiß nur die Grundierung ist.

Die Mittelfigur der Reihe ist ein in orthodoxer Stellung auf einem Lotusthron sitzender Arhat. Das Haupt ist leichtnach rechtsgeneigt, die Hände sind in dhyanamudrä zusammengelegt. Das Kostüm scheint einfarbig weiß zu sein, eine stola-artige, olivenfarbige Schärpe (?) fällt vom Hals zu den Händen herab und ist über das linke Handgelenk nach vorn geschlagen. Das ürnd genannte Mal ist auf der Stirn angedeutet. Die Zeichnung des Gesichts ist weniger derb als bei beiden Nachbarfiguren der Fall.

Die Figur rechts ist ein mit kreuzweise übereinandergeschlagenen Beinen auf einem Lotusthron sitzender Arhat, der mit einem olivenfarbigen, nur Teile der Brust und des rechten Oberarmes unbedeckt lassenden Gewande bekleidet ist. Dic Gestalt ist nach links gewendet, der rechte Arm erhoben und die Hand vertraulich auf die linke Schulter der Nebenfigur gelegt. Hinter den Schultern erscheinen weißliche Körper, die, obwohl sie mehr großen Federn ähneln, wahrscheinlich lodernde Flammen darstellen sollen. Die Streifen, die mehrfach auf dem Bilde erscheinen, sind nur zufällig durch das Herablaufen einiger Wassertropfen entstandene Wasserbahnen.

Die untere Reihe besteht ebenfalls aus drei Figuren, von denen die mittlere ein Weib darstellt. Haartracht und Schleier ähneln denen der oben besprochenen weiblichen Figur; es fehlen aber Nimbus und Prunkbänder, wie denn auch der Oberkörper unbekleidet zu sein scheint. Die Hände sind in derselben Fingerstellung wie oben zusammengelegt ; die ganze Gestalt ist nach rechts gewendet.

Ebenfalls nach rechts gewendet sind die beiden Nebenfiguren, die weiße und blaue Gewänder in bei jeder Figur etwas verschiedener Anordnung zu tragen scheinen. Der Arhat rechts hat das drän-Mal auf der Stirn und scheint auch mit dem oben besprochenen Flammen-Nimbus versehen gewesen zu sein. Die Gesichts- und Körperlinien zeichnen sich durch größere Feinheit aus.

Rechts schloß sich eine weitere, nicht reproduzierte Darstellung ähnlicher Art, aber schlechterer Erhaltung, dieser Gruppe an.

Natürliche Größe: 202 cm X 91,5 cm.

' cf. A. CRONWEDEL, Die archöol. Ergebnisse der dritten Turfan-Expedition, in Zeitschrift für Ethnologie, Berlin 1909, S. 896.

2 Oberst WADDELL, Lamaism, S. 337, bezeichnet diese Handstellung als uttara-bodhi-mudrâ.

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