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0125 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 125 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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sturz keine Unterbrechung in der Weberei der Koptenstadt herbeigeführt hat. Das ist aus der Politik der islamischen Eroberer zu erklären. Wenn sie auch das koptische Christentum nicht begünstigten, so richtete sich ihre schärfste Gegnerschaft doch nicht gegen die altein, heimische, diesem Glauben anhängende Bevölkerung, sondern wider die bisherigen Herren des Landes, die griechische Oberschicht der Besitzenden und Gebildeten. Aus diesem Vor; gehen heraus ist es zu verstehen, daß die hochentwickelte und bereits ausfuhrfähig gewor, dene Kunstweberei der Griechenstadt Antinoe verschwindet, während das tiefer stehende, fast nur dem örtlichen Bedarf dienende Koptengewerbe in Achmim die politische Umwäl, zung überdauert. Freilich nicht ohne jede Schädigung; denn mit der Austreibung der Griechen nach der Mitte des 7. Jahrh. gingen auch die technisch und künstlerisch überlegenen Lehr, meister und Vorbilder verloren. Die alten Muster wurden in die arabische Zeit hinüber, genommen: Das South Kensington Museum besitzt einen Seidenclavus (Abb. 67), dessen stilisierte Bäume und Figuren — letztere sind die Nachkommen der Lanzenträger auf dem Zachariasbesatz Abb. 62 — unverkennbar noch vom Formenschatz des Zacharias abstammen. Unter den Figuren jedoch ist bereits eine arabische Inschrift eingewebt. Dann tritt in der Musterzeichnung und Webetechnik ein entschiedener Niedergang ein. Die glatte Wieder: gabe gerundeter oder schräg über die Fläche laufender Linien gelingt nicht mehr; sie müssen in eine Folge von rechten Winkeln aufgelöst werden. Diese unbeholfene Technik zeigt schon das Besatzstück mit den Tänzerinnen (vgl. Abb. 64), mehr noch der Vogelstoff Tafel 4a mit symmetrisch verdoppelten Tieren in dicht aneinander gereihten Kreisen, für Achmim das erste Beispiel des mittelalterlichen Seidenstils. Er muß noch ins 7. Jahrh. gesetzt werden, weil dieselben steif gezeichneten Vogelpaare sich auf einem Tunikabesatz aus Ach, mim finden , der auf der übrigen Fläche ebenso wie der zugehörige Clavus') die Pflanzen, ornamente des Zacharias zwar hart und eckig, sonst aber ziemlich getreu wiederholt.

Dieser Vogelstoff mit Kreisteilung deutet die Stilrichtung an, in der die Musterzeich, nerei Agyptens während der ersten Jahrhunderte arabischer Herrschaft, als eine ausge, sprochen muslimische Kunst erst im Entstehen war, sich fortbewegt hat. Der zweite Stoff auf Tafel 4b, mit adossierten Vogelpaaren in rechtwinklig abgestuften Feldern auf einem Grund aus eng gereihten kleinen Kreuzen, ist ebenfalls in Agypten ausgegraben. Er trägt arabische Schriftzeichen, sonst aber noch keine Merkmale islamischen Stils. Das Kreuz, muster des Grundes ist schon in älteren Mosaiken von Ravenna, auf dem Gewand des hei: ligen Vitalis2) vorhanden. Die koptische Klosterkunst Agyptens hat es noch lang beibe, halten.3) Da der Stoff T. 4b in Farbe und Textur sich von dem vorhergenannten gar nicht unterscheidet, ist er den Arbeiten von Achmim und etwa dem B. oder 9. Jahrh. zuzuweisen.

In die Zeit des Übergangs vom griechisch,christlichen ins islamische Agypten fällt noch eine Stoffgattung, von der fünf Spielarten auf Tafel 5 abgebildet sind. Die Muster stehen immer schwarz auf purpurrotem Grund. Es sind Rautenfelder aus Flechtbändern von ziemlich entarteter Zeichnung, die baum; und fruchtartige Pflanzenmotive einschließen. Die Dürftigkeit der Meister verrät Koptenarbeit, weist also auf Achmim, wo solche Stoffe auch gefunden worden sind. Eine selbständige Schöpfung der Koptenstadt sind sie aber

') Forrer, Seidentextilien T. IV fig. 8 u. 1.

2) Errard, L'art byzantin III T. 7.

') Es findet sich unverändert auf den untersten Intarsiafüllungen der Türen in der Hadrakirche des Surianiklosters (Deir es Suriani) in Unterägypten, die im Bulletin of the Metropolitan Museum New York 1911, Vol. VI nr 2 fig. 7 u. 9 abgebildet sind. Die Türen sind in den Jahren 914 und 927 hergestellt. Die- selbe Koptenkirche El Hadra birgt als 'Wandschmuck Stuckreliefs ebenfalls aus dem Anfang des 10. Jahrs hunderts, in deren Pflanzenornament noch manche Erinnerungen an die Bäumchen auf dem Clavus und Or% biculus des Zacharias nachleben. Siehe Bulletin a. a. O. fig. 3, ferner Jahrbuch der preuß. Kunstsammlungen 1904, fig. 109, S. 342. Man darf diesen Analogien eine Bestätigung des spezifisch koptischen Charakters der Seiden= stoffe von Achmim entnehmen.

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