National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0251 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 251 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000240
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

eines die Fläche gliedernden Rahmenwerks, die Anordnung der linearen Stiele oder Stämm, chen in grader Linie übereinander, ohne eine für das Auge wirksame Unterbrechung, so, daß die zwischen den Gazellen durchgehenden Striche das Muster der Länge nach in Streifen zerlegen. Das kommt besonders stark bei dem bunten Tierstoff Tafel 45c (Abb. 199) zum Ausdruck, dessen Zugehörigkeit zum westislamischen Kreis die grad, linig aufgereckten Ohren der sitzenden Hasen (vgl. den cordovanischen Elfenbeinkasten Abb. 180, 181) bestätigen.')

Weniger augenfällig, aber doch vorhanden ist die senkrechte Linienteilung bei dem prachtvoll erhaltenen Doppeladlerstoff in Siegburg (Tafel 46 = Abb. 200), einem technisch vollendeten Köpergewebe mit sparsamer Goldbroschierung in den Tierköpfen und Quer, bändern der Adlerflügel. Daß eine islamische Arbeit vorliegt, ergibt sich aus dem arabischen Spruch Baraka lillah, Lob sei Gott, auf den Adlerflügeln. Die Stilverwandtschaft des Haupt, motivs mit dem großen Adler aus dem Kunstkreis von Cordova Tafel 41 ist ohne weiteres ersichtlich, während die schwungvolle, sozusagen kalligraphische Zeichnung der Gazellen und der Adlerfänge noch mehr mit dem ebenfalls andalusischen, aber jüngeren Seiden, damast auf Tafel 44a (Abb. 191) zusammengeht. Trotzdem kann neben Spanien auch Sizilien in Frage kommen, weil dieses Muster den Ausgangspunkt bildet für eine später vorzuführende Stoffgruppe, deren Entwicklung sich vorwiegend in Lucca abgespielt hat. Es sind die sehr zahlreichen Diasperstoffe, deren Muster (vgl. Tafel 85, 86, 87, 88; Abb. 275 bis 277) anfänglich Gazellen und Adler, später auch andere Tiere paarweis ohne Kreisfelder darstellen und dazwischen dieselben blattförmigen Baumkronen mit konzentrischer Füllung, die hier am Siegburger Adlerstoff zum erstenmal auftreten. Die ältesten Stücke haben noch ziemlich westsarazenisches Gepräge, wenngleich keineswegs so rein, wie der Doppel, adlerstoff; die große Mehrzahl ist jedoch deutlich italianisiert. Dieser Mustertypus war in Italien so beliebt, daß er vom Ausgang des 13. Jahrh. durch das gotische Mittelalter in immer neuen Variationen wiederholt worden ist. Die geographische Lage Siziliens und die nahen Beziehungen der Insel zum Festland, insbesondere der Handelsverkehr mit Pisa machen es wahrscheinlich , daß ihr Seidengewerbe — unbeschadet des byzantinischen Ein, flusses — der im 13. Jahrh. aufblühenden Weberei Luccas große Dienste geleistet hat. Es liegt deshalb nahe, die Heimat solcher Stoffe, die wie das Siegburger Gewebe als Vorbild gedient haben für die luccanischen Muster westislamischer Abstammung, eher in Sizilien als in Spanien zu suchen. Sizilien würde dann, die Richtigkeit dieser Vermutung voraus,

gesetzt, eine Vermittlerrolle zwischen Andalusien und Italien gespielt haben. Das ist das Hauptargument, das in diesem und einigen anderen Fällen für die Zuschreibung an Sizilien ins Feld geführt werden kann2). Die Datierung des Siegburger Stoffes ist weniger schwierig als die Ortsbestimmung; er muß noch dem 12. Jahrh. oder spätestens dem Be, ginn des 13. Jahrh. angehören, weil er einer Gewölbemalerei der romanischen Krypta des Domes zu Clermont als Vorlage gedient hat (Abb. 201). Der Maler hat die Ara, besken freier behandelt und die über den Adlerköpfen aufragenden Palmetten mit dem Vogelkörper verbunden. Grade dieses Mißverständnis zeigt aber, daß er tatsächlich das Siegburger Muster benutzt hat. Die jetzt zerstörte Deckenmalerei wird dem 12. Jahrh. zu;

  1. Ein verwandtes Stück ist im Katalog Errera S. 22 nr. 6 von der Rückseite abgebildet.

  2. Im Inventar der Capella palatina von Palermo aus dem Jahr 1309, vgl. Franc. Michel I S. 361, wird unter anderem eine „Cappa de panno aureo alba, ad aquilas cum duobus capitibus" angeführt; ferner „item casulam unam veterem de seta diversorum colorum, in qua sunt magne aquile ad duo capita." Bemerkenswert ist eine „Casula vetustissima diversis coloribus ad pavones." Sonst werden noch die allgemein üblichen Tiermuster aufgezählt: Item pallium unum usitatum de mizanino ad griphones et leones; item cappam unam de seta viridi et violacea, cum rotis magnis ad griphos et elephantos; item cappam aliam ejusdem coloris ad rotas cum leonibus barbatis; item cappas veteres de sammito jalino cum rosis.

16'

123