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0201 Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1
Kunstgeschichte der Seidenweberei : vol.1 / Page 201 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000240
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Eichstätter Stoff schwerlich älter als aus dem 9. Jahrhundert; auch das ist ein Grund, die per; sische Vorlage nicht mehr in die Sassanidenzeit zu setzen.

Nach dem Victorstoff verschwindet die menschliche Gestalt auf sehr lange, bis zur Neublüte iranischer Kunst unter den Sefiden, aus der persischen Textilkunst und die Tier: bilder beherrschen weiterhin allein das Feld. Diese Erscheinung kann natürlich durch die Zufälle der Erhaltung mit bedingt sein; da aber von persischen Tiermustern teils in Origi: nalen, teils in byzantinischen Nachbildungen aus dem B. bis 10. Jahrh. noch ein großer Be, stand vorhanden ist, Menschendarstellungen dagegen gar keine, so muß doch wohl eine ent:

schiedene Abnahme der letzteren angenommen werden. Rein zufällig kann das Zeugnis so vieler Denkmäler nicht sein.') Dieses negative Ergebnis ist zunächst die einzige erhebliche Änderung, die mit dem Eintritt des Islam bemerkbar wird. Die Tiermuster verwenden die überlieferten Motive weiter in einer Zeichung, die vielfach den zur Sassanidenzeit noch vors handenen realistischen Zug einer gesteigerten Stilisierung opfert. Wir werden diese Richtung in der ostiranischen Gruppe am stärksten ausgeprägt finden.

Eine unzweideutige Beziehung auf den altpersischen Feuerkult enthält ein Stoff in Le

Mans (Abb. 134), auf dem grüne Löwen in rotem Grund gegenständig zu Seiten eines Ge, rätes gewebt sind, das dem flammenden Feueraltar der Sassanidenmünzen genau gleicht.2) Der Stoff braucht deshalb nicht sassanidisch zu sein, denn der Feuerdienst ist in abgelegenen Gegenden Persiens noch lang nach der Eroberung von hartnäckigen Anhängern Zoroasters gepflegt worden, die bei den Arabern einer lässigen Duldung begegneten. Auch ist die Zeich, nung der Tiere vom sassanidischen Stil schon ziemlich weit entfernt. Sie ähneln vielmehr, um ein fest datiertes Beispiel anzuführen, einem Löwenpaar, das im Jahr 909 n. Chr. an der Stadt: mauer von Amida in das Kharputtor eingemeißelt wurde.3)

Das alte Motiv des Löwen, der einen Wildesel niederreißt, erscheint ohne den treff

lichen Meisterschützen Bahram Gor, sonst aber in einer dem Kunibertstoff (Abb. 89) nicht unähnlichen Zeichnung auf dem Pluviale von Pébrac (Abb. 135), das die Überlieferung der

Kirche mit dem Ortsheiligen Petrus von Chavannon (-1.   in Verbindung bringt.4) Die
Wildeselgruppen, in Reihen wechselnd mit grasenden Straußenpaaren, sind in sehr eckige, aber kunstreich verschlungene Ranken eingeordnet, die entschieden nicht mehr sassanidisch sein können, aber auch von der eigentlichen Arabeske noch unberührt sind.

Als ein Beispiel der fortschreitenden Stilisierung und der ganz ornamentlosen Tier: muster in der altpersischen Reihenordnung ist der Stoff mit gegenständigen Flügelpferden auf Tafel 44 b anzuführen.

Den beliebtesten Sassanidenzierat, die flatternden Schärpen, hat die persische Kunst frühislamischer Zeit sowohl in ihren Silberarbeiten), wie im Bauornaments) und in der

  1. In dem mit M. van Berchem herausgegebenen Werk über Amida sagt Strzygowski S. 359: „Im allgemeinen herrscht in der nachsassanidischen d. h. frühislamischen Zeit in Persien ein Ornament, in dem die Verwendung von Lebewesen vermieden ist." Danach müßten auch die Tierbilder verschwunden sein. Persische Denkmäler, welche diese seltsame Behauptung stützen könnten, hat Strzygowski nicht namhaft ge- macht. Jedenfalls beweisen die Seidenstoffe als die zahlreichsten Äußerungen persischer Ornamentik aus früh. islamischer Zeit, dazu die nachsassanidischen Silbergefäße, späterhin auch die Keramik das grade Gegenteil.

  2. Der Stoff von Le Mans ist wiederholt veröffentlicht, unter anderem von Lenormant in den Mélanges d'archéol. II T. 39, III S. 116, und von Reinaud, Rapport sur la chape de Chinon 1856; doch ist eine Original= aufnahme noch nicht vorhanden.

  3. Abgeb. M. van Berchem, Amida T. 3.

  4. Vgl. Malègue=Aymard, Album d'archéologie religieuse 1857, S. 98. Leider gibt es auch von diesem Pluviale, das an reicher Farbenpracht dem herrlichen arabisch=sizilianischen Pfauenstoff in Toulouse, vgl. Abb. 205, gleichkommen soll, noch keine Originalaufnahme.

  5. Smirnow fig. 108, 109, 128, 134, 152.

  6. Vgl. die nach Seidenstoffen mit Scheibenkreisen ausgeführten Stuckreliefs mit Steinböcken aus Meso=

Falke, Seidenweberei.

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