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0046 Auf Hellas Spuren in Ostturkistan : vol.1
Buried Treasures of Chinese Turkestan : vol.1
Auf Hellas Spuren in Ostturkistan : vol.1 / Page 46 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000198
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26   A. v. Le Coq, Turfanexpeditionen

Ebenso ist die Kunst, Filze mit in verschiedenen Farben eingelegten, höchst merkwürdigen, fast an mykenische Vorbilder erinnernde Muster herzustellen, fast vollständig verloren gegangen.

Auch die Seidenfabrikate und die oftmals sehr geschmackvollen Stickarbeiten verschlechtern sich. Die berühmten Gefäße aus Kupfer und verzinntem Messing, die früher mit großer Meisterschaft besonders in Yarkänd und Chotän hergestellt wurden, sind nicht mehr zu finden. Die Brettchenweberei, einst fähig, wirklich schöne, gemusterte Gürtelbänder u. dgl. herzustellen, beschränkt sich heute auf die Herstellung von einfachen weißen Baumwollbändern für Zügel und anderes Pferdegeschirr.

Die Architektur der Privathäuser folgt iranischen Vorbildern; die Moscheen gleichen denen Ostpersiens.

Die geistige Bildung ist gering und beschränkt sich meist auf eine gewisse Kenntnis der Schrift. Rechnen können die Leute aber fast alle, wobei sie sich der Kupfermünzen als Hilfsmittel bedienen.

Im ganzen Lande gibt es heute keine einzige Druckerei mehr.

Dafür sind die meisten Osttürken geborene Kaufleute und fleißige und geschickte Ackerbauer. Wenn gute Schulen vorhanden wären, würden die Leute ganz bestimmt schnell in die Höhe kommen, denn die geistigen Anlagen sind außergewöhnlich gut.

Der Hauptfehler des Volkes ist eine sehr ausgesprochene Sinnlichkeit, die allen Klassen anhaftet, und, neben Habsucht, eine gewisseVerlogenheit, wie man sie oft bei unterworfenenVölkern antrifft.

Und — so milde dies Völkchen (es zählt kaum mehr als eine Million Köpfe) meistens ist — wenn erregt, sind diese Menschen doch gräßlicher Grausamkeit fähig.

So wurde mir berichtet, daß ein Wirt in einem der Wüsten-Rasthäuser zwischen Komul und Gu-6eng, auf dem Wege nach Urumtschi, Reisende gewohnheitsmäßig ermordet und beraubt habe. Der Verdacht verdichtete sich, und eine Anzahl Leute vereinte sich, um den Fall zu untersuchen. Der Wirt wurde überfallen und gefesselt. Im Lößboden des Hofes fand man in Löchern eine Menge mumifizierter Leichen Ermordeter

Die Rache war furchtbar. Der Mörder wurde entkleidet und mit Holznägeln auf dem getretenen Lößboden des Hofs gekreuzigt. Dann nahm man einen Topf und eine lebende Ratte und band den Topf, die Ratte darunter, auf den Bauch des Mörders fest. So lag er in der unbarmherzigen Sonne. Die Ratte fraß sich ihren Weg durch sein Fleisch, und Blutverlust und Sonne töteten langsam den Delinquenten. Freilich kann dies auch ein Stück chinesischer Justiz gewesen sein.