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Auf Hellas Spuren in Ostturkistan : vol.1 | |
Buried Treasures of Chinese Turkestan : vol.1 |
70 A. v. Le Coq, Turfanexpeditionen
Diese Stüpas enthielten Reste von Leichenbrand, künstliche Blumen, Votivgaben (Heiligenbilder auf Papier) und zahlreiche Manuskriptreste. Es muß auffallen, daß in einem dieser Denkmäler, in der Biegung des Stromes, ein nur wenig beschädigtes manichäisches Buchblatt, unter Bruchstücken zahlreicher buddhistischer indischer Handschriften, gefunden wurde. Wie ist es dorthin gekommen ?
Zwölf Bauten finden sich auf dem linken Ufer. Es sind die Ruinen buddhistischer Klöster und Tempel der alten Zeit (8.-11. Jahrhundert). Die meisten sind Freibauten aus Luftziegeln, einige sind in den weichen Stein geschnittene Höhlentempel mit davorgelegten Terrassen und Freibauten. Die Freibauten-Klöster sind alle zugleich starke Festungen mit mächtigen Mauern und Türmen. Der Anblick der Schlucht ist im ganzen Verlauf in hohem Maße phantastisch. Die wilde Zerrissenheit der Hügel verleiht der Landschaft einen romantischen, fast gespenstischen Charakter.
In den Tempeln fanden wir noch zwei Bibliotheken. Der eine Fund fiel Herrn Bartus in den Mönchszellen eines großen Klosters zu und füllte mehrere Maltersäcke. Diese Manuskripte waren beinahe alle in frühtürkischer Sprache und uighurischer Schrift; der Inhalt war religiös : es waren Bruchstücke einer Art Drama, welches die Begegnung der Gläubigen, aber auch der Verdammten, mit einem buddhistischen Messias, dem Maitreya, schildert (Maitreya Samiti). Die Kolophone der Kapitel geben an, daß dies eine Übersetzung aus der tocharischen Sprache ins Türkische sei und nennen den indischen Namen des Verfassers.
Anderen Orts fanden wir später Bruchstücke des erwähnten tocharischen Textes, der seinerseits, laut den Kapitelunterschriften, aus der „indischen Sprache" übersetzt ist.
Der zweite Fund wurde von mir in einem seltsamen Gebäude, dem Annex eines kleinen Tempelchens, auf der Terrasse des Ternpels Nr. 10 gemacht. Er bestand in der Hauptsache aus türkischen Übersetzungen buddhistischer Märchen.
Hier und da wurden auch Funde manichäischer und indischer Handschriften gemacht. Sehr ärgerlich war folgendes Ereignis : Wir
hatten uns sehr mit Grabungen in der am Eingang der Schlucht gelegenen „Sternbilderhöhle" (Tempel Nr. 6) bemüht, ohne jedoch
den allergeringsten Fund zu machen. Während wir dort beschäf-
tigt waren, gingen zwei alte Frauen uns gegenüber auf der anderen Seite des Baches an die Arbeit. Dort standen mehrere formlose
Hügel. Einige dieser Hügel waren bloß zufällige Anhäufungen von Löß, einer aber wurde erfolgreich angeschnitten, es war ein zer-
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