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0076 Bericht über archäologische Arbeiten in Idikutschari und Umgebung im Winter 1902-1903 : vol.1
Report on Archaeological Work in Idikutshari and Surrounds in the Winter 1902-1903 : vol.1
Bericht über archäologische Arbeiten in Idikutschari und Umgebung im Winter 1902-1903 : vol.1 / Page 76 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000190
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Herr von Lecoq hat sich bei dieser Gelegenheit durch die Sortierung, Reparatur und Zusammenstellung dieser Fragmente ein grobes Verdienst erworben, das öffentlich anzuerkennen ich für meine Pflicht halte. Es waren Hängebilder in der Art der lamaistischen oder der japanischen, und es ist von grofier Wichtigkeit, feststellen zu können, dab der Stil der Bilder, die dargestellten Sujets u. s. w. sich in den Fresken von gewissen Tempeln der Umgegend wiederfinden. Die Bilder waren auf Seide, Leinwand und Papier in genau derselben Weise wie die tibetischen gemalt, das heißt: die Komposition war erst mit Tusche auf den Untergrund gezeichnet und dann mit Farben ausgefüllt. Unter den buddhistischen sind am häufigsten Abbildungen des vielhändigen Avalokitesvara und des Ksitigarbha (vgl. unten, Tempel Nr. 6 und Nr. 10 in Sengyma'uz) und mit letzterem verbunden Darstellungen von Pretas. Das Leben nach dem Tode scheint hier ebenso im Zentrum des Kults gestanden zu haben wie es in China der Fall war, wo die Buddhisten diese Seite besonders entwickelten, um die religiösen Wünsche eines Volkes zu befriedigen , dem das Wohl und Wehe seiner Angehörigen nach dem Tode näher lag als Askese und Spekulation. Die Bilder zeigen also wesentlich die praktische Seite des Buddhismus im Uigurenlande. Höchst merkwürdig ist es, daß unter den Fetzen auch Stücke eines sehr großen manichäischen Bildes zum Vorschein kamen, welche sich leider nicht mehr zu einem Ganzen vereinigen lieben.

Ich führe nunmehr die Bilder im einzelnen auf:

1. Tafel VIII. Grobes Bild auf Seide gemalt, von 91 cm Breite und sicher ursprünglich gegen 2 m hoch. Erhalten ist nur etwa die untere Hälfte (noch 1 m 14 cm hoch) und von der Malerei nur die Grundierung; die ursprünglich außerordentlich reiche Vergoldung ist völlig abgefallen, ebenso die mit Deckweiß ausgefüllt gewesenen Partieen und damit leider wohl auch die Namensinschriften der verehrenden Personen. Die Hauptfigur war ein sehr großer vielhändiger Avalokitesvara, welcher ganz vergoldet war; er steht auf einer Lotusblume und seine zahlreichen Hände bilden, was sehr auffallend ist, gewissermassen sein Aureol; sie sind nicht, wie bei lamaistischen Figuren, an den Rand des Aureols gerückt, so daß die zahlreichen Arme sich fächerartig an die Figur anlehnen, sondern die Hände sind — die attributhaltenden Hauptarme abgerechnet — ohne sichtbare

Arme.   Unter der rechten Seite der Hauptfigur kniet ein bärtiger Risi, den linken Arm
nach oben hebend, unter der linken Seite eine betende Devatâ. Vor dem Hauptbilde, d. h. unter demselben, steht ein Altartischchen mit zahlreichen Opferschalen, in denen strahlende Gaben (Gold? Edelsteine?), aber auch Brot, Granatäpfel, Weintrauben etc. dargeboten werden. Daneben knieen ein Mann und eine Frau, die Arme hochstreckend, doch so, daß die Hände in den langen Ärmeln verborgen sind. Der Kopfschmuck der beiden ist höchst merkwürdig. Der Mann hat eine Krone, welche wie eine nach rückwärts aufgesetzte Grenadiermütze aussieht — ein Kopfputz, welcher vielleicht eine bestimmte Würde darstellt und auch auf den Fresken vorkommt. Vgl. unten die Skizze eines Mannes aus Nr. 12 zu Murtuk. Der Kopfputz der Frau ist am besten aus der Skizze ersichtlich. Sie beten offenbar um Befreiung vor dämonischer Anfechtung; denn hinter der Frau kniet ein kleiner Dämon

1) Ganz ähnlich ist das Aureol einer aus Lehm gefertigten Buddhastatue bei M. A. Stein , Arch. Exploration in Chinese Turkestan, Tafel zu S. 63 (Sand-buried Ruins of Khotan, Titelbild) mit kleinen Buddhafiguren ausgefüllt, die Strahlen gleich mit den Köpfen nach aufien stehen: eine Darstellung, die ebenso ungewöhnlich ist, wie die oben erwähnte.