National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0041 Die Chinesischen Handschriften- und sonstigen Kleinfunde Sven Hedins in Lou-lan : vol.1
Die Chinesischen Handschriften- und sonstigen Kleinfunde Sven Hedins in Lou-lan : vol.1 / Page 41 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000227
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

EINLEITUNG   I 7

also, was dem einförmigen Grau der bloßen Vorstellung die bunten Töne des wirklich Gewesenen aufsetzt und die schattenhaften Umrisse zu lebensvollem Relief heraus-modelliert. Fügen wir dann noch die mancherlei kleinen Notizen und Nachrichten privaten Charakters, die sich speziell aus den Briefen entnehmen lassen, und, nicht zu vergessen, auch die Evidenz der sonstigen Funde hinzu, so tritt dies Relief noch plastischer hervor, runden sich die Gestalten zu eindrucksvoller Wirklichkeit und treten uns menschlich vertraut entgegen. Zwar läßt der fragmentarische Charakter des Materials nicht immer ganz sicher erkennen, ob sich der eine und andere Zug auch gerade auf Lou-lan und seine Bewohner bezieht, aber er gilt doch in der Regel wenigstens für dessen Bezirk und jedenfalls immer für dies Randgebiet der chinesischen Zivilisation, das ja überall ungefähr unter den gleichen Bedingungen lebt und darum geographisch wie kulturell eine gewisse Einheit bildet. Und so läßt sich denn aus dem allem, so geringfügig es mitunter sein mag, schließlich ein Bildchen des Grenzerlebens von damals herstellen, das an ansprechender Lebendigkeit kaum etwas zu wünschen übrig läßt. Auch Akten, auch Kehrichthaufen haben ihre Poesie.

Versuchen wir uns nun zuvörderst den landschaftlichen Hintergrund zu dieser Staffage, die Schaubühne vorzustellen, auf der sich dies längstverschollene Stücklein Menschenleben abgespielt hat. Da liegt rings unabsehbar hingebreitet die Wüste, das „Sandgebiet", der „Sand", wie sie i, 28, 3 und i, Io genannt wird, mit allen ihren Schrecken, worunter nicht zuletzt die „Strapazen des Umherirrens" in mühseliger Fußwanderung — denn dieser Stoßseufzer von 2, 9, der fast an Fah-hiens Schilderung seiner Wüstenreise anklingt, mag sich wohl auf sie beziehen —; nur irgendwo in weiter Ferne starren die nackten Rippen eines Gebirges auf, das feindlichen Barbaren Unterschlupf bietet (i, Io), und über allem wölbt sich ein regenlos eherner Himmel, der vielleicht zwar angenehme Frühlingstage (i, 2), jedoch im Winter bitteren Frost, der zu Pelzrock und Pelzkappe nötigt (2, 22 ; I o4) und im Sommer wieder so glühende Pfeile sendet, daß auch der in dieser Beziehung gewiß nicht verwöhnte Chinese zuweilen darüber murrt (I, 25, I ; I, 19, I), und daß er, scheint es, nur Frühmärsche oder doch bloß kurze, langsame Tagemärsche unternehmen kann — also ganz das kontinentale Klima, das ja vorauszusetzen ist, und möglicherweise sogar mit dem von China her bekannten, fast auf den Tag eintretenden Wechsel der Jahreszeiten (i, 23, 7). Aber mitten in dieser menschenfeindlichen Öde ein gastlich grüner Fleck: zwei große fisch- und muschelreiche Gewässer zum mindesten: der tiefe See Ta-choh und ein bedeutender Fluß (2, 2; I, 2 5, I) spenden befruchtende Feuchtigkeit, und an ihren Ufern wuchert und sproßt dann urwaldüppig, wenn auch in launenhafter Verteilung, wie der Haarwuchs um ein Mongolenkinn, das Röhricht, das Busch- und Baumwerk her, das so viel und zu so vielerlei Dingen, von Pfeiler, Wand und Hausdach an bis zum hölzernen Schreibmaterial hinunter gebraucht erscheint. Zwar drohen sie dann und wann mit Überschwemmung (2, 15), doch sie zu bändigen sind offenbar Deiche errichtet (2, 5; i, Io); und wie sich ihr Rücken bequemen muß, Boote oder Schiffe

3