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0170 Die Chinesischen Handschriften- und sonstigen Kleinfunde Sven Hedins in Lou-lan : vol.1
Die Chinesischen Handschriften- und sonstigen Kleinfunde Sven Hedins in Lou-lan : vol.1 / Page 170 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000227
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ANHANG

den Kehrichthaufen, geworfen worden sind: ein schlagendes Analogon dazu bietet ja der in Li-sie (Danclân Uilig) erhobene Brief von dort nach Khotan (Stein, Anc. Khot. I, 266; 521-24). Daran schließt sich dann aber die zweite und entscheidende Frage, welche der Briefe nun die wirklich beförderten und angelangten, und welche die kassierten gewesen sind — und auch für ihre Beantwortung stehen eben wiederum nur Wahrscheinlichkeiten zu Gebote.

Aber ich meine doch, daß sie alle zugunsten von Lou-lan sprechen. Da ist zuvörderst die Evidenz der adressierten Stücke und vor allem der Briefkuverts. Wer in aller Welt vernichtet wohl einen mißratenen Brief erst dann, wenn er ihn schon hübsch eingepackt und sorgfältig, ja sogar mit Angabe des Überbringers adressiert und zugesiegelt hat, zumal wenn dies letzte ein so umständliches Verfahren ist, wie es dort gewesen? Und wenn er es ja tut, wird er ihn dann nicht lieber kurzerhand ins Feuer werfen, als daß er erst wieder fein säuberlich die Schnur zertrennt und die Siegel ablöst und endlich die einzelnen Teile dem Papierkorb überantwortet? Mich dünkt, gegen diese Erwägungen wird auch das „von Ma Li gesiegelte" Schreiben nicht aufkommen können, selbst wenn er es nicht von auswärts nach Hause geschickt haben sollte; es würde in diesem Falle wohl entweder als ein Stadtbrief oder, besser noch, als eine ihrer Wichtigkeit halber versiegelte, aber später wieder gebrauchte Abschrift zu deuten sein, und zwar umso eher vielleicht, als ihm ja die Adresse mangelt.

Und machen wir nun ferner die Gegenprobe mit den Briefen, die aus Lou-lan datiert sind, so finden wir nicht bloß, daß sich schlechterdings kein Merkmal daran austüfteln läßt, das wider ihre Vernichtung am Orte der Abfassung stritte — denn daß sie durchweg absichtlich zerrissen und auch die größeren Exemplare nicht adressiert, ja z. T. auf der Rückseite mit Schreibübungen bedeckt sind, spricht doch zum mindesten nicht dagegen —, sondern es ergibt sich bei genauerer Untersuchung sogar, wenn nicht mit der Unfehlbarkeit des Beweises, so doch mit allergrößter Wahrscheinlichkeit, daß wenigstens zwei von ihnen durch den eignen Verfasser kassiert resp. einbehalten worden sind. Den Weg zu dieser Erkenntnis gibt uns in dankenswertester Weise 7'si Ch'ens- in seinem („Privat)brief aus Lou-lan” (t, 2) an die Hand, indem er ihn im letzten Drittel der 4. Zeile, knapp hinter der Mitte, ohne Schluß und Unterschrift ganz unvermittelt und sozusagen im besten Zuge abbricht. Wäre der Bogen vollständig, so könnte kein Zweifel über die Bedeutung dieses Verfahrens sein: entweder ginge der Text weiter und es wäre nur ein Abbrechen aus Höflichkeit, oder der Rest wäre leer, also der Brief unvollendet, also auch nicht abgesandt. Allein dieser Rest, wahrscheinlich sogar die Hälfte des Blattes, fehlt. Indessen schon die Art und Weise, wie sie fehlt, wenn ich so sagen darf, gibt m. E. einen deutlichen Fingerzeig. Denn während der vorhandene Teil — und zwar offenbar kurz nach der Niederschrift, denn die noch feuchten Zeichen haben sich abgedrückt — einmal zusammengefaltet und vor der