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0009 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 9 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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VORWORT.

In der ganzen langen Reihe der Bände des Archaeological Survey of India sind es nur ganz wenige, die sich mit Palastbauten befassen, und in der Tat sind die vier von Smith über Fathpur Sikri und Cousens Band über Bidschapur die einzigen, in denen Paläste mit ausreichenden Plänen behandelt werden. In Fergussons History of Indian and Eastern architecture spielt der Wohnbau eine außerordentlich geringe Rolle. Das religiöse Leben Indiens steht so überragend im Vordergrund, daß sich die Kunstforschung — zumal früher- — stark religionswissenschaftlich einstellte. Heute sucht man Indiens Kunst mit der Sonde der Ästhetik auf den Leib zu rücken, und auch da ist es immer wieder der Sakralbau, der im Verein mit der Plastik sein Vorrecht beansprucht. Der früh verstorbene Schweizer Emanuel la Roche hat in seinem monumentalen Werk, dessen schlichte Sprache wohltuend gegen die tropische Wort- und Gedankenpracht anderer deutscher Bücher über indische Kunst absticht, den Versuch gemacht, dem Wohnbau ein besonderes Kapitel zu widmen, und den dürftigen vorhandenen Stoff durch eigene Aufnahmen bereichert. Auch er muß zugestehen, daß hier eine große Lücke unseres Wissens um die indische Baukunst klafft.

Ich will mich nicht vermessen, diese Lücke auszufüllen und ein erschöpfendes Buch über den Wohnbau in Indien zu schreiben. Dazu gehört die Arbeit einer ganzen Generation. Nicht nur von den zerfallenen Palästen des Mittelalters und der späteren Zeit müßten gute Veröffentlichungen vorliegen, es müßten auch die heute lebenden Typen des Wohnhauses gesammelt werden. Wir sehen an unserem deutschen Bauern- und Bürgerhauswerk, welch ungeheure Sammelarbeit dafür zu leisten wäre, die eigentlich nur getan werden kann, wenn die Inder selbst, und zwar indische Architekten, mithelfen. Das Tatsächliche muß erst einmal beigebracht werden. Tatsachen in Bildern, Plänen und Worten will auch ich nur geben, Bruchstücke aus einem großen, größtenteils noch unbekannten Ganzen, die als solche einen gewissen Wert beanspruchen dürfen. Den im weiteren daran geknüpften Folgerungen mag man beipflichten oder nicht — das verschlägt nichts.

Der Stoff an Bildern und Planaufnahmen, den ich auf zwei Reisen 1909 und 1912 gesammelt habe, sollte mir zunächst nur Vergleichswerte für andere Arbeiten auf dem Gebiet vorderasiatischer Wohnarchitektur geben. An eine Veröffentlichung habe ich anfänglich nicht gedacht. Erst ein Jahrzehnt später reifte in mir der Entschluß dazu und kreuzte sich mit der Absicht des Herrn Verlegers, ein Tafelwerk über indische Baukunst herauszugeben. Aus dem von mir ursprünglich beabsichtigten im Umfang bescheidenen Buch, das meine wichtigsten Planaufnahmen und einige Lichtbilder enthalten sollte, ist ein starker Band geworden, in den auch Beiträge meiner Freunde Dr. Conrad Preußer und Dr. Fritz Wetzel hineinverarbeitet wurden. Der Herr Verleger steuerte aus seinem reichen

Besitz an Lichtbildern indischer Bauten vieles bei, was meine eigenen Aufnahmen ergänzen oder vorteilhaft ersetzen konnte, und hat sich in treuer Mitarbeit bemüht, das Abbildungsmaterial zu vervollständigen. Auch aus anderen Werken habe ich gelegentlich Bilder entnommen, wenn diese ein Bauwerk etwa in ursprünglicherem Zustand wiedergaben oder Ansichten, die zur Vervollständigung nötig erschienen. Eine ganze Anzahl wertvoller Bilder hat die Direktion der Bibliothek des Kunstgewerbemuseums irr Berlin aus ihrer großen Sammlung zur Verfügung gestellt, wofür ich ihr hier besonders danken möchte.

Die Anordnung der Tafeln ist im allgemeinen nach geschichtlichen und geographischen Gesichtspunkten erfolgt, so daß die Bauten einer Stadt oder Landschaft oder eines Zeitabschnittes zusammengestellt sind, auch wenn s;e im Text an verschiedenen Stellen behandelt werden. Zum Vergleich ist Ähnliches oder Gegensätzliches gelegentlich eingeschoben worden. Da auf Wunsch des Herrn Verlegers mit dem Druck der Tafeln begonnen werden mußte, ehe der Text feststand und ehe das Abbildungsmaterial beisammen war, haben sich in der Reihenfolge der Tafeln durch nachträgliche Einschiebungen kleine Unstimmigkeiten ergeben. Leider waren mir im Lauf der Jahre einige Aufnahmezeichnungen zeitweilig abhanden gekommen, und zwar gerade solche aus dem Jahre 1912, die Berichtigungen und Ergänzungen älterer gaben. Es betrifft das namentlich die Paläste in Gwalior und Amber. Da die Tafeln bereits gedruckt waren, mußten die berichtigten Pläne' als Textabbildungen eingefügt werden.

Schließlich noch einiges über die Schreibweise von Fachausdrücken, Gebäude- find Ortsnamen. Da ich kein Indologe bin und auch nicht für solche schreibe, habe ich es vermieden, mich an irgend eins der üblichen Transskriptionssysteme zu halten, sondern mich bemüht, mit unseren deutschen Lautzeichen ohne diakritische Punkte oder französische und englische Anleihen das Lautbild ungefähr wiederzugeben. Ich schreibe also Dschaina statt Jaina, Tschadar statt Chadar, Chane statt Khane. Ich hielt mich dazu auch bei den Ortsnamen für berechtigt, weil diese von den Engländern selbst nicht gleichmäßig geschrieben werden. Auf englischen Karten, in Büchern und Eisenbahnfahrplänen kann man für die gleiche Stadt die Schreibweise Duttia, Datiya und Duttia finden — oder Beejapoore und Bijapur. Bidschapur dürfte für den deutschen Leser das Lautbild am richtigsten wiedergeben, ebenso Lakhnau statt des englischen Lucknow. Bemerken möchte ich noch, daß ein h stets ein Hauchlaut ist — freilich ein sehr verschiedenartiger — aber nie ein Dehnungszeichen bedeutet, daß ch stets wie in „lachen", nicht wie in „ich" gesprochen wird. Herrn Geheimrat Prof. Dr. Jolly in Würzburg sage ich hier für seine freundliche Hilfe in vielen sprachlichen Fragen besten Dank.

Dresden, im Juli 1924.   Oscar Reuther.