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0060 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 60 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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den Namen Schisch Mahal — Spiegelbau — führt. Der Einrichtung zufolge war der Schisch Mahal kein Bad im Sinne eines Hammam, d. h. kein Warmbad mit Schwitzraum, sondern ein kühler Zufluchtsort, in dem man sich am plätschernden Wasser erfrischen konnte. Das Wasser strömte aus der Rückwand in doppeltem Fall über marmorne Nischenwände und sammelte sich itn vertieften Becken, um aus ihm durch einen flachen Kanal seinen Weg hinaus in den Garten zu finden. In die kleinen Nischen hinter dem Wasserschleier pflegte man Lämpchen zu stellen und freute sich an dem funkelnden Spiel des Lichtes im Wasser und auf den zahllosen kleinen Spiegelflächen. Eine Anzahl unterirdischer Gemächer, die dem gleichen Zweck als Serdab oder Takhana dienten, liegen unter dem Chas Mahal.

Auf den Hof des südlichen Goldnen Pavillons (14) öffnet sich eine hohe fünfjochige Tibari mit schlanken Säulen (18). Hinter ihr liegen einige Zimmer, zwei Schmalräume beiderseits eines mittleren Breitsaales mit überwölbten halbachteckigen Enden und im Anschluß daran eine achteckige Tschhatri mit Umgang, die über einem Turm der inneren Burgmauer nach außen vortritt (s. Tafel 42 Nr. 48 bis 51 des Grundrisses). Die Räume besitzen Reste schöner ornamentaler Wandmalerei. Die Halbkuppeln der Mittelsaalnischen sind als persische gerautete Zellengewölbe ausgeführt. Es heißt, daß diese Raumgruppe — ein in sich geschlossenes Haus — die Wohngemächer Schah Dschehans enthalten habe. Havell wiederum sucht in ihnen einen Teil von Akbars Palast, der in dem südlich anstoßenden Dschehangiri Mahal noch steht. Der Stil der Ausstattung vereint sich indessen nicht mit dem, was sich sonst in Akbars Bauten findet, geht andererseits auch nicht mit den von Schah Dschehan gebauten Teilen des Palastes zusammen. Möglicherweise ist dies ein Rest des niedergelegten Dschehangirbaus oder es ist der älteste Teil von Schah Dschehans Palast.

Symmetrisch zur Halle 18 liegt am Hof des nördlichen Goldnen Pavillons (12) ebenfalls eine Tibari. Sie dient als Durchgang zu einem kleinen, unregelmäßig begrenzten Höfchen (10), in das man von der Thronterrasse des Diwan-iChas hinabsehen kann. Auf seiner Ostseite steht der Musamman Burdsch, der „Achteckturm" 1), angeblich ein Rest von Dschehangirs Palast und von seiner Gemahlin Nur Dschehan bewohnt 2). Der kleine Bau, ein halbachteckig geschlossenes Gemach mit äußerem Säulenumgang und einer dreijochigen Tibari, die sich auf das Höfchen 10 öffnet, trägt aber in seinem Schmuck, den Blumenreliefs und eingelegten Arabeskenrahmen der Sockel und der Nischenarchitektur der Wände, alle Züge der Zeit Schah Dschehans. und das muß das Entscheidende sein. Die zwölfkantigen Säulen mit ihren Mukarnaskapitellen sowie die die Architrave und das Vordach stiitzenden Konsolen weichen in ihren Formen allerdings nur unwesentlich von denen an Akbars DefterChane inFathpurSikri ab. Aber die gleichenFormen kommen auch wieder an Bauten vor, die nachweislich auf Schah Dschehan zurückgehen, so am Musamman Burdsch des Palastes in Lahor (Tafel 75) und den kleinen Gartenhallen, die sich der Sultan 1637 am Gestade des Ana Saugar in Adschmir erbaute (Tafel 59). Man mußte dann auch die „Goldnen Pavillons" in Agra wegen ihrer Architrave Dschehangir zuschreiben. Tafel 55 gibt einen Ein-

immer attikaartig die für gewöhnlich als Zinnenkranz charakterisierende Brüstung der Dachplattform, die merkwürdigerweise nur nach der Flußseite an den Ecken je eine Tschhatri trägt, Ausmündungsstellen der in den Seitenwänden aufsteigenden Treppen. Der große Saal mit seiner flachen Decke öffnet sich nach dem Fluß in Fenstern mit einfachen Marmorgittern. In seine Wände tiefen sich iiber den Sockeln die üblichen Nischen ein, die Bildnisse der Mogulkaiser aus Timurs Geschlecht enthalten haben sollen. Die Gemälde wurden, wie es heißt, neben vielem anderen, so der Marmorauskleidung des Matschhi Bhawan von den Dschats geraubt und nach Dig gebracht.

Zu beiden Seiten des Chas Mahal steht symmetrisch am Rand der Burgmauer je ein kleines Häuschen mit seinem besonderen, von dünnen marmornen Schirmwänden umschlossenen Hof (12 und 14), jedes aus zwei quadratischen Zimmern mit dazwischenliegender, zweiseitig offener Säulenhalle bestehend (Tafel 58). Ihre in der Mitte aufgebogenen vergoldeten Dächer, die der indische Architekt heute mit Bangaldar bezeichnet und um derenthalben sie als die „Goldnen Pavillons" bekannt sind, stehen in wirksamer Gegenbewegung zu dem ebenen Terrassendach des Chas Mahal mit seiner Horizontale, wie andererseits ihre horizontalen Gebälke zu dessen Zackenbogenreihen.

Türen führen durch die Schirmwände der Höfchen auf die dem Chas Mahal vorgelagerte Plattform und kleine Freitreppen steigen in den Anguri Bagh hinab. Er ist wie die große Mehrzahl aller Gärten der Mogulzeit als Tschar Bagh, als Vierungsgarten angelegt. Erhöhte marmorgepflasterte breite Gangbahnen teilen ihn in den Hauptachsen in vier Quadrate und erweitern sich in der Mitte zu einer niederen quadratischen Plattform, auf der sich ein Tschabutra mit Wasserbecken und Springbrunnen erhebt, Die tief liegenden Pflanzflächen haben noch — eine seltene Ausnahme — die steinernen Scheidewände für die Teppichbeete. Mit den umschließenden Bauten steht der Garten in engster Verbindung. Im Norden, Westen und Süden öffnen sich die Achsenhallen auf das Wegekreuz. Im Osten tieft sich in die dem Chas Mahal vorgelagerten Plattform ein rechteckiges Wasserbecken mit bewegt ein- und ausgebuchteten Rändern ein, aus dem das überströmende Wasser in einem flachen Kanal mit geripptem Boden zum Terrassenrand floß, um als Kaskade, als Tschadar oder „Schleier", über eine Nischenwand in ein Becken am Anfang des Achsenweges zu fallen. Spiegelndes, plätscherndes und springendes Wasser, der farbenleuchtende Teppich von Tulpen, Schwertlilien, Kaiserkronen, Narzissen und Anemonen, ein paar schlanke Cypressen oder Palmen an den Ecken der Gartenfelder muß man sich in diesem schimmernden Rahmen von weißmarmornen Wänden, Pfeilern, Gittern, plattenbelegten Terrassen und Wandelbahnen und vergoldeten Dächern ergänzen, die ohne dies füllende farbige Leben heute nur ein schönes aber totes Gerippe sind.

Die Flügel, die den Traubengarten dreiseitig umschließen, enthalten eine Anzahl größerer und kleinerer Räume, die sich mit gleichmäßig ausgebildeten Fronten zwischen die dreijochigen Tibaris der Achsen legen. Hier hat man wohl die Wohnungen für die zahlreichen Nebenfrauen zu suchen, während bevorzugte Damen des Senana in den beiden „Goldenen Pavillons" wohnten. Religiösen Bedürfnissen der Frauen diente das kleine Mina Masdschid auf der Nordseite des Anguri Bagh, das man von der Tibari dort betreten konnte, während einige Räume, die östlich davon unter dem Diwan-i-Chas liegen, als Bad eingerichtet sind. Die Decken des Badezimmers und die oberen Teile der Wände über den Marmorsockeln sind mit Spiegelmosaik bedeckt, um dessentwillen dieser Teil des Palastes

  1. Die Deutung des Namens „Musamman Burdsch" als „Jasminturm" ist zweifellos irrig. Die Mogulpaläste in Delhi und Lahor haben ebenfalls ihren „Musamman Burdsch", die auf halbachteckigen Bastionen vor die Flucht der Burgmauern hinaustreten.

  2. Diese Ansicht vertritt neben Fergusson auch Ravel], Indian architecture S. 206 und Agra and the Tai S. 57.