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0042 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 42 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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Halbsäulen aufsteht, beschattet von einem Tschhadscha aui Konsolen. In den Arkadenfelderl stehen als farbige Einlagen Rosetten und die von Baber erwähnten Bananenpflanzen. Über diesem kräftigen Reliefband wird die Wand wieder glatt, und es folgen sich als Flieseneinlagen Friese laufender Gänse, dann ein Zinnenband und schließlich die Schirmwand der Dachplattform mit durchbrochenen Gitterfeldern, in denen farbig ausgelegte Elefanten, Tiger, Rosetten und Bäume ausgespart sind. Ein K ranz ausgeschnittener Schmuckzinnen schließt die Schirmwände oben ab. Die Türme sind in den oberen Zonen plastisch stärker gegliedert als die Rücklagen, entweder durch Blendarkaden oder durch vortretende Brüstungen iiber Kragsteinen. Runde Tschhatris, die steile Kuppelhelme mit einem Tschhadscharand tragen, krönen sie, während den zwischen ihnen ausspringenden kleinen Erkern zum Teil Pyramidenhauben aufgesetzt sind. Das ganze Übereinander von Schmuckzonen, das Abteilen horizontaler Streifen durch Gesimse., das sich auch bei der Hofarchitektur wiederholt, beruht auf dem „Denken in Stockwerken'`, das dem indischen Architekten seit alters eigen ist.

Überaus wirkungsvoll ist die farbige Behandlung der Fronten. Dunkel- und hellblaue, malachitgrüne und zitronengelbe Fayenceplatten bilden den Grund oder das Muster der umlaufenden Schmuckbänder und stehen leuchtend auf dem warmen, hellockerfarbenen, zum Teil tiefbraun nachgedunkelten Sandstein, den allerdings, wie Sultan Baber in seiner Schilderung erwähnt, weißer Tschunamputz deckte. Cunningham, der Reste von diesem Putz festgestellt hat, meint ganz richtig., es sei kein Verlust, daß er jetzt fehle. Man kann sich schwer vorstellen, daß der Meister, der diese Prachtwand schuf, sie durch den kalkweißen Grund ihrer wundervollen farbigen Wirkung beraubt haben sollte').

Die architektonische Gestaltung der beiden Höfe A und B ist im wesentlichen gleich. Beidemale läuft ein weit vortretender, von Konsolen getragener Tschhadscha in halber Höhe um, trennt die Geschosse und faßt den unteren Teil des Hofes zusammen, so daß man den Eindruck eines auch nach oben begrenzten Raumes erhält, der für unser Empfinden nur zu niedrig erscheint. Die rhythmisch aufgeteilten, symmetrisch durchgebildeten Hallenfronten und Galeriewände verstärken den Eindruck des Innenraumes, den diese Höfe gegeniiber denen in Tschitorgarh machen. Über dem Tschhadscha wird das architektonische Gefüge lockerer. Entweder es steigt eine glatte Schmuckwand auf, durch Zonen von Zierbändern mit gelben und blauen Flieseneinlagen wiederum horizontal geteilt — wie über der Front vor Saal 2 (s. Tafel 15) — oder die Obergeschosse öffnen sich — wie über den Räumen 7 und 12 — in Erkern (Tafel 13 und 18), oder endlich es betonen heraustretende halbrunde oder rechteckige Balkone die Achsen — wie iiber den Räumen 5 und 15 (Tafel 16). Die Hofwände sind im allgemeinen in gleicher Höhe gehalten, doch ist diese abschließende Horizontale durch die zum Teil höher geführten Erker verschiedentlich unterbrochen.

Überraschend vielseitig sind in Gwalior die Raumformen, bedingt durch die verschiedene Art der Deckenbildung. Jeder der fünf Haupträume 2, 5, 7, 11 und 15 hat

eine andere Decke und dementsprechend eine andere Durchbildung der Wände. Der große Saal 2 mit dem Umgang ist flachgedeckt. Mächtige Steinbalken liegen eng gefugt und bilden eine glatte Fläche, die mit den gleichfalls glatten, nur in einem mittleren Gürtel mit einem feinen Flachmuster islamischer Abkunft gezierten Quader-wänden zu dem schweren, stark plastisch behandelten Deckengesims in überaus wirkungsvollem Gegensatz steht. Auf Tafel 10 sieht man diesen Raum im Schnitt, auf Tafel 20 unten rechts eine Ecke '). Der kleine Raum 11 hat eine Decke aus gekreuzten, auf Pilastern aufliegenden Balken, die typische Art der Deckenbildung des Pfostenhauses. Die so gebildeten viereckigen Kassetten sind durch große Steinplatten geschlossen. Wieder legt sich ein kräftiges, an den Pilastern vorgekröpftes, als hohe stehende Welle gebildetes Gesims zwischen die glatten, ungemusterten Flächen von Wand und Decke (s. Schnitt Tafel 10 und Einzelheiten Tafel 20 oben). Saal 7 besitzt eine Decke aus satteldachartig gegeneinandergelegten Steinplatten. Sie steht auf der durchbrochenen Gitterwand des erwähnten Emporenumganges auf, der seinerseits wieder von den weit ausladenden und durch Konsole verlängerten Kapitellen der Wandsäulen getragen wird. Tafel 17 oben gibt diesen höchst eigenartigen und eindrucksvollen Rauni wieder 2). Die geflammte Maserung des hellbräunlichgelben Sandsteins ist mit Überlegung gegenüber dem durchbrochenen Gitterband, das, nebenbei gesagt, Paare von Tänzerinnen ornamental verwertet, und den üppigen schweren Formen der Kapitelle in großen, glatten Flächen zur Geltung gebracht. Ein ähnliches steinernes Satteldach mit kassettierten Flächen deckt einen der größeren Räume des zweifellos von dem gleichen Architekten erbauten Gudschari Mahal am Fuße der Burg. Ungleich weniger glücklich ist die Wirkung der gegenüberliegenden Halle 5, die auf Tafel 17 unten abgebildet ist. Die Decke lastet schwer und drückend auf den niedrigen Wänden mit ihren gestuft vortretenden Pilastern, die über geschweiften Streben Querbalken tragen. Geschuppte Kehlen leiten von den Wandflächen zur Decke über. Wenig gelungen ist auch die Aufteilung der Schmalwände. Raum 15 auf der Westseite von Hof B ist wieder etwas sehr Merkwürdiges (s. den Schnitt Tafel 10 und 21). Ihn deckt ein Kreuzgewölbe mit — allerdings nur angearbeiteten — reich verzierten Rippen., an denen kleine konsolartige Knäufe heraustreten, wie bestimmt, um Figuren zu tragen. Die rundbogigen Schildwände sind mit prachtvollen plastischen Halbrosetten ausgefüllt, die Wände durch Pilaster und Nischen oder diesen entsprechende Öffnungen gegliedert. Als ich diesen Raum das erste Mal sah, dachte ich an Gotik und portugiesischen Einfluß. Seit ich weiß, daß das Kreuzgewölbe schon im 14. Jahrhundert in Indien heimisch ist und auch an Hindubauten auftritt, ist dieser Verdacht hinfällig geworden. Der Meister des Man Mandir, unbestritten einer der selbständigsten und bedeutendsten Architekten des mittelalterlichen Indien, ist der erste und einzige, der den Formgedanken des Kreuzgewölbes aufgreift, um etwas Neues, in seiner Art gewiß Schönes daraus zu machen. Später kommt das Kreuzgewölbe meines Wissens überhaupt nicht mehr vor.

Spuren irgendwelcher Bemalung der Innenräume habe ich nicht finden können. Es scheint also, daß man auf die Wirkung des Steins rechnete und dessen gebänderte

') Le Bon bringt in seinem Werk, La civilisation des Indes, Paris 1887, Tafel bei S. 340, einen farbigen Wiederherstellungsversuch, der die grosse Front von unten bis oben mit farbigen Fliesenmustern und buntem Anstrich bedeckt sein läßt. Worauf er sich gründet, weiß ich nicht. Hätte die Front wirklich so ausgesehen, so wäre sie selten scheußlich gewesen.

') Eine gute Innenansicht dieses wundervollen Raumes gib Havell, Indian architecture PI. LXV.

  • 2) Einen Schnitt nebst Untersicht der Decke gibt La Roche, Indische Baukunst 1922, Bd. V Abb. 249.

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