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0064 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 64 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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bildet eine Einheit. Die Bauten kehren einander ihre Fronten zu und die Zwischenräume sind die verbindenden Höfe. Die Verbindung ist augenfällig gemacht durch einen flach in die Marmorplattform eingetieften Kanal, der sämtliche Bauten und Höfe in der Nordsüdachse durchzieht und ihnen kühlendes Wasser zuführte. Im mittelsten Bau, dem Rang Mahal, vereinten sich die beiden Hälften des Kanals, auf dessen glitzerndes Band die Marmorhäuser aufgereiht erscheinen „wie Perlen auf einer seidenen Schnur", in einem reliefierten Becken. Das Wasser floß aus ihm im rechten Winkel dem Garten zu und fiel über eine Nischenwand in ein eingetieftes Becken, uni so die westöstliche Hauptachse aufzunehmen und sichtbar mit der Nordsüdachse der Plattform zu verknüpfen (Tafel 66). Nach dem Burginnern hin lagen vor den Bauten einzelne durch Quertrakte voneinander getrennte Gartenhöfe. Während sie also durch die Plattform mit dem Kanal zu einem Ganzen verbunden erscheinen, besitzen sie ihre besonderen Garten- oder Hofräume — oder besaßen sie, besser gesagt, denn die trennenden Trakte sind nieder-

gelegt.

Der in der Hauptachse hinter dem Diwan-i-Am allseitig frei stehende, auch ursprünglich an keinen anderen Teil angelehnte Rang Mahal ist eine nach dem Fluß und nach dem Garten offene fünfschiffige Halle von drei Jochen Tiefe, deren die flache Decke tragende Zackenbogenarkaden sich in Quer- und Längsrichtung über stämmige Kreuzpfeiler spannen (Tafel 66). An beiden Schmalseiten wird die Halle von Dreiraumgruppen gefaßt, die merkwürdigerweise mit ihr nicht durch Türen verbunden sind, sondern nur von außen betreten werden können, es sei denn, man ginge im Bett des die mittleren Offnungen in voller Breite ausfüllenden Kanals (s. Grundriß Tafel 60 unten rechts). Die Hauptfront nach dem Gartenhof ist im Grunde also wieder eine Tatscharafassade, die Flußfront ebenfalls, doch sind deren Arkadenöffnungen mit Gitterwänden zugesetzt und als solche von außen nicht wirksam. Der Saal ist der starken Pfeiler halber weit weniger durchsichtig als der Diwan-i-Am, wirkt aber ungemein malerisch, wozu in erster Linie die Lichtführung beiträgt. Der spiegelnde Marmorfußboden wirft das einfallende Licht auf die Untersichten der Bogen und die Decke. In Zeiten, da klares Wasser durch das Bett des Kanals rieselte, sich in das prachtvoll reliefierte Becken mit seinem Springbrunnen ergoß, muß die Wirkung des Lichtes noch eine ganz andere gewesen sein. Dazu muß man sich die Pfeiler mit ihren Flachnischen, die Arkadenzwickel, die Decke auf weißem Grund mit Blumen bemalt, denken. Spuren dieser Malerei sind auf den Pfeilern noch erkennbar. Den oberen Teil — Bogen und Decke — deckt heute weiße Tünche. Der Bau verdankt übrigens seinen Namen

Rang Mahal, was gemeinhin mit „Bemalter Palast" übersetzt wird, kaum dieser verschwundenen Malerei, die ihn

nur den übrigen erhaltenen Bauten der Flußplattform mit

ihren in farbigen Steineinlagen oder Malerei mit Blumen-und Rankenwerk geschmückten Wänden und Decken gleich

machen würde. Rang Mahal bedeutet im Hindustani ein

Gebäude, in dem es „bunt" hergeht, in dem man sich vergnügt, ein Lusthaus also, und der Name deutet den Zweck

anl'). Vor dem Rang Mahal breitet sich ein kleiner Vierungsgarten, ein Tschar Bagh aus, dessen Achseiikanäle mit den begleitenden plattenbelegten Gangbahnen und dem aus quadratischen Becken in der Mitte sich erhebenden Tschabutra sich erhalten haben.

1) Shakespear, Dictionary Hindostani and English u. Thompson,

Hindee Dictionary (2.) 1870. vgl. rang karua = sich freuen, ein vergniigtes Leben fuhren.

Nördlich des Rang Mahal steht der Chas Mahal, der sonderbarerweise auch als Tasbih Chane bezeichnet wird, obwohl er sicher nicht dein durch diesen Namen (Tasbih = Gottesverehrung) angedeuteten Zweck als Bethaus oder Hauskapelle diente, sondern die eigentlichen Wohnräume des Kaisers umschloß, was die anderen üblichen Namen Chwabgah oder Baithak — andeuten. Nach Süden, gegen den Rang Mahal hin, öffnet er sich in einer fünfjochigen Tibari in voller Breite der Plattform, nach Norden in einer schmäleren, beiderseits von geschlossenen Räumen flankierten Halle. Zwischen beiden Tibaris liegt der Kern des Hauses, ein größerer Mittelsaal, an den sich im Osten und \Vesten kleinere Gemächer legen, das östliche durch eine breite Offnung mit einem halbachteckigen, von Gitterwänden zwischen Säulen begrenzten Raum verbunden, dem vor die Flucht der Burgmauer herausgebauten Musamman Burdsch (s. Grundriß Tafel 60).

Die Front der Südhalle gibt Tafel 67, eine der schönen Säulen mit zwölfkantigem Schaft auf der hohen Pyramidenstumpfbasis und dem eleganten Kämpferkapitell Tafel 7?. Als Raum ist sie einer der schönsten des Palastes, und die Aufteilung ihrer 19 m langen Rückwand mit der breiten rundbogigen Mittelöffnung, den Rechtecktüren mit den gleichfalls rechteckigen, durch prachtvolle Marmorgitter geschlossenen Fenstern darüber in den Seitenteilen ist bei aller Einfachheit in den Verhältnissen sehr gut (Tafel 68). Allerdings trägt zur feinen Stimmung wesentlich bei, daß die Bemalung in den Farben etwas ausgeblichen ist. Die ursprünglich stärkere Farbigkeit und das aufdringlichere Gold der Flachnischenränder standen wahrscheinlich kaum so harmonisch auf dem jetzt gelblich nachgedunkelten Marmorgrund. In den Innenräumen wirkt die in den Tönen ungebrochene Bemalung unruhig, namentlich in den Seitenräumen, in denen sie großmustrig ist und in unangenehmem Gegensatz zum feinlinigen Einlegeschmuck der Sockel steht (s. Tafel 70). Der große Mittelraum, den der im Norden unter einer prachtvoll gearbeiteten Marmordschali einströmende Kanal in zwei nur getrennt benutzbare Hälften zerschneidet, kann eigentlich nur aus der Mitte des Kanalbettes, also von einer praktisch nicht betretbaren Stelle aufgefaßt werden (Tafel 67 und 69). Seinen heute gebräuchlichen Namen Misan-i-Adal, d. i. Wage der Gerechtigkeit, fuhrt er von dem vergoldeten Relief einer Wage mit Halbmond und Sternen, das im inneren Rundbogenfeld über dem großen marmornen Fenstergitter steht.

Nach dem Hinduplan müssen sich an die Westseite des Chas Mahal zwei Flügel angeschlossen haben, die einen sehr schmalen Hof zwischen sich einschlossen und den Garten vor dem Rang Mahal von einem weiteren größeren, im Osten vom Diwan-i-Chas, im Norden vom Badgebäude

und der Palastmoschee, dem Moti Masdschid, begrenzten Hof trennten. Auf dem Fanshaweschen Plan führt dieser Teil des Palastes die Bezeichnung Dschalau Chane. Dschalau bedeutet Gefolge, Dienerschaft usw., Dschalau Chane sind also die Räumlichkeiten, wo sich das Gefolge aufhält.

Seiner Zweckbestimmung nach entspricht das Delhier Dschalau Chane dem Matschhil Bhawan in Agra' ). Wie dort liegen an diesem Hof der Diwan-i-Chas, das Bad des Sultans und die Privatmoschee. Dem Delhier Chas Mahal entspricht in Agra nach Lage und Bestimmung der Musamman Burdsch, dem dortigen Chas Mahal der Rang Mahal in Delhi, der demnach zweifelsohne zum Senana gehörte. Die Leibsklaven, die ich mir in Agra in den kleinen Räumen um den Matschhi Bhawan wohnen denke, hatten :n Delhi aller Wahrscheinlichkeit nach in dem schmalen,

' ) Fanshawe erkliirt Dschalau Chane als „Ort des Glanzes``. a. a. O. S. 3.3.