National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF Graphics   Japanese English
0015 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 15 (Grayscale High Resolution Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000274
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

5

kleinen, der Dschainasekte zugeschriebenen Wohnhöhlen in den Udajagiri- und Khandagiribergen der Landschaft Orissa, die zum Teil noch dem 2. vorchristlichen Jahrhundert angehören sollen. Das im Felsraum nachgebildete Vorbild ist allem Anschein nach ein breites, wenig tiefes, flachgedecktes Pfostenhaus mit einer Vorhalle, von der aus man die nebeneinandergereihten Räume betrat. Andere Grundrißbildungen zeigen die Höhlen bei Dschunagadh auf der Halbinsel Kathiawar'). Sie alle wird man mit ihren mehr oder minder tiefen gesäulten Vorhallen, hinter denen die Wohnräume nebeneinander oder um einen größeren, bisweilen gesäulten Mittelraum liegen, als Pfostenhäuser der geschilderten Art erklären dürfen, deren Planbildung wohl keinem festen Schema unterlag. Für unbedingt nötig hat man offenbar die Vorhalle erachtet, die auch die kleinsten, nur aus einem geschlossenen Raum bestehenden Anlagen besitzen. Vorgreifend will ich bemerken, daß genau die gleichen Grundrißbildungen mittelalterlichen Häusern und Palastteilen auf der Burg von Tschitor und auf der Feste von Gwalior zugrunde liegen, wo das Bauverfahren, das erst die Pfosten mit der Decke

~

~

~

10Trt

9   .

Abb. B. Haus in

Tschilla (Bundelkand). Nach Cunningham.

aufstellt und dann nach Bedarf die Wände einfügt — ebenso wie wir es im modernen Geschäftshaus tun —, mit aller Deutlichkeit erkennbar ist.

Wo dieses Haus beheimatet ist, vermag ich nicht zu sagen. Das ebene Dach weist auf ein regenarmes Steppengebiet, auf Radschputana, wo es heute noch den Wohnhausbau beherrscht, oder Sind. Es ist aber durchaus nicht auf das eigentliche Indien beschränkt. Ein offenbar ganz verwandtes Haus hat Stein im Pamirgebiet beobachtet 2). Das Wesentliche ist wieder das Pfostengerüst, das die flache Decke trägt, und bezeichnend ist es, daß außer der einfachen Decke aus gleichlaufend gelegten Balken eine zweite Deckenkonstruktion vorkommt, die durch wechselndes Obereck- und Parallellegen von Hölzern den Schluß des Raumquadrates erreicht. Diese

benen inneren Teil bilden. Es ist also hier offenbar das Fassadenmotiv auf einen Baukörper angewendet worden, für den es nicht bestimmt ist. Die geschlossenen Eckräume sind vorgetäuscht.

Daß die persische Hausform in Indien Aufnahme fand und festen Fuß faßte, erklärt sich Oelmann daraus, daß es dort eine Hausform gegeben habe, die das Wesentlichste, den Säulensaal, ebenfalls besessen habe und so leicht habe verpersert werden können; es sei dies bodenständige indische Haus ein Pfostenhaus gewesen, dessen Erdgeschoß als allseitig offene Pfeilerhalle den vielstöckigen, nach oben in Form einer Stufenpyramide verjüngten Bau getragen habe, wie das die Raths in Mahawellipur zeigen. Oelmann verweist auf gewisse Gebäudeformen in Randgebieten Indiens, in denen er lebende Nachfahren dieses alten indischen Pf o s t en h au s es sieht, auf die buddhistischen Klöster (Kiaungs) in Birma und die Versammlungshäuser auf der Insel Bali, denen man die eng verwandten Häuser auf Sumatra, Celebes und Malakka anschließen könnte, — also Pfahlbauten.

Daß der indomalaische Pfahlbau für die Entstehung des vielstöckigen altindischen Wohnhauses, wie es die Reliefs von Barahat und Santschi vor Augen führen, möglicherweise in Rechnung zu stellen ist, will ich weiter unten ausführen. Es muß indessen, wie ich glaube, im alten Indien eine andere primitive Hausform gegeben haben, die ebenfalls durch die Pfostenhalle gekennzeichnet wird. Diese ist bei ihm jedoch nicht aus dem Pfahlrost hervorgegangen, der das eigentliche Haus über die Wasserfläche oder den feuchten tropischen Boden erheben sollte. Sie ist vielmehr selbst gleichsam der Rohstoff für die Raumbildung, eine an sich formlose, flach gedeckte, hypostyle Halle, aus der man durch Einziehen von Wänden zwischen den Stützen beliebig große rechteckige Räume abteilte. Die flache Balkendecke trug unmittelbar die Dachhaut und bildete — begehbar — ein wesentliches und wichtiges Wohnelement. War der Bau allseitig von Räumen umschlossen, so wurde es nötig, die Decke über einem der von vier Pfosten begrenzten Joche zu öffnen, um Luft und Licht einfallen zu lassen. Ein wohlerhaltenes Beispiel eines solchen Pfostenhauses steht in Tschilla in Bundelkand. Das Gebäude gilt als Palast der Helden Alha und Udal und ist, wie Cunningham meint, durch dieForm einiger wohl als Steinmetzzeichen eingemeißelter Buchstaben in das B. oder 9. nachchristliche Jahrhundert datiert 1). Es ist ein einstöckiger niedriger Steinbau, dessen Decke von vierkantigen Pfeilern getragen wird. Abb. 8 gibt den Grundriß nach Cunninghams Aufnahme. Man erkennt deutlich das Prinzip der Planbildung: die 36 im Quadrat stehenden Pfeiler mit der flachen Decke sind das Primäre. Die einzelnen Räume sind durch Schließen der Pfeilerzwischenräume gewonnen : eine zweisäulige Vorhalle

mit rechteckigen Zimmern an ihren Seiten und fünf Kammern auf der Rückseite. Übrig bleibt ein unregelmäßiger

Pfeilersaal in der Mitte, der durch ein offen belassenes

Joch Licht erhält. Das Haus in Tschilla ist allerdings um ein Jahrtausend jünger als die Zeit, die uns hier be-

schäftigt. Es ist aber meines Erachtens nebst den zahl-

reichen modernen in dieser Art gebauten Häusern, auf die ich noch zu sprechen kommen werde, der Nachfahre des

Hauses, das meiner Ansicht nach den Felsenklöstern der

westlichen Ghats eigentlich zugrunde liegt, von denen eine Reihe den persischen Grundriß nicht zeigt und der Urform

demnach wohl noch näher steht als das Haus von Tschilla mit seiner regelrecht ausgebildeten „Hilanifassade". Einfachere Beispiele dieses Hauses bieten die

1) Arch. Surv. Ind. vol. XXI 1885, S. 9 f., PI. V.

') Fergusson und Burgess, Cave temple of India, pl. II. 2) Stein, Ruins of desert Cathay I, S. 48.

2*