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0049 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 49 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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tektur nicht umstimmen. Die Ornamentik, die wieder in wundervoll feiner Arbeit die Stützen und Wände der Innenräume iiberspinnt, ist zwar in der Hauptsache islamischer Herkunft: Polygonalmuster und echte Arabesken, indisch bleibt aber die Art ihrer Anwendung. Die Pilasterbasen zeigen die indische Vorstufe des später an dieser Stelle beliebten Zackenbogens, den unverkennbaren "l'schaitjagiebel, den Kudu Südindiens (s. Tafel 36 unten).

Im Unterschied zu allen übrigen Wohnbauten in Fathpur Sikri, die entweder frei i n einem Hof stehen oder a n eine Hofwand gestellt erscheinen, ist der Palast der Dschodh Bai 1) ein eigentliches Hofhaus (Grundriß s. Tafel 34 unten). Vier gleichwertige Flügel umschließen einen rechteckigen Hof. In den Achsen erheben sich zwei-oder teilweise dreigeschossige Bauteile, die als Vorlagen nach dem Hof heraustreten (s. Tafel 35). In den Ecken sind die dort quadratischen Räume ebenfalls im Obergeschoß wiederholt und mit Kuppeln gedeckt. Die zwischen Ecken und Mittelbauten liegenden Teile sind einstöckig und bilden im Obergeschoß die Dachhöfe. Hofflächen sind

weiter im Obergeschoß vor den Achsenbauten, die nur im hinteren Teil hochgeführt sind, geschaffen. Wir haben also wieder das Stufenprinzip aber auf ein Hofhaus angewendet, und zwar völlig symmetrisch. Sehen wir uns den Grundriß näher an. Der östliche Achsenbau enthält im Erdgeschoß den Eingang und tritt — nach außen – - als Vorlage mit geschrägten Ecken in einen kleinen Vorhof mit einem Wachraum. Durch die Portalnische tritt man in eine gesäulte Torhalle (1), kann aber nicht geradeaus in den Hof gelangen, sondern wird in einem Gang zwischen den gemauerten Bänken für die Palastwache zweimal um die Ecke geführt. So soll, allgemein orientalischem

Brauch entsprechend, verhindert werden, daß jemand beim Öffnen der Haustür von außen ins Innere des Hauses auf den Hof blicken kann. Der Inder hat für die Wand, die den unbefugten Einblick hemmt, heute die persische Bezeichnung Perda. Dem Torbau entsprechen die drei anderen Achsenbauten im allgemeinen, sind aber doch untereinander verschieden. Ungefähr gleich ist ihm in Planbild und Aufbau der gegenüberliegende westliche. Die Perdawand fehlt selbstverständlich, ebenso der Durchgang, aber die niedrige Säulenhalle 3 geht zwischen den flankierenden Treppenhäusern und zwei kleinen Seitenräumen bis an die Außenwand durch. Auch die Entwicklung im Obergeschoß ist ähnlich. Beidemale liegt dort eine nach dem Hof offene Tibarihalle und vor ihr über den Treppenhäusern stehen sechssäulige Tschhatris. Im Unterschied dazu sind die Tibaris (2 und 4) des nördlichen und südlichen Achsenbaus höher und weniger tief. Hinter ihnen liegen in zwei Stockwerken dreitürige Breiträume (2a und 4a), aus deren oberen man durch die Türen auf Balkone in die Tibari hineintreten und hinuntersehen kann. Beiderseits von 2a liegen wieder die kleinen Breiträume, die wir auch zu Seiten von 1 und 3 finden. Beim südlichen Achsenbau sind sie durch zwei Gänge weggestoßen, die zu

zwei kleinen Höfen A und B mit Bädern und Aborten führen. Statt der flachgedeckten Tibaris erheben sich liber 2a und 4a als drittes Geschoß freistehende einräumige Aufbauten, die mit Kielbogentonnen geschlossen sind, nicht Gewölben, sondern holzmäßig aus gekurvten Steinsparren mit eingespundeten Steinbohlen hergestellten Decken (Abb. 31). Darin lebt ohne Zweifel das alte indische Tonnendach mit seinen gebogenen Bohlensparren weiter, das im 16. Jahrhundert höchstwahrscheinlich auch noch in Holz ausgeführt wurde; wenigstens möchte man das aus der völlig holzmäßigen Behandlung des Steines schließen. Daß der Architekt sich seinen Raumgedanken aus den alten buddhistischen I4öhlentschaitjas holte, wird man ebenso wenig glauben können wie die unmittelbaren Beziehungen zwischen dem Pandsch Mahal und den Stufenwiharas. Beidemale schöpfte er aus der Quelle der ununterbrochenen Überlieferung. Die Bohlensparrendächer sind mit Gußmauerwerk äußerlich zu geradflächigen Satteldächern abgeglichen und bilden so eigentlich das stehengebliebene Lehrgerüst für die nun tatsächlich ent

stehenden Gußgewölbe. Vor diesen Tonnenhäusern stehen über den Treppenmassiven wieder Tschhatris wie auf den beiden anderen Achsenbauten. Räumlich streng gesondert von den Achsenbauten sind im Erdgeschoß die Raumgruppen, die die Hofecken umfassen. An die quadratischen Eckräume (5 bis 8) schließen sich im Winkel

jederseits Tibaris (9 bis 16) an, an deren anderem Ende ihnen kleine Zimmer entsprechen, wie sie zweitürig wegen der Zweischiffigkeit der Tibaris. Jede Hofecke wird also von einer in

Abb. 31. Palast der Dschodh Bai in Fathpur Sikri.

Schnitt durch den Obergeschossraum des nördlichen Achsenbaues.

sich geschlossenen Raumgruppe umfaßt, die aus dem quadratischen Eckraum, zwei Tibaris und zwei kleinen Räumen besteht, also jedesmal eine selb

ständige Wohnung bildet. Über den Eckräumen stehen auf der Dachplattform einräumige Aufbauten mit Zweischalenkuppeln, wie sie die Obergeschoßräume von Radscha Birbals Haus decken. Sie sind nur über die Dachplattform von den Achsenbauten aus zu erreichen, standen also wie diese wohl nur bevorzugten Bewohnerinnen zu Gebote, die von den vergitterten, nach außen gehenden Dschharokas aus auch ungesehen an Vorgängen außerhalb des Palasthofes teilnehmen konnten. Dazu diente noch ein Anbau an der Nordseite, der Hawa Mahal, das „Windhaus". Es ist das ein zweistöckiger Säulenbau, der seinem Wesen nach nichts anderes ist als der Pandsch Mahal. I)er Name drückt aus, was man suchte: frische, bewegte Luft, und es ist bezeichnend für dieses Bedürfnis, das den Inder zum Stockwerks- und Stufenbau führte, daß ein Hawa Mahal häufig bei Palastbauten erscheint. Bekannt ist ja der „Windpalast" in Dschaipur, dieses seltsam phantastische Stück neuindischer Baukunst (s. Tafel 139).

Gedeckte zweistöckige Gänge verbinden oder verbanden den Palast der Dschodh Bai mit dem Chwabgah, mit dem nördlich gelegenen Senanagarten und anscheinend über diesen hinaus mit dem Hiran Minar. Sie sind wie die übrigen größtenteils neuerdings weggerissen worden, weil man glaubte, die Bauten so zu besserer Wirkung zu bringen.

1) Den Namen fiihrt das Gebäude fälschlicherweise nach einer der Frauen Dschehangirs, einer Prinzessin von Dschodhpur.