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0046 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 46 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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und wird vom Mahapadma, dem Lotuskelch, und dem Kalasa, der vasenförmigen Spitze, bekrönt. Durch Treppen an der südlichen Rückwand sind die unteren Geschosse verbunden, die oberen durch frei aus Steinplatten aufgestellte luftige Stiegen. Spuren weisen darauf hin, daß die Randinterkolumnien der Hallen früher größtenteils mit steinernen Gitterwänden zugesetzt waren. Sie schützten die Senanadamen, die auf dem seltsamen Stufenbau die Aussicht und vor allem die frische bewegte Luft genossen, vor dem Gesehenwerden. Man schlief wohl auch während gewisser Jahreszeiten oben, je nachdem in den Hallen oder auf den Plattformen unter freiem Himmel. Im Erdgeschoß waren einige Räume durch dünne Wände aus senkrecht gestellten Steinbrettern abgeteilt. Vom Chwabgah fiihrt eine zweigeschossige Wandelhalle zum Pandsch Mahal, so daß der Kaiser in dessen erstes Obergeschoß ebenen Schrittes aus dem Oberstock seines Schlafhauses gelangen konnte. Ein Zugang besteht auch aus dem Patschisihof, aus dem man einige Stufen heraufsteigt.

Die Vorbilder des Pandsch Mahal hat neben anderen Havel! in den hypothetischen altbuddhistischen Wiharas gesucht. So weit braucht man nicht zu gehen. Der Pandsch Mahal steht als Stockwerks- und Stufenbau nicht allein. Er beruht auf nichts anderem als auf der Anwendung des im indischen Hausbau seit alters herrschenden Stufenprinzips auf einen mehrstöckigen Hallenbau, der so und nicht anders ausfallen mußte. Es mag solcher gestufter Hallenbauten in und vor Akbars Zeit viele gegeben haben., und zwar aus Holz aufgeführt. Ibn Batuta erzählt uns von mehrstöckigen Holzpavillons, die zu festlichen Gelegenheiten errichtet wurden und auf deren Plattformen Sängerinnen und Tänzerinnen ihre Künste ausübten 1). Von einem mehrstöckigen Pavillon aus Holz und Ziegeln, in dem der König dem Dosarafest beiwohnte, berichtet der Portugiese Nuniz bei der Beschreibung von Widschajanagar. Man wird sich darunter ohne Zweifel Stufenkanten vorzustellen haben. Der Pandsch Mahal verdeutlicht an1erdem das Wesen des indischen Pfostenhauses, dessen Räume durch Einziehen von Wänden in den Stützenzwischenräurnen in beliebiger Größe gewonnen werden.

Ein Pfostenbau anderer Art ist die Ankh Mitschauli mit den Arbeitsräumen des Kaisers, die (Tafel 32, oben links) auf einer teilweise überwölbten Plattform westlich des Diwan-i-Chas steht. Drei rechteckige Säle sind U-förmig um einen kleinen Vorplatz gelegt, der statt der zu erwartenden Tibarihalle den Zugang zu allen dreien vermittelt. Tschhadscha und Zinnenkranz bekrönen das im iihrigen einfach gehaltene Bauwerk. Die verbreitete Erklärung. das Gebäude sei eine Art Labyrinth. in dessen Gängen .Akbar mit seinen Damen Blindekuh gespielt habe 2), beruht auf der falschen Auffassung der Bauart der Wände. Sie sind doppelt, so daß man in engen Gängen um sämtliche Zimmer herumgehen kann. Man erkennt den Baugedanken: jeder Raum ist durch eine rechteckige Pfostenstellung selbständig gewonnen. ein weiterer Pfostenkranz ist um den ganzen Bau außen herumgestellt. Die Zwischenräume sind je nach Bedarf durch Steinbohlen — ganz in der Art des Riegelbaus — geschlossen oder als Fenster und Türen offen belassen. Auf den so entstehenden Kastenwänden liegen die Decken, wie das der Schnitt auf Tafel 34 verdeutlicht. Man sieht, wie über den Tiirsturzen Platten liegen als Sohlbänke für vergitterte Oberlichter. Über diesen sind die Wände massiv, d. h. die

wie Möbel in einem Zimmer. Jede Halle, jeder Bau ist für sich da, will als Einzelstück gewertet werden. Das obere Bild auf Tafel 30 verdeutlicht am besten, wie ich das meine. Die Wirkung ist aber mit größtem künstlerischen Feingefiihl berechnet, dem Gefühl für das Körperliche des Baues, das beim indischen Architekten eben wesentlich stärker ist als das Gefühl für das Räumliche. Man soll um die Bauten herumgehen und -sehen, zwischen sie hinein- und zwischen ihnen durchblicken können, aber nicht sich von ihnen umschlossen fühlen. Wo das anders ist wie beim Karawanserai, der Münze mit ihren Backsteingewölben und dem Palast der Dschodh Bai, macht sich stärker oder schwächer persischer Einfluß geltend, der allerdings in Fathpur Sikri sehr bescheiden zuriicktritt. Den Architekten, der den Gesamtplan schuf, nennt uns keine der wortreichen Chroniken aus Akbars Zeit. Sicher aber war er ein Inder, ebenso wie die ausfiihrenden Kräfte, die ihm zur Verfügung standen, und sein in Dingen der Kunst wie in allem andern großdenkender Bauherr hat ihn frei schaffen lassen, wie er es gewohnt war, ohne ihn durch Wünsche, die auf Befolgung der dem Kaiser sicher näher liegenden persischen Bauideale abzielten, in irgendwie nennenswerter Weise einzuengen. Fathpur Sikri zeigt. wie ein Inder nach seinen ererbten Idealen die Aufgabe löste, einen Palast für einen islamischen Herrscher zu schaffen nach einem Programm, das seit den Tagen der Abassiden feststand.

Im einzelnen bietet Fathpur Sikri eine wahre Musterkarte verschieden gestalteter Wohnbauten. Ich will im Folgenden nur eine kleine Anzahl von ihnen wegen ihrer besonderen Form herausgreifen. Die wichtigsten habe ich auf Tafel 34 nach Smiths großen Plänen verkleinert zusammengestellt.

Ein bauliches Gebilde ist es, das vor allen anderen das Bild von Fathpur Sikri bestimmt, der Pandsch Mahal. Der, wie sein Name sagt, fünfstöckige Bau steht auf einer niederen Plattform einseitig angelehnt in der Südostecke des nördlich vom sogenannten Hospital begrenzten Hofes. Er erhebt sich somit ungefähr in der Mitte der im großen und ganzen flach hingestreckten Gebäudegruppen und beherrscht nebst dem hohen Moscheetor deren Umriß. Fünf Hallen sind aufeinandergestellt. Jedes Geschoß bedeckt weniger Flüche als das nächstuntere und ist gegen dieses nach zwei Seiten zurückgesetzt. Es treppt sich also der Bau mit immer kleiner werdenden Hallen nach der Hofecke hin ab (Tafel 31). Vierundachtzig rote Sandsteinsäulen bilden die im Grundriß rechteckige unterste Halle, sechsundfünfzig die zweite (auf Tafel 34 rechts oben), die dritte zwanzig, zwölf die vierte, und eine kuppelüberdeckte viersäulige Tschhatri bildet das fünfte und oberste Geschoß. Ober Sattelkreuzkapitellen tragen die namentlich im zweiten Geschoß sehr reizvoll und mit großer Mannigfaltigkeit geschmückten, größtenteils achtkantigen Säulen mehrschichtige gekreuzte, d. h. auf Gehrung gestoßene steinerne Architrave, auf denen die enggefugten steinernen Deckenplatten ruhen (Tafel 30 unten). Brüstungen umschließen die so gebildeten Plattformer!, in den Mittelgeschossen Mauern, die nach außen in Relief aufgeblendet den Kangara, den Zinnenkranz zeigen, zu dem nach dem Kanon der nordindischen Formenlehre ein weit ausladender Tschhadscha gehört. Statt dieser stark zusammenhaltenden Gürtel stehen auf den horizontal ausgekragten Rändern des untersten und obersten Stockwerkes leichte durchbrochene Steingeländer. Die über dem ganzen thronende Tschhatrikuppel setzt wie üblich faber dem Tschhadscha mit einem Kangaraviereck an. geht ins Achteck über, dann ins Rund

  1. Mzik, Ibn Batuta S. 120.

  2. Ankh Mitschauli (pers. samanak) = Blindekuh.