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0041 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 41 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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im Norden und Süden schmale. durch steinerne Gitterfenster erleuchtete Galerien (13 und 14), von größeren Räumen aber nur zwei., 11 und 12, jeder mit einem Nebenzimmer, auf der West- und Ostseite. Auf einer Treppe konnte man in der Südwestecke des Hofes zum Untergeschoß gelangen. Ebendort und in der diagonal gegenüberliegenden Hofecke steigen enge Treppen zum Obergeschoß hinauf (Abb. 30 b). Dort liegen zwei in sich geschlossene Wohnungen mit drei Höfchen E, F und G, insgesamt zwölf meist kleinen Zimmern (24 bis 35), einer langen Halle (29), Bädern und Aborten. Dazu gehört der lange Gang 38, aus dessen Wänden steinerne Haken in Form aufgebogener Vogelhälse mit Köpfen herausstehen, sogenannte Totas (Papageien), an denen man seine Kleider aufhing. Der Gang ist also die Garderobe'). Eine weitere gesonderte Wohnung liegt über den den Küchenhof umschließenden Hallen und der Galerie 14. Sie hat fünf Zimmer, eine lange Tibari, Bad und Abort, und über der Halle 18 ihren langen schmalen Hof, der durch hohe Wände gegen den Einblick vom Küchenhof gesichert ist. Treppen führen weiter zu den in verschiedenen Höhen liegenden, wiederum in einzelne Höfe abgeteilten Dachterrassen empor, auf denen die Bewohner in den heißen Nächten schliefen. In der Regenzeit hielt man sich sicher mit Vorliebe in den Tschhatris auf, die die Rundtürme bekrönen und durch Schirmwände mit Gitterfenstern untereinander verbunden sind. Daß man in ihnen auch schlief, bezeugt uns Ibn Batuta, der für diese auf der Dachfläche errichteten offenen Pavillons die Bezeichnung Chorremgah, d. h. „angenehmer Ort", anführt 2).

Fragt man sich darnach, wie der Man Mandir bewohnt wurde, so ist die Scheidung zwischen dem Kavalierbau und dem Wohnbau klar. Diente dieser nur dem Fürsten als Staatswohnung oder umschloß er auch Frauengemächer? Ich möchte letzteres glauben und halte den Hof A mit den drei großen Sälen für den Ort, in dem der Fürst sich aufhielt, wo er vertraute Besuche empfing, während ich im Hof B die Wohnung der Hauptfrau und ihrer Dienerinnen sehe, also das Senana. Die Einrichtung, die versteckte Art des Zuganges, die Nebenwohnungen im Obergeschoß, die abgeteilten Dachhöfchen deuten unverkennbar darauf hin. Man Singh besaß am Fuß seiner Burg ein zweites Frauenhaus, den erwähnten Gudschari Mahal. Polygamie ist bei den Radschputen zwar Sitte wie im übrigen Indien, aber eine Frau nimmt unbestritten den Hauptrang ein, und der möchte ich in Gwalior die Wohnung im Burgpalast zuschreiben.

Vergleicht man den Man Mandir mit Kumbha Ranas Palast in Tschitorgarh, so entspricht er diesem wohl in den allgemeinen Zügen seiner Anlage. Die Dreigliederung in den Außenhof, den für den Fürsten bestimmten Teil und die Wohnung der Familie ist die gleiche. Aber abgesehen davon bestehen grundlegende Unterschiede. Einmal ist die Aufteilung im großen mit durchgehenden Mauerzügen in mehrere Rechtecke klar und bestimmt. Die Räume stehen weiter um die von ihnen umschlossenen Höfe in den Hauptachsen und kehren ihnen peinlich symmetrisch durchgebildete, verschieden gestaltete aber gleichwertige Fronten von gleicher Höhe zu. Die Höfe A und B werden so zu wirklichen Räumen, rechteckigen oder quadratischen Oberlichtsälen. Der in der Tat auch hier vorhandene stufenförmige Aufbau wird sowohl nach

außen wie nach den Höfen durch die gleichhohen Abschlußwände verdeckt und ist nicht das herrschende Prinzip wie in Tschitorgarh. Hinsichtlich der Verbindung der Räume und Höfe gelten allerdings dieselben Grundsätze. Jeder Raum besteht für sich und ist höchstens mit einem Nebengemach wirklich räumlich verbunden. Durchgangsachsen fehlen vollkommen und sind anscheinend ängstlich vermieden. Mittelpunkte der Raumgruppen sind die Höfe, aus denen man in die einzelnen Säle und Hallen hineingehen und — sehen kann. Ein Herumgehen um die Höfe durch die Räume ist aber unmöglich. Es sind das Grundsätze, deren Durchführung man in Gwalior das erste Mal beobachten kann, ohne daß sich sagen ließe, ob sie auch vorher irgendwo in Indien im Wohnbau bereits Geltung hatten, die sich aber in der Folgezeit mehr und mehr durchsetzen, ohne indessen die freie, zwanglose Gestaltung von Plan und Aufbau, wie wir sie in Tschitorgarh festgestellt haben, ganz zu verdrängen.

Seinen Ruhm als schönster mittelalterlicher Palast Indiens verdankt der Man Mandir vor allem seinen getürmten Außenfronten auf der Ost- und Südseite, die schon der Begründer der Moguldynastie, Baber, bewunderte, als er 1527 auf Gwalior weilte., während er für die Anlage des Palastes und die Räume nicht viel Lob übrig hat') : „Ich begab mich nach allen Palästen Mansings und Bikermajets. Sie sind sehr schön, ungeachtet ihrer regellosen Bauart 2). Sie sind aus lauter behauenen Steinen aufgeführt. Mansings Palast ist der höchste und glänzendste. Eine Seite desselben ist gegen Morgen gerichtet. Sie bildet den am meisten verzierten Teil des Ganzen, ist 40 oder 50 Gez hoch und völlig von behauenen Steinen aufgeführt. Die Vorderseite ist mit weißem Gips belegt. Einige der Gebäude sind vier Stockwerk hoch. Die beiden unteren Geschosse sind sehr dunkel, doch kann man nach einigem Verweilen alles deutlich genug darin erkennen. Ich besuchte sie mit Licht. Ein Teil dieses Palastes besteht aus einem Gebäude mit fünf Kuppeln, welche von einer Anzahl kleinerer Kuppeln umgeben sind. Von den kleineren befindet sich nach indischer Art auf jeder Seite der größeren eine. Die fünf großen sind mit vergoldeten Kupferplatten bedeckt. Die Außenseite der Mauern ist rund herum mit grün gemalten Ziegeln eingelegt, welche Pisangbäume bilden. Im Turme des östlichen Flügels ist das Hatipul." — Nach dessen Beschreibung kommt Baber auf die Wohnräume zu sprechen : „Im zweiten Stock sind die Wohnzimmer.... Obgleich alle indische Geschicklichkeit darauf verwendet wurde, sind es dennoch nur unbehagliche Orte."

Die Gliederung und der Schmuck der hohen fensterlosen Fronten nach Osten und Süden ist in der Tat ein Meisterstück. Die runden Türme teilen Rücklagen ab, deren Mitten durch kleine austretende Erker in der obersten Zone wieder betont werden. Nach oben in Reichtum der Formen und Pracht der Farben sich steigernd, legen sich horizontale Schmuckgürtel durchlaufend über Türme und Rücklagen (s. Tafel 12). Die unteren drei durch kräftige Rundstäbe getrennten Geschosse sind ganz glatt und schmucklos. Dann folgt ein von Kreis- und Schuppenfriesen begrenztes breites Palmettenband, weiter ein mehrgliedriges Gesims, auf dem eine Blendarkade mit gewundenen

  1. Solche steinerne Kleiderhaken finden sich auch in Fathpur Sikri, z. B. im sogenannten 'Hospital. Smith, Fathpur Sikri I (Arch. Surv. Ind. N. I. S. XVIII 1894) S. 28.

  2. Mzik, Ibn Batuta S. 89 f.

  1. Denkwürdigkeiten des Zehir-Eddin Muhammed Baber, Kaisers von Hindustan. Nach der englischen Uebersetzung des Dr. Leyden und W. Erskine deutsch bearbeitet von A. Kaiser. Leipzig 1828. S. 578 f.

  2. Kaisers Uebersetzung ist mitunter nicht korrekt. So gibt er Erskines „They are singularly beautiful palaces, though built on different patches and without a regular plan" abgekiirzt wieder.