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0047 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 47 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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des Seltsamen in dem an baulichen

so   reichem   Architekturmuseum
der Diwan-i-Chas (Tafel 34), ein mit Türen in den vier Seitenmitten,

wenn man nach Havell noch eine größere Mitteltschhatri ergänzt, um das „Pandschratna" herzustellen 1).

Das Haus der Rumi Sultana ist eine der reizvollsten Schöpfungen nordindischer Wohnbaukunst aller Zeiten (Tafel 33). Der kleine Bau steht in der Nordwestecke des Mahal-i-Chas-Hofes und umfaßt mit seinen anschließenden Hallenarmen ein quadratisches Wasserbecken, von dessen Rändern schmale Bröckchen zu einer Plattform in der Mitte führen, eine ähnliche Anordnung wie im Diwan-i-Chas. Von dieser Plattform soll das Häuschen gesehen werden. Über der Ecke des Wasserquadrates und sich in seiner dunklen unbewegten Flut spiegelnd entfaltet es seine heimlichen Reize. Es ist nichts weiter als e i n Raum, ein kleines Gemach von 4 m im Quadrat, flachgedeckt, mit vier Türen in den Mitten der Wände, einer Vorhalle auf der Westseite und einer gesonderten., U-förmig herumgelegten Säulenhalle auf den drei anderen Seiten. Spuren zeigen, daß diese Ringhalle einmal durch zum Teil wohl vergitterte Wände geschlossen war und eine Anzahl von Nebenräumen enthielt. Doch sind diese wohl kaum von Anfang an vorgesehen gewesen; wenigstens spricht der üppige Schmuck der Säulen, der durch die Wände zum Teil verdeckt und beschädigt wurde, dagegen. Das Haus enthielt also alles das, was ein indisches Haus haben muß: den umschlossenen Raum, die offene Halle und den Hof davor, aber alles nur einmal. Die Raumansprüche der „türkischen Sultanin" waren, wenn sie je in dem Häuschen gewohnt hat, denkbar bescheiden, vergleicht man es mit den vielräumigen Villen, die den anderen Damen des Senana zur Verfügung standen. Die erwähnten Hallenarme verbinden das Haus der Rumi Sultana mit der sogenannten Mädchenschule im Westen und dem Chwabgah im Süden und verankern es mit dem Hofraum. Der Aufbau ist denkbar einfach: eine ebene Steinbalkendecke breitet sich über Zimmer und Westvorhalle, den Kern, während ein flach geneigtes Pultdach, etwas tiefer in Höhe des die Vorhalle umziehenden Tschhadscha ansetzend, über der Ringhalle liegt. Die Hallenstutzen sind fast durchgehends doppelt, d. h. ein vierkantiger Eckpfosten ist in Kapitellhöhe mit der dicht an ihn herangerückten Säule verbunden. Über diesen Doppelstützen liegt der durch Konsole in seiner freien Länge gekürzte Steinbalken, auf dem das steinerne Sparrenwerk des Pultdaches aufliegt. Völlig hölzern wie die Halle sind auch die Wände des Zimmers, Pfosten, die durch Riegel verbunden sind. Die rechteckigen Gefache sind durch Bohlen geschlossen oder als Tür oder Oberlicht offen belassen. Holzmäßig ist jede Fase, jede Kante jedes Profil, jedes Schnitzwerk. Es ist wie die altindischen Tschaitjafronten die wörtliche Abschrift eines Holzbaus, dessen rote Sandsteinpfosten, -balken und -bohlen gesägt, gefügt und genutet sind wie Holz. Man erwartet nur steinerne Nägel an Stelle der Holznägel — und auch die sind da, denn die hängenden gedrehten Zapfen unter den Konsolen der Kapitelle sind nichts Anderes als die schmückend behandelten Köpfe ursprünglicher Holznägel, wie sie sich auch im abendländischen Holzbau entwickelt haben. Das einzige, was an dem Vorbild nicht Holz war, ist das flache Erddach und die Hohlziegeldeckung des Pultdaches der U-förmigen Halle, die getreulich in den Stein gemeißelt ist wie das reich geschnitzte Traufbrett.

Die Formen sind im übrigen die gleichen oder ähnlichen, wie sie auch an anderen Bauten in Fathpur Sikri vorkommen. Die gedrungenen Säulen mit ihrem acht-

  1. Baber erwähnt in seinen Erinnerungen, er habe sich in einem Garten in Agra in einem achteckigen Pavillon aufgehalten, der der Kiihlung halber mit Khas-Gras bedeckt gewesen sei. a. a. O. S. 593.

  2. Akbar versuchte die religiöse Einigung seiner verschieden-gläubigen Untertanen durch die Einführung einer eklektischen Staatsreligion pantheistischer Richtung. Dieser Din-i-Ilahi, der „Göttliche Glaube", der Elemente des Islam, des Christentums, der Lichtreligion der Parsen und der irdischen Religionen enthielt, hatte dasselbe Schicksal wie der Sonnenkult Amenophis IV.

  3. „Haus der Verehrung".

  4. Elliot, History of India as told by its own historians. London 1873 vol. 5 S. 391. In den Iwanen saßen getrennt die Sejids, Ulemas, Schechs und Hofbeamten. Der Kaiser ging zu den einzelnen Gruppen und nahm an der. Disputationen teil. Das Ibadat Chane muß demnach wohl ein Vierliwanbau wie eine persische Medrese gewesen sein.

') Indian architecture S. 17(►.

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Kästen sind mit Gußmasse ausgefüllt, die auch die ganz holzmäßig hergestellten Steindecken hinterfüllt und die Dachplattform bildet. Die Decken der Seitenräume sind der Form nach Spiegelgewölbe oder im Scheitel gekappte Klostergewölbe. Sie sind aber nicht gewölbt, sondern aus krummen Steinbohlen mit steinernen Planken und Balken hergestellt. Ebenso ist die Decke des Mittelraumes mit ihren die Steinbalken stützenden Streben völlig holzmäßig konstruiert. Der Zweck der doppelten Pfostenwände ist wohl ein zweifacher. Schloß man die offen belassenen Gefache durch Teppiche, so erhielt man als Wärmeschutz ein Luftpolster wie bei einem doppelwandigen Zelt. Setzte man sie mit leichten Flechtwerkwänden zu, die mit frischem Gras ausgefüllt und benetzt wurden, so kiihlte sich die durchstreichende heiße Luft ab. Es ist das ein in Indien und im Irak übliches Verfahren, sich zur Zeit der unerträglich heißen Winde Kühlung zu ver

schaffen').

Das Seltsamste Merkwürdigkeiten Fathpur Sikri ist quadratischer Raum

zweigeschossig mit einer Decke, die auf einer mittleren Säule liegt. Diese Decke ist aber nicht vollständig. Sie ist so ausgeschnitten, daß eine umlaufende Empore und vier von den Ecken des Raumes nach der Säule diagonal laufende Brücken übrig bleiben, die sich auf einer kreisrunden Plattform vereinen. Das Obergeschoß schließt ein aus gekurvten Steinsparren und -Bohlen gebildetes Spiegelgewölbe ab, mit Gußwerk hinterfüllt und nach außen zu einer dreistufigen Pyramide abgeglichen. Tschhatris stehen an den vier Ecken des durch eine ausgekragte Galerie und einen Tschhadscha zwiefach gegürteten würfligen Baukörpers. Einen quadratischen Raum mit Mittelstütze gibt es in Kumbha Ranas Palast in Tschitorgarh (s. Tafel 7). Die Brückendecke verdankt wohl einer Laune des Bauherrn ihre Entstehung, von dem die Überlieferung berichtet, er habe auf dem Säulenthron sitzend die Vertreter der verschiedenen Religionen in den Ecken disputieren lassen. Ob das religionswissenschaf t-liche Seminar, das an sich ja beglaubigt ist und aus dem Akbar die Grundlagen für seinen Din-i-Ilahi 2) gewann, tatsächlich in dem heute als Diwan-i-Chas bekannten Gebäude stattfand, wird wohl kaum zu entscheiden sein. Man müßte den Diwan-i-Chas dann in Ibadat Chane3) umtaufen, aber dieses war nach den 7 abakat-i-Akbari ein Bau mit vier Iwanen 4), was auf den Diwan-i-Chas in keiner Weise zutrifft. Trotz seiner Seltsamkeit ist der Bau ein Meisterstück, nicht nur wegen der selten gegliickten Behandlung der Formen, der schönen Mittelsäule mit den( prachtvollen Konsolenkranz, der die Plattform trägt, sondern auch als Raum (Tafel 32 unten). Am Äußeren stören die vier im Verhältnis zu großen Tschhatris (Tafel 32 oben). Der Umriß würde auch kaum gewinnen,