National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0067 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 67 (Grayscale High Resolution Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000274
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

         

57

 

Fanshawesche Plan angeben, ist verschwunden. Er muß in Planbildung und Größe dem Rang Mahal entsprochen haben. Verschwunden ist auch das ihm gegenüberliegende Tor zum Mahtab Bagh, dem Mondscheingarten. Dagegen stehen noch einander gegenüber in der Nordsüdachse zwei reizvolle Hallen, der Bhadon Bhawan und der Sawan Bhawan (Tafel 73), beide den Balustersäulen zufolge frühestens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden. Ihre Namen nach den beiden Hauptregenmonaten Sawan und Bhadon führen sie wegen der Kaskaden, in deren Nischen man abends Lichter zu stellen pflegte. Das von der Plattform der Halle in den Garten hinab-plätschernde Wasser wurde so durchleuchtet und die willige Phantasie ließ sich dadurch im glühend heißen Sommer an die ersehnte Regenzeit mit ihren Gewittern erinnern. Aus der gleichen Zeit stammt ein weiterer Bau, der Schah Burdsch, der sich in der Nordostecke des Gartens am Anfang der langen Plattform erhebt (Tafel 73 unten). Die fünijochige Hallenfront mit dem gekurvten Bangaldar in der Mitte steht vor einem zweistöckigen Achteckbau, dem eigentlichen Schah Burdsch oder Königsturm. Aus der Tiefe der Halle nahm der Kanal seinen Anfang, der über die Plattform am Burgrand und alle auf ihr stehenden Bauten nach Süden zum Rang Mahal geht. Das Wasser fiel als Tschadar, als Schleier aus einer Nische der Rückwand über eine geneigte muschelig gerippte Marmorplatte, eine Wassertreppe, in ein Becken und aus diesem weiter hinaus ins Freie (Tafel 86 unten), Auge und Ohr den Eindruck des Kühlen und Frischen vermittelnd, nach dem die Sinne lechzen.

Der „Mondscheingarten" war dem alten Plan zufolge kein Tschar Bagh. Ein Nordsüdkanal bildete das Rückgrat, beiderseits dessen symmetrisch die Beete lagen. Ein größerer Bau stand in der Achse im Norden, Tore öffneten sich jederseits in der ostwestlichen Querachse. Beide Gärten waren vom Diwan-i-Am-Hof und von der Basarstraße im Westen zugänglich, standen demnach wohl zu gewissen Tagesstunden und während der Abwesenheit des Hofes der Allgemeinheit der Burgbewohner offen.

Von der ganzen südlichen Palasthälfte steht heute nichts mehr als ein kleines Gebäude ohne bedeutenden architektonischen Wert am östlichen Burgrand, das der Fanshawesche Plan als Mumtas Mahal bezeichnet. Es wiederholt das Schema des Diwan-i-Chas und des Chas Mahal in Agra: Breitraum mit vorgelagerter Säulenhalle. In den Hinduplan fügt sich der Mumtas Mahal nicht ein, und der Zustand vor der Zerstörung muß hier in der Südostecke wesentlich anders gewesen sein, als dieser es angibt, was mich in der Annahme bestärkt, daß am Palast später verschiedentliche Um- und Zubauten vorgenommen worden sind. Die zahlreichen Höfe — insgesamt zwanzig — die den Raum zwischen Nekare-Chane, Diwan-i-Am und Rang Mahal im Norden und der Burgmauer im Süden dem alten Plan zufolge ausfüllten, finden sich nur zum Teil in ähnlicher Anordnung auf dem Fanshaweschen Grundriß wieder, der aber gerade hier im Süden größtenteils völlig unverständlich ist.

Fergusson sucht in diesem südlichen Palastteil das Senana 1), und die Art der Anlage gibt ihm recht, ganz abgesehen davon, daß für diesen gar kein anderer Platz übrig bleibt. Der ganze Komplex, der einschließlich des Rang Mahal L-förmig um das mittlere Rechteck herumgriff, zerfiel in eine Anzahl von größeren und kleineren Einzelhäusern mit ihren Höfen, die größtenteils gegeneinander völlig abgeschlossen waren und alle ihre besonderen Ein-

gänge besaßen. Um diese zu erhalten, waren schmale Gassen zwischen die mauerumschlossenen rechteckigen Blocks gelegt. Vom Rang Mahal, der als Festsaal der ganzen Anlage gelten muß, konnte der Sultan über Verbindungshöfe mit unauffälligen Türen in dieses Gassensystem und zu den Häusern seiner Frauen gelangen. Zwei weitere Verbindungen bestanden vom Hof des Diwan-i-Am nach den Frauenhäusern. Die Hauptzugänge hatten diese aber von Westen — von der Basarstraße — und von Süden — von der breiten Straße, die sie von der Burgmauer trennte. So war die Möglichkeit der Überwachung gegeben. Andererseits konnten die Frauen und ihr Gefolge durch das Delhier Tor den Palast verlassen, wenn sie sich etwa in die Gärten im Süden der Stadt begehen wollten, ohne den mittleren, der Allgemeinheit zugänglichen Teil passieren zu müssen.

Die einzelnen Höfe des Senana sind auf dem Hindu-plan sehr verschieden gezeichnet. Die kleinsten Häuser bestanden nur aus zwei Zimmern, einer Tibari und dem Hof davor. Größere besaßen an zwei gegenüberliegenden Hofseiten Räume, und zwar zumeist nach dem „medischen" Schema gruppiert: mittlere Halle, dahinter ein Hauptraum und zu beiden Seiten kleinere quadratische oder achteckige Gemächer. Die Halle tritt verschiedentlich auch dreiseitig frei in den Hof.

Das großartigste Haus, das auch der Fanshawesche Plan andeutet, lag ungefähr in der Mitte. Zu seinem gewölbten Portalbau gelangte man von der südlichen Basarstraße durch einen beiderseits von kleinen Räumen gefaßten straßenartigen Hof, den man aber auch durch das Südtor des Diwan-i-Am-Hofes betreten konnte. Im Winkel führte der Torweg durch mehrere Räume seitlich in den als Tschar Bagh mit mittlerem Wasserbecken angelegten Gartenhof, den östlich und westlich Trakte kleinerer Räume mit Achsentibaris begrenzten. Im Süden erhob sich auf einer Terrasse mit Wasserbecken der Hauptwohnbau mit seiner Tatscharafront und ihm gegenüber im Norden eine ebensolche Fassade, hinter der sich ein offenbar gewölbter Zentralbau mit achteckigem, überkuppeltem Mittelraum und vier in der Tonne überwölbten Kreuzarmen barg. Achteckräume lagen in den Kreuzwinkeln. Das Ganze war ein Raumgefüge, wie es sich in den frei stehenden gewölbten Baradaris der Mogulzeit, seien sie Gartenpaläste oder Mausoleen, ständig wiederholt, nur daß sich die tonnengewölbten Kreuzarme zumeist nach außen als Liwane öffnen (vergl. Tafel 169 und 171) 1). Der Frau von Rang, die dieses Haus bewohnte, mag der Wölbbau als Bad oder Kühlraum gedient haben.

Achsenrecht zu diesem in sich geschlossenen Sonderpalast lagen nach dem Hinduplan nach Westen hin zwei weitere größere Höfe, ohne indessen mit jenem durch Türen verbunden zu sein, der westliche, den man von der Basarstraße her durch ein monumentales Tor betrat, nur zweiseitig von Hallen gefaßt, der nächste von zweibündigen Trakten kleiner Räume mit Achsentibaris umschlossen. Es liegt also hier wieder der Fall einer Achsenkomposition vor, die nur auf dem Planbild aber nicht am Bau selbst wahrgenommen werden konnte — sehr bezeichnend für die Art des Entwerfens.

Im einzelnen wird man dem Hinduplan kaum trauen dürfen. Die Räume gibt er — verglichen mit denen der noch stehenden Bauten — häufig ohne Zweifel zu groß an, wie er auch diese durchaus nicht immer richtig wiedergibt. Ganz unwahrscheinlich große Räume finden sich beispielsweise auf der Nordseite der Gärten. Ober die Bestimmung der einzelnen Bauten sagt anscheinend auch das Original

           
           
 

1) Hist. Ind. Arch. II. S. 312.

 

1) Ueber Baradaris s. unten S. 71.