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0020 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 20 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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Verschmelzung des tonnengedeckten Langhauses mit dem kuppelgedeckten Rundhaus, das neben diesem im Wohnbau des alten Indien eine Rolle gespielt haben muß, wie das Tonnenhaus ursprünglich ohne Zweifel ein Bambusoder Rohrbau, der dann in Holz erstellt wurde und in seiner Holzform versteinerte.

Abb. 15. Relief vom Osttoran von Santschi.

Nach Grünwedel.

Das R u n d h a u s begegnet wie das Langhaus gleichfalls als Höhlenraum und unter den Gebäudedarstellungen der Reliefs von Santschi und Barahat, weiter als Freibau in Bruchstein mit Oberkragungskuppel ausgeführt im Gandharagebiet 1). Auf dem nördlichen Pfosten des östlichen Torans von Santschi zeigt das oberste Relieffeld einen Rundbau mit Kuppeldach und Fenstern in Gesellschaft von Langhäusern mit Tonnendächern (Abb. 14). Dasselbe Nebeneinander der beiden Hausformen findet sich auf dem bereits erwähnten Relief von Barahat (Abb. 12).

Daß es sich bei diesen Rundbauten nicht um eine Gebäudeart handelt, die nur noch für sakrale oder sepulchrale Zwecke Verwendung fand, wie die Tholoi in Mykenai, sondern daß es eine gebräuchliche Form des Wohnbaues war, möchte ich daraus entnehmen, daß die Eremitenhütte der alten buddhistischen Reliefs stets ein mit kuppeligem Dach geschlossener Rundbau ist und daß die oben erwähnten massiven Rundbauten des Gandharagebietes als Mönchszellen gelten. Die Konstruktion des Daches mit iiberhängender Traufkante aus Bohlensparren zeigt ein als Tschaitja ausgeführter Höhlenraum in Guntupalle 2). Der Kuppelfläche sind sechzehn radiale Rippen oder Sparren aufgemeißelt, denen vier ringförmige Pfetten auflagern 3). Eine rechteckige Tür führt in den Raum aus einer flachen Vorhalle, die als Fassade den hufeisenförmigen Tschaitjagiebel zeigt.

Den Beginn der Verschmelzung von Langhaus und Rundhaus führen die beiden bereits erwähnten alten Höhlen in Barabar bei Radschgir vor Augen, die Sudama-Grotte und die Lomas-Rischi-Höhle. Beidemale stößt der Rundbau noch als selbständiger Raum an den Langbau und läßt in diesen die überstehende Traufkante seines Kuppeldaches hineinhängen (Abb. 13).

Für das Rundhaus gilt nun dasselbe wie für das tonnengedeckte Langhaus, nämlich die Frage, ob es als Wohnbau nicht auch zweistöckig, d. h. als Kuppelraum auf einer Pfostenhalle gebräuchlich war. Darauf führt die Darstellung eines Feuertempels auf einem Relief vom östlichen Toran in Santschi (Abb. 15). Man sieht deutlich ein Pfostengerüst, welches eine geländerumhegte viereckige Plattform trägt. Auf dieser erhebt sich der Rundbau mit dem Kuppeldach mit Türen und Fenstern, die, wie das Geländer, sinnlos sein würden, wenn man nicht über dem Pfostengerüst eine Decke annimmt. Ummanteln der Pfostenrundhalle mit einer Ringmauer läßt dann, wie beim Langhaustschaitja die Seitenschiffe, beim Rundbau einen Umgang entstehen, der sein . umlaufendes Pultdach von halber Tonnenform erhält, wie es Reliefdarstellungen und der Rundtschaitja in Dschunnar bei Puna vor Augen führen 1).

Das Nebeneinander von Rundhaus und Langraumhaus mag befremden. Man stellt sich gewöhnlich vor, daß beide Hausformen verschiedenen Kulturkreisen angehören. Im altgermanischen Wohnbau kommen sie aber auch nebeneinander vor 2), und die indische Baukunst der ersten drei Jahrhunderte v. Chr. beruht zweifellos nicht auf der Kultur eines einzelnen der zahlreichen Völker der Halbinsel. Ob es heute in Indien noch Gegenden gibt, wo die Bevölkerung in Rundhütten — aus Bambus etwa — wohnt, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Bienen-korbförmige Rohrhütten sollen im westlichen Radschputana, und zwar im Mündungsgebiet des Luni vorkommen3).

Die Reliefs von Santschi geben noch eine Abart des Tonnendaches, bei der die Schmalseiten nicht als Giebel enden, sondern — ebenfalls in der konvexen Tonnenkurve — gewalmt sind. Wird der Grundriß des Baues quadratisch, so rücken die Walme zusammen und es entsteht ein vierseitiges gekurvtes Zeltdach; die Decke erhält also die Form eines Klostergewölbes. Derartige Häuschen umsäumen, im Wechsel mit solchen mit gegiebelten Tonnendächern gereiht, die Stockwerke der

  1. Foucher, L'art gréco-bouddhique du Gandhâra. Paris 1905. Bd. 1, S. 116, Fig. 38 und 39.

  2. Bei Ellore zwischen den Mündungsgebieten von Kistna und Godaveri.

  3. Abgeh. nach Zeichnungen A. Reas im Journal of the R. Asiatic Society, N. S. vol. 19 (1887). Taf. zw. S. 511 und 512.

Abb. 16. Rath der Draupadi in Mahawellipur.

frühdrawidischen Raths von Mahawellipur (s. Taf. 2 und 3). Eines von diesen, das sogenannte Rath der Draupadi, ist ein solches Einzelhaus (Abb. 16). Ein Achteckbau, also die Mittelform zwischen Quadrat- und Rundhaus, bekrönt die Stufenpyramiden zweier Raths in Mahawellipur, das

  1. Fergusson, Hist. Ind. Arch. I, Fig. 79 und 80.

  2. s. Schulz, Das germanische Haus in vorgeschichtlicher Zeit. Leipzig 1923. S. 55, 70, 83.

  3. Nach der Mitteilung eines eingeborenen Beamten in Dschodhpur.