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0083 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 83 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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unvollständig. Der Nand Bhawan erinnert an den Rang Mahal in Delhi, das heißt, er ist eine rechteckige, nach den beiden Breitseiten offene, an den beiden Schmalseiten von geschlossenen Raumgruppen gefaßte Halle. Die Flügelräume, zu dreien gruppiert, liegen aber in zwei Geschossen übereinander, so daß man wie im Gopal Bhawan aus dem oberen in die große Halle hinabsehen kann, die mit ihren weit auseinanderstehenden Stützenreihen als Raum viel durchsichtiger ist als die Hypostylsäle der Mogulbauten (Tafel 91 oben), insbesondere als der Rang Mahal mit seinen dicken Kreuzpfeilern. Dies Hinabsehen aus einem kleinen in. einen großen Raum gewährt einen Genuß, zu dem der indische Architekt immer wieder Gelegenheit bietet. In zahlreichen Bauten gerade des 18. Jahrhunderts finden sich in den Rückwänden der Hallen hochgelegene Dschharokas angebracht, so z. B. in den Bhawans, die in den Tschar Bagh-Achsen des Mausoleums des Nawab Safder Dschang bei Delhi stehen (Tafel 91 unten links). Aber auch im heutigen persischen und syrischen Haus finden sich ganz entsprechende Einrichtungen, sei es, daß so den Haremsdamen Gelegenheit gegeben werden soll, den Vorgängen im Saal zu folgen, sei es, daß durch sie lediglich die Möglichkeit geboten werden soll, sich in eine enge räumliche Umschlossenheit zurückzuziehen im Gefühl des Verbundenseins mit dem großen luftigen Hauptraum.

Die Freude am Zusammenfügen der Räume nach einigermaßen umständlichen geometrischen Regeln, die sich z. B. an den vier Eckbastionen von Akbars Palast in Adschmir ausspricht und zu geradezu ornamental wirkenden Planbildern führt, kennzeichnet auch den als einzigen unter den Diger Palastbauten aus weissem Marmor aufgeführten Suradsch Bhawan. Tafel 94 gibt den Grundriß im Zusammenhang mit dem Hardeo Bhawan: vier fünfjochige Fronthallen und ebenso viele quadratische Eckräume umschließen einen Kern, der aus dem quadratischen Mittelraum und zwei diesen umlagernden Gürteln von rhythmisch aneinandergereihten Räumen besteht. Achsentüren verbinden sämtliche Räume untereinander, so daß man den Bau in Parallelen in den Hauptrichtungen durchschreiten aber auch in den einzelnen konzentrischen Zonen umgehen kann. Die Vielheit der Raumeindrücke — im rhythmischen Wechsel Querräume, quadratische Gemächer und Langräume — ist äußerst reizvoll, zumal wenn man aus dem dämmerigen Innern in immer hellere Räume und schließlich ins Freie kommt, um von jeder Seite aus einen anderen Ausblick zu genießen. Dem Gesagten zufolge zeigt der Suradsch Bhawan nach allen vier Seiten die gleiche Front, die fünfjochige Zackenbogenhalle von den geschlossenen Wänden der Eckräume gefaßt (Tafel 96).

Der Hardeo Bhawan, mit dem der Suradsch Bhawan durch den erwähnten Gartenhof verbunden ist (Tafel 94), kann als besonders schönes Beispiel eines Hofpalastes der Art gelten, wie sie auf dem Hinduplan von Delhi wiederholt vorkommt und in einfacherer Form in Amber und Sanganer verkörpert ist. Der Hauptbau auf der Südseite erinnert im Planbild sehr an den Gopal Bhawan, ist indessen hier eingebaut und wird von zwei kleinen Nebenhöfen mit Baderäumen und Aborten flankiert. Die Haupthalle tritt nach dem Hof vor und wird im hinteren Teil wie beim Gopal Bhawan dreiseitig von Zimmern umlagert. Auf der Rückseite liegen diese mit ihren Fußböden um etwa einen Meter höher und werden durch in den Seitenwänden versteckt emporführende enge Treppen erreicht. Der Mittelraum öffnet sich in einem Dschharoka auf die große Halle. In der Querachse treten dieser entsprechend ebenfalls Hallen nach dem Garten hin vor, mit dem Hauptbau im Süden durch Flügel verbunden. Eine von ihnen, die westliche, wird heute als Küche benutzt, hatte aber ursprünglich

sicher nicht diese Bestimmung. Das Obergeschoß ist im Sinne des Stufenhauses nur teilweise hochgeführt, und zwar völlig symmetrisch. Beim Hauptbau im Süden, dessen Obergeschoß man über zwei enge dunkle Treppen und eine bequem ansteigende Rampe erreicht, bleibt die Mitte liegen, also die Halle und die hinter ihr gelegenen Räume. Der gewonnene Platz (C) dient den beiderseits aufgebauten sechsräumigen Flügeln als Hof. Nach dem Garten hin ist dieser durch eine Schirmwand abgeschlossen, nach rückwärts durch eine auf Konsolen hinausgebaute Dreiraumgruppe, vor die nach außen noch ein Balkon mit drei Dschharokas hinauskragt. Vergitterte Galerien — Gauks — begleiten längs der Außenwand die Flügel (Tafel 95 oben), deren nach dem Garten liegende Zimmer noch einmal als Einzelräume hochgeführt sind und turmartig den stark gegliederten Mittelbau flankieren. Die Doppelturmfront des altpersischen Tatschara mit ihrer eingespannten Mittelhalle zeigt sich hier in einer sehr eindrucksvollen neuen Form (Tafel 95 unten). In der Querachse des Gartens bilden Tibaris das Obergeschoß, in deren zweien alte Küchenanlagen erkennbar sind.

Sieht man sich den Obergeschoßgrundriß des Hardeo Bhawan an, so fällt die Übereinstimmung mit dem Plan der großen Tschar Bagh-Anlage so stark auf, daß man die Entstehung des Pavillonsystems, wie es den Mogulpalästen zugrunde liegt, geradezu vor sich sieht. Das indopersische Hofhaus ist ja in der Tat so entstanden, daß Einzelhäuser im Viereck aufgestellt und durch Zwischentrakte verbunden wurden. Die Selbständigkeit der Achsen- und Eckteile ist wieder da, wenn bei großen Anlagen die verbindenden Flügel wegfallen oder wenn, wie man das an Dschodh Bais Palast in Fathpur Sikri, am Palast in Dattia und am Hardeo Bhawan in Dig sehen kann, die Bauten mehrstöckig werden. Dann fallen die sekundären Teile zuerst weg und nur die primären werden ausgeführt — aus dem Verband herausgelöst—, so daß sie wieder als Einzelhäuser dastehen. Entfällt nun noch die Notwendigkeit einer Umfassungsmauer, an die sie sich anlehnen können, sei es, daß in einem Terrassenrand oder der Ufermauer einer Wasserfläche Grenzen gegeben sind, so werden die Häuser völlig frei und können sich — wie der Gopal Bhawan oder der Rang Mahal in Delhi — nach allen vier Seiten öffnen.

Die Diger Paläste sind bis auf den aus weißem Marmor gebauten Suradsch Bhawan aus einem feinkörnigen, blaß-gelben, etwas ins rötliche spielenden Sandstein aufgeführt, aus dem auch die Verkleidungen der Terrassen, die Wasserbecken und ihre Springbrunnenspitzen hergestellt sind. Farbig steht gerade dieser Stein, der aus den Brüchen von Bansi Paharpur über 90 km weit herangeholt wurde, besser zum Grün der Gärten als der sonst meist gebrauchte rote Sandstein. Auch sind seine Eigenschaften, was Druckfestigkeit, Witterungsbeständigkeit und anderes anlangt, ungleich bessere als die des mit ihm in den gleichen Brüchen in wechselnden Schichten vorkommenden roten Steins. Im Vertrauen darauf hat der Architekt in Dig dem Stein Beanspruchungen zugemutet, die weit über das erlaubte Maß hinausgehen und beim Nand Bhawan nachträglich dazu zwangen, die Decke durch gemauerte Pfeiler zu stützen, weil die in den Ecken diagonal über 9 m freiliegenden Steinbalken der Belastung durch die anstoßenden Deckenteile nicht gewachsen waren. Die Oberdeckung des Mittelfeldes des Nand Bhawan mit über 12 m Deckenbreite ließ sich nicht mit Steinbalken ausführen, obwohl auch das anfänglich beabsichtigt war. Auch die Stützen der großen Hallen im Gopal Bhawan und Nand Bhawan sind außerordentlich stark beansprucht, haben doch die der Mittelreihe des ersteren einen geringsten Durchmesser von 36 cm, der mit der Aufmauerung und