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0031 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 31 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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Außenhalle wurde von hohen Rundsäulen gebildet und lag vor einem größeren Saal, den Beglar als „Empfangsraum" bezeichnet und der offenbar für den Durbar, die Ratsversammlung des Schloß- und Stadtherrn bestimmt war. Ob von ihm eine Verbindung nach dem Palastinnern bestand, wird nicht gesagt. Wie man aus Abb. 23 ersieht, die den Schnitt durch einen Hallenflügel nach Beglars Aufnahme wiedergibt, ist die Architektur nicht so spartanisch einfach wie in Ranod. Die vierkantigen Pfeiler sind im mittleren Teil des Schaftes abgefast und tragen liber der Bharani, dem scharf profilierten Halsglied, das kreuzförmige Konsolkapitell (Siras), dessen Arme in einer Simalinie ausgeschnitten sind. Auf ihnen liegen die Architrave und Deckenbalken, die die schließenden Steinplatten tragen, und das Plattenvordach, der Tschhadscha. Der Sockel der Bank unter der schrägen Brüstung trägt eine Reihe von Profilen, von denen, wie ich nebenbei bemerken

Abb. 23. Palast in Tschandrehe.

Schnitt, zusammengestellt nach Beglar.

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sich dieser selbe schwere Ernst, diese herausfordernde Rauhheit in den Bauten der Tughlakdynastie in Delhi bemerkbar. Es sind dieselben vierkantigen Pfeiler auf kantigen Wiirfelbasen, dieselben schweren Kreuzkapitelle, derselbe Zinnenkranz, der Kangara, der schwer und wuchtig die breitbeinig dastehenden Bauten bekrönt. Es ist vielleicht nicht ohne Belang, darauf hinzuweisen, daß diese im „Tughlakstil" oder im „Early Pathan", wie die Engländer diese Phase nennen, verkörperte Art in der Tat wohl indischen Ursprungs ist. Sie mochte dem Wesen eines Kämpen wie Ghasi Tughlak mehr zusagen als die schmuckfrohe Art, in der sich die Baukunst der Hauptstadt zur Zeit Ala ed-Din Chaldschis ergangen hatte.

In eine etwas spätere Zeit führt ein Palast, den Beglar in T s c h an d r eh e am Son-Fluß bei Rewah südlich von Allahabad entdeckt hat. Leider läßt er es sich an einer nicht sehr klaren Beschreibung genug sein, der er einige unzusammenhängende Schnitte aber keinen Grundriß beigibt 1). Es handelt sich wie in Ranod um einen von Hallenflügeln umschlossenen Hof. Der ganze Bau, aus grauem und rotem Sandstein aufgeführt, bedeckt ein ungefähres Quadrat von etwa 40 m Seitenlänge. Die Pfeilerhallen sind ein bis vier Joche tief. Ob sie ein umlaufendes zusammenhängendes Peristyl bilden, wird nicht gesagt. Man wird wohl annehmen dürfen, daß sie durch Querwände und eingeschobene Räume in Einzelhallen abgeteilt waren, wie das durchgängig im späteren Wohnbau Hindustans der Fall ist. Hinter den Hallen liegen Räume verschiedener Größe, sämtlich wie sie mit Steinbalkendecken überdeckt, einer von ihnen in der oben erwähnten Weise mit wechselnd übereck und gleichlaufend gelegten Platten, wie sie in Tempelhallen der Zeit sehr häufig ist 2). Die Hauptflügel sind zweigeschossig, und zwar liest man aus Beglars Beschreibung heraus, daß das Obergeschoß gegen das untere zurücksteht. Also allem Anschein nach wieder das Stufenhaus. Treppen, die beide Geschosse verbinden, hat Beglar nicht festgestellt. Im Obergeschoß stehen die vorderen Stützen der Hallen auf breiten Bänken auf, die durch schräg nach außen geneigte niedrige Brüstungen abgegrenzt werden. Diese Bänke kennzeichnen die Erker oder Dschharokas des nordindischen Wohnhauses bis in die neueste Zeit hinein. Man pflegt auf ihnen mit untergeschlagenen Beinen zu sitzen und Rücken und Ellbogen gegen die deshalb so niedrigen und geneigten Brüstungen zu stützen (Abb. 23) 3). Einige Teile des Gebäudes sind unterkellert. Möglicherweise dienten die mit falschen Gewölben geschlossenen dunklen Kellerräume den Palastbewohnern als Serdab, in dessen Kühle sie die heißesten Tagesstunden im Mai und Juni verbrachten wie der Bagdader die Sommertage in seinem Wohnkeller 4). Nach außen zeigt der Bau auf zwei Seiten unten völlig geschlossene Wände, über denen sich das Obergeschoß mit zahlreichen Fenstern öffnet. Auf den zwei anderen Seiten, welchen wird nicht gesagt, sind äußere Hallen vorgelegt. Die eine ist die Eingangshalle. Sie liegt gegenüber einem Tempel, und ihre kurzen Säulen stehen auf ebensolchen Bänken mit Brüstungen, wie sie sich im Obergeschoß auf der Hofseite finden. Eine Tür führt aus ihr in einen Vorraum und durch eine Folge von Gängen in den Hallenhof. Die zweite, jetzt eingestürzte

  1. Arch. Surv. Ind. vol. XIII, 1882, S. 9 u. Pl. III u. IV.

  2. s. S. 6.

  3. vgl. Taf. 134.

  4. Reuther, Das Wohnhaus in Bagdad und anderen Städten des Irak, Berlin 1910, S. 15 i. Serdabs (aus pers. serd = kalt und ab = Wasser) gab es auch im abbassidischen Samarra. Vgl. Herzfeld, Der Wandschmuck der Bauten von Samarra und seine Ornamentik, Berlin 1923, S. 2.

möchte, das unterste und oberste nichts anderes sind als das Kabodam, das aus dem halbglockenförmigen Pultdach der dreischiffigen Tschaitjahalle hervorgegangen ist 1). Nach Beglars Lesung eines inschriftlich gegebenen Datums ist der Palast 1267 erbaut, könnte den Bauformen zufolge aber um gut ein Jahrhundert älter sein. Von irgendwelchen persisch-islamischen Einwirkungen ist nicht das Mindeste zu spüren.

Auf den berühmten alten Burgen Hindustans stehen kaum irgendwelche Reste der älteren Paläste. Entweder sind sie, wie in Kalindschar oder Ranthambhor, völlig verschwunden oder, wie in Gwalior und Tschitorgarh, durch jüngere Bauten ersetzt. In Adschmir soll die große alte Moschee Arhai-din-ka-Dschonpra auf der Burg ursprünglich ein Pathsala, eine Schule gewesen sein, die der Tschohan Wisaldewa 1153 erbaut habe. Dann mag sie einen Teil des Palastes gebildet haben, eine freistehende, allseitig offene Haile, die unter dem Sultan Iltutmisch, dem Eroberer der Radschputenfeste, durch Aufführen einer Kiblawand und einer Bogenfront in eine Moschee verwandelt wurde. Daß solche freistehende Säulenhallen, wie sie in den Schlössern der Großmoguln und der großen Radschas des 17. Jahrhunderts gang und gäbe sind, damals

1) s. S. 8.

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