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0098 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 98 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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ringen Anzahl von Typest beruht. Mau denkt an eine von Fürsten verlangte Bauordnung, die nicht nur Grundrisse und Höhen der Häuser vorschrieb, sondern auch die Gestaltung der Straßenfronten nach bestimmten Gesichtspunkten regelte und so eine Einheitlichkeit der Straßenbilder erzielte — aber keine Eintönigkeit. Dazu kommt in Dschaipur noch etwas, was zur Einheitlichkeit ungemein viel tut: die Farbe. Auch andere indische Städte sind farbig einheitlich. In Dschodhpur gibt es nur Häuser aus rotem Sandstein, in Dschesulmir nur solche aus dem prächtigen, dem Giallo antico ähnlichen goldgelben Kalkstein. Aber das liegt in der Natur des allein verfügbaren Baustoffes begründet. In Dschaipur sind alle Häuser, einschließlich des Palastes des Maharadscha, der Stadtmauern und ihrer Tore, gleichmäßig gestrichen und bemalt, und zwar rosenrot mit weißem und blauem Schmuckwerk. Itn frischen Zustand mag das einem farbenempfindlichen Menschen süßlich, vielleicht widerlich erschienen sein. Jetzt sind die Töne teils nachgedunkelt, teils ausgeblichen, und die Wirkung der warm grauroten Flächen mit dem lustigen weißen Rahmen- und Rankenwerk, blauen Vasen, Götterbildern und Blumen ist außerordentlich gut. Ich kenne noch eine andere Stadt in Indien, in der die fürstliche Stadtbauverwaltung ein ähnliches Experiment gemacht hat, allerdings nicht mit gleich gutem Ergebnis, Rutlam, dessen Häuser insgesamt hellblau gestrichen sind.

A d s c h m i r, das wie die meisten unter englischer Verwaltung stehenden indischen Städte mehr und mehr von seiner Eigenart verliert, besitzt noch eine Anzahl schöner alter Wohnhäuser als Zeugen vergangenen Glanzes, alt, soweit man in Indien von alten Häusern sprechen kann. Trotz seiner, zumal in Radschputana, wo man ausschließlich in Haustein baut, oft überaus dauerhaften Bauart, ist ein indisches Haus kurzlebig. Häuser aus älteren Jahrhunderten, dem 14. und 15. etwa, wie sie heute noch das Bild mancher deutschen Stadt bestimmen, wird man in Indien vergeblich suchen. Das liegt einmal daran, daß dem Inder wie so vielen Orientalen der Sinn für das Erhalten abgeht, vor allem ist es aber der weit verbreitete Glaube, daß Häuser wegen irgend welcher Fehler den Bauherrn Unglück bringen. Man entschließt sich leicht, ein Haus aufzugeben und es dem Verfall zu iiberlassen oder abzubrechen, wenn etwa eine Seuche die Familie dezimiert hat, oder wenn geschäftliches oder anderes Unglück den Besitzer hartnäckig verfolgt.

Das Haus, das ich in Adschmir aufnehmen konnte, gilt als eines der schönsten und großartigsten der Stadt. I)er heutige Besitzer, Rao Bahadur Seth Sobhagmall Dhoda, ein Bankier, der mir den Zutritt ins Innere in liebenswürdigster Weise gestattete, nannte mir als Erbauungsdatum das Jahr 1760, was den Bauformen zufolge richtig sein dürfte.

Der Grundriß (Tafel 129) zeigt, daß das Grundstück als Ende eines Baublocks dreiseitig von Straßen umzogen wird, das Haus also drei Fronten besitzt. Eingänge hat es indessen nur auf der West- und Ostseite, hingegen nicht auf der von Läden eingenommenen Südseite, und zwar, wie mir ausdrücklich bestätigt wurde, aus dem oben angefiihrten Grunde 1). Das Hauptportal auf der Ostseite, zu dem man auf einer Doppelrampe hinaufsteigt (Tafel 125 unten), führt durch eine hohe, mit schweren Doppelflügeln geschlossene Bogentür in einen Torweg, zu dessen Seiten sich Sitznischen für den "fürheiter und anderes Gesinde eintiefen (s. den Schnitt Tafel 129), und leitet weiter auf den großen, querliegenden Rechteckhof A des Mardana.

1) S. oben S. 83.

1Jttn diesen legen siele synttnetrisclt drei selbständige Häuser, die ihn dreiseitig umfassen, jedes mit seinem Binnenhof (B, C und D), während die vierte, östliche Seite eben durch den einbündigen Eingangsflügel geschlossen wird. In die verbleibenden einspringenden Ecken des nach Westen und Süden in unregelmäßigen Vorsprüngen begrenzten Grundstückes legen sich zwei weitere Häuser, E im Nordwesten und ein mir unzugänglich gebliebenes im Südwesten, das vom übrigen Hausganzen durch einen gangartigen, schmalen Hof F getrennt wird. Alle diese fünf Häuser bilden indessen eine Einheit und sind, wie das der Grundriß deutlich macht, im Zusammenhang geplant und ausgeführt worden.

Auf den Hof A öffnen sich im Erdgeschoß jederseits paarig angeordnete Tibaris, zu Seiten der reichgeschmiickten Achsenportale, zu denen man auf Stufen emporsteigt, uni so die höher liegende Plattform der übrigen Höfe zu gewinnen. Unter den Tibaris, denen auf Zungenmauern herausgebaute Balkons oder Galerien vorgelagert sind, befinden sich Wohnkeller für die heißen Tagesstunden des Sommers. Man nennt sie in Adschmir Serdachane. Zum Teil sind den Tibaris Zimmer angeschlossen, so in der Nordwestecke ein Bad. Insgesamt bilden sie das Mardana, während die übrigen Häuser Senana sind einschließlich der nach dem Hof A gehenden Räume der Obergeschosse, die diesen mit ihren Dschharokas und Fenstern außerordentlich malerisch gestalten (Tafel 128). Nur das 1. Obergeschoß des Frontflügels auf der Südseite enthält die Empfangsräume des Mardana, drei größere Zimmer mit Dschharokas. Man steigt zu ihnen auf einer Treppe in der Südostecke hinauf.

Von den Senanahöfen, die mehreren Familien — verheirateten Söhnen des Hausbesitzers — als Wohnung dienen, entsprechen sich B und C in völliger Symmetrie; einer ist das Spiegelbild des anderen. Auch die typische, inDschaipur außerordentlich häufige diagonalsymmetrische Anordnung der Treppen wiederholt sich. Es sind im übrigen immer wieder dieselben, sattsam bekannten Raumgruppen, die man als Tibarihäuser einzeln aus dem Verband herauslösen könnte. Ganz entsprechend sind die Höfe D und E angelegt. D ist auf Tafel 129 geschnitten. Man sieht, daß sich hier, als in einem intimen Teil des Hauses auch im Obergeschoß Tibaris auf den Hof öffnen, und zwar ohne die hohen Perdaschranken, die nötig wären, wenn das Erdgeschoß nicht zum Senana gehörte. Wiederum ersetzt den die Zimmer verbindenden Hof im 1. Obergeschoß die ausgekragte Galerie, da die Tibaris wie immer nicht untereinander in Verbindung stehen und Wohnräume sind, aber nicht Umgang wie die Tarina des irakischen Wohnhauses oder das Peristyl des hellenistischen. Hof E unterscheidet sich von den übrigen dadurch, daß er auf allen vier Seiten Tibaris hat. Eine von ihnen ist, wie die südliche des Hofes D, zwei Joche tief und dient wie diese als Kiiche. In D liegt dabei der Brunnen, in E ein schmaler Raum W, in dem man den Wasservorrat aufbewahrt, und weiter in unmittelbarer Verbindung ein Gelaß mit Kultbildern verschiedener Gottheiten. Daß Küche und Hauskapelle vereinigt sind, scheint ein häufiger Brauch zu sein.

Das Obergeschoß bekam ich nur soweit zu sehen, als es für die Aufnahme des Schnittes nötig war. Es muß im großen und ganzen in seiner Planbildung dem Erdgeschoß entsprechen, abgesehen davon, daß andere Türverbindungen bestehen und daß viele Zimmer Dschharokas nach der Straße haben und daher heller beleuchtet sind als die zum Teil völlig dunklen Zimmer des Erdgeschosses. Die großen Säulensäle, wie sie in Dschaipur häufig sind, fehlen. Das Stufenhaus tritt erst ein 2. Obergeschoß in die Erscheinung. Auf dem Schnitt sieht man, welche Teile hoch-