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0050 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 50 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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Wie die einzelnen Teile des Palastes bewohnt wurden, läßt sich selbstverständlich schwer sagen. Daß er die Wohnung von Akbars Hauptgemahlin war, der Miriam es-Samami, wie die Tochter des Radscha Bihari Mal von Amber, die Mutter Dschehangirs offiziell genannt wurde, schließt man aus seiner besonderen Größe. Aus seiner Lage und der im Vergleich zu den meisten übrigen Bauten zurückhaltenden Ausstattung mit Schmuckwerk glaubt man weiter den Schluß ziehen zu müssen, daß er als einer der ersten errichtet wurde. So ist es in der Tat möglich, daß der Palast der Dschodh Bai das Haus ist, das der Kaiser seiner Gattin in der Nähe der Höhle des Salim Tschisti erbaute, und in dem sie ihre Niederkunft erwartete. Das erklärt vielleicht auch die abweichende Art der Anlage als geschlossener Hofpalast, während die späteren Bauten freistehend — als Baradaris würde der Inder heute sagen — in ihren Schachtelhöfen oder Gärten erbaut wurden. Smith gibt den einzelnen Teilen Bezeichnungen, die sicher nicht immer das Richtige treffen. Korridore sind die Tibaris 9 bis 16 nicht, sondern Schattenhallen. Sie haben keine andere Bestimmung als die Hallen der Achsenbauten, die Smith a!s Empfangsgebäude bezeichnet, nur gehörten sie zu den in sich geschlossenen Wohnungen der Damen des Hofstaates. Die Tibari 3 gilt als „Kapelle” der radschputischem Geschlecht entstammenden Sultanin. Sie unterscheidet sich von den übrigen durch die Art ihrer Wandnischen, die nicht den persischen Kielbogenschluß aufweisen sondern die in nordindischen Tempeln übliche Aediculaform haben. Man hält sie deshalb für Kultnischen, und Smith erwähnt, daß alte Einwohner des heutigen Ortes Sikri sich noch erinnerten, in ihnen Statuen von Hindugottheiten gesehen zu haben. Das ist natürlich kein Beweis, denn der Inder stellt seine Lingams auch anderwärts in die Wandnischen verlassener Profanbauten. Es spricht aber gegen die ursprüngliche Bestimmung der Tibari 3 als Haustempel, daß sich ein bewohnbarer Raum im Obergeschoß darüber befindet, was mit indischen Anschauungen nicht verträglich ist. Zubehör, Bad und Aborte besitzt der Palast reichlich. Man vermißt aber eine Küche, die man doch nicht gut im Hof A neben dem Abort annehmen kann.

In einer Anzahl von Räumen und an den Hoff ronten haben sich Reste von Bemalung erhalten. Sie zeigen, daß nicht nur im Innenraum der rote Ton des Sandsteins mit anderen Farben zusammen wirkte. In Dschodh Bais Palast sind es ornamentale Friese, Palmettenbänder u. dergl., blau und weiß oder schwarz und weiß auf den roten Grund gemalt. Dazu kommen die mit hellblau glasierten Hohlziegeln gedeckten Tonnendächer der Obergeschoßaufbauten im Norden und Süden, die ehemals weißen Kuppeln der Ecken. Statt des eintönigen Rots des Sandsteins wird man sich bei den meisten Bauten in Fathpur Sikri Mehrfarbigkeit zu denken haben. In Miriams Haus und dem Chwabgah insbesondere gibt es außer ornamentalen Malereien auch Wandgemälde, Jagdszenen, Bilder aus dem Hofleben, Flußlandschaften mit Schiffen und Stadtansichten, Tierkämpfe und anderes. Akbars und Dschehangirs Neigung zur Malerei ist ja bekannt.

Nach außen völlig geschlossen und wie der GudschariMahal in Gwalior von ungegliederten glatten Mauern umfaßt, wendet der Palast der Dschodh Bai sein Gesicht nach innen, nach dem Hof (Tafel 35). Den Eindruck bestimmen im Wesentlichen die Achsenbauten, in deren Erdgeschoß-front, der von Wandstreifen gefaßten dreijochigen Halle, Oelmann das „Nilani" oder „Tatschara" erkannt hat, das sich ja auch im Planbild unverkennbar zeigt '). Der

1) a. a O. S. 214.

Aufbau der Obergeschosse mit der zurücktretenden Tonnenhalle und den vortretenden Tibaris ist echt indisch und findet seine schlagenden Gegenstücke auf den Reliefs in Santschi (s. Abb. 14, 18 und 19). Sieht man von den im Laufe der fast zwei Jahrtausende abgewandelten Formen ab und nimmt lediglich den Kern des Ganzen, so dürfte der Palast der Dschodh Bai in der Tat Zug um Zug einem altindischen Wohnbau entsprechen, in der Planbildung sowohl wie im Aufbau und in den Raumformen •— bis auf eines: die peinlich durchgeführte Symmetrie. Sie ist persisch wie die Außenfront des Portalbaus mit der hohen Tornische und das Vortreten der Achsenbauten. Da spielt das persische Karawanserai und die persische Moschee-Medrese mit ihren Achsenliwanen herein. Auch die Silpa Sastra und das Brhat Sanhita lehren die Beobachtung der Symmetrie. Sie verklausulieren aber diese Regeln wieder durch andere, so daß der Architekt, der sie beobachten will, schwerlich zu einem klaren Ziel kommt, wenigstens nicht im Wohnhausbau, bei dem Forderungen der Ästhetik, der Zwecklichkeit und der rituellen Richtigkeit nur zu oft in Widerspruch geraten. So gibt es eine Regel, nach der die Haustür nicht in der Mitte der Front liegen darf, sondern nach der Seite verschoben werden muß, und es ist meines Erachtens nicht daran zu zweifeln, daß auch die im Grundriß des Man Mandir in Gwalior als Unregelmäßigkeiten erscheinenden Verschiebungen durch die Einhaltung der Regeln der Silpa Sastra bedingt sind. Wenn man sich dann an Sultan Babers absprechendes Urteil über die Paläste in Gwalior erinnert, so meint man zu sehen, woran seinem Enkel beim Bau des Palastes für seine Frau gelegen war. Er wollte einen „regelmäßigen Plan", Achsensymmetrie, wie sie in Persien seit sasanidischer Zeit die Baukunst beherrschte und in den Palästen der Abbasiden in Samarra in ungeheuerlichstem Maßstab durchgeführt worden war, mit einem wahren Fanatismus, mit der „übertriebenen geometrischen Konsequenz der islamischen Architektur", wie Herzfeld einmal treffend sagt. Daß der Bauherr in Fathpur Sikri von seinem Architekten später keine Achsenarchitektur mehr verlangte, ihn frei nach seinen Idealen arbeiten ließ, haben wir gesehen. Sie zeigt sich aber stärker in anderen Palastbauten Akbars, in dem von ihm auf der Burg von Agra erbauten Palast und einem Schloß, das er sich in Adschmir errichten ließ.

Die B u r g zu Agra wurde von Akbar seit 1566 an Stelle einer älteren Befestigung neugebaut, die Salim Schah, der Sohn seines großen Gegners Scher Schah am rechten Dschamnaufer angelegt hatte. Akbar hat wiederholt in Agra Hof gehalten, das letzte Mal nach der Rückkehr von seinem Dekhanzug von 1600 bis zu seinem Tode 1605. Die Hauptmasse der aus roten Sandsteinquadern erbauten Burgmauer mit ihren Rundtürmen und Toren stammt noch aus seiner Zeit (Tafel 41). Das Delhier Tor (Tafel 39) trägt eine Inschrift Akbars aus dem Jahre 1008 H. (1600) und sein Innentor, das Hathi Pol mit seinen halbachteckigen Türmen, aus rotem Sandstein mit weißen Einlagen aufgeführt (Tafel 43 oben), atmet noch ganz den Geist des 16. Jahrhunderts, namentlich die nach dem Burginnern gekehrte Front mit dem von Dschharokas flankierten Kielbogendurchgang, dessen Archivolte sich in einen durchbrochenen Blütenfries auflöst (Tafel 43 unten).

Südlich der ausgedehnten Palastanlagen Schah Dschehans steht am östlichen Burgrand über der Dschamna der „R o t e P a 1 a s t" oder wie er meist genannt wird, der Dschehangiri Mahal. Daß der Bau nicht von Dschehangir, sondern von seinem Vater Akbar errichtet, zum mindesten begonnen wurde, wird