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0017 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 17 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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Basilika sehr viel schmälere Seitenschiffe. Das rückwärtige Ende ist halbrund — apsidial — geschlossen. Die Stützen sind achtkantige glatte Pfeiler ohne Basis und Kapitell, die, stark nach innen geneigt, die gestelzt rundbogige Tonnendecke des Mittelschiffes tragen (Abb. 10). Über den Pfeilern liegt ein als einfache, verhältnismäßig niedrige Platte gestalteter Architrav, auf dem die hölzernen, in eingemeißelte Nuten der Tonnendecke eingelegten Bohlensparren aufstehen. Die Pfeilerreihen zu beiden Seiten schließen sich, dem halbrunden Abschluß folgend, im Halbkreis zusammen, bilden also einen Umgang, und dementsprechend stehen die Sohlensparren hier radial wie die Gewölberippen über dem Chorpolygon einer gotischen Kirche.

Wie der Raum an der Eingangsfront geschlossen war,

läßt sich bei den vier erwähnten Tschaitjas nicht mehr im

einzelnen feststellen, da die Giebelwand aus Holz bestand

und verschwunden ist. In Kondane hat sie bis in die sieb-

ziger Jahre des 19. Jahrhunderts noch bestanden. Ersatz

bieten jüngere Tschaitjahallen mit steinernen, der Holz-

konstruktion mehr oder minder getreu

nachgebildeten Giebelwänden und die

zahllosen Reliefdarstellungen von solchen

(Tafel 1). Eine Türwand. schließt die

Front bis zum Ansatz der Bohlensparren.

Ober ihr bildet ein dem Querschnitt des

Tonnendaches entsprechender Stirnbinder

das Auflager für die vorstehenden Dach-

latten. Beim Tschaitja in Karli ist über

der steinernen Türwand ein solcher Giebelbinder aus Holz noch größtenteils erhalten (s. Tafel 1 unten). Er besteht aus einer Anzahl im Bogen ausgeschnittener Bohlen, die zu mehreren übereinander-gestellt und durch radiale Streben verbunden sind. Die Bohlen bestehen aus kurzen verzahnten Stücken. Die Gefache sind offen oder vergittert und lassen reichlich Licht in den Raum strömen. Die die Dachhaut tragenden starken

Latten sind auch in Karli aus dem Fels gemeißelt und treten weit vor. Auf ihren vorderen Enden ruht ein dem meist hufeisenbogig gekurvten Dachquerschnitt entsprechend gestaltetes Stirnbrett — ebenfalls aus dem Fels gemeißelt —, das beim Freibau als Windberge für die Dachdeckung diente. Diese an der Giebelspitze und an den Traufenden ausgeschweiften Windberge sind, beiläufig bemerkt, eins der wichtigsten Motive der indischen Sakralarchitektur geworden, und zwar in einer symbolischen Bedeutung, auf die ich hier nicht eingehen möchte 1). In der Zeit, der die ältesten Denkmäler entstammen, im 3. und 2. vorchristlichen Jahrhundert, wird das Giebelmotiv bereits von seiner Ursprungsstelle, der Schmalfront des Hauses, auf Nebenteile übertragen, bildet die Bekrönung oder Umrahmung von Türen und Fenstern oder wird, wie bei den Seitenflügeln der Tschaitjafronten in Bhadscha und Karli (Abb. 10 und Tafel 1), in zahlreichen Stockwerken zur Wandgliederung übereinandergestellt oder — ganz wie die verkleinerte griechische Tempelfront — als Aedicula zur Rahmung von Bildwerken benutzt. Schon die älteste bekannte Felsfassade, die der Lomas-Rischi-Höhle in Barabar bei Radschgir in Bengalen (Tafel 1, oben), ist nicht

Abb. 11. Tschaitja in Ter.

die Giebelfront einer Halle, sondern der Rahmen einer seitlich in den Tonnenraum führenden Tür und als solcher einfacher konstruiert als die Stirnbinder der Hallen. Merkwürdigerweise fehlt der Front der Lomas-Rischi-Höhle die Windberge. Die Dachhaut wird über den vortretenden Pfetten oder Latten unmittelbar sichtbar. Sie ist dreischichtig und besteht, wie Fergusson meint, aus zwei Bretterlagen und einer Deckung aus Metall1). Daß es sich um eine ursprünglich weiche, an sich haltlose Deckung handelt, meint man aus der Art zu ersehen, wie die weit überhängenden Traufseiten durch Pfetten gestützt werden, die vermittels gedrehter Zapfen mit den nach innen geneigten Pfosten verbunden sind, wie das auch bei der Front des Tschaitja von Karli der Fall ist.

Zwischen der in den Felsen gemeißelten Konstruktion der hölzernen Giebelwand und dem Rauminnern besteht in Karli und anderen älteren Tschaitjas eine offenbare Unstimmigkeit. Man sieht, daß in das obere Ende der nach innen geneigten Pfosten, zwischen denen die Bohlen des Stirnbinders eingespannt sind, je ein stärkeres Langholz,

eine Pfette, eingelassen ist, das sich nach innen fortsetzen und in Abständen, auf eben solchen Pfosten ruhend, die Bohlen-sparren der Decke unterstützen muß, d. h. der Binder muß sich eigentlich im Innern wiederholen 2). Das ist indessen nicht der Fall; die dicht gereihten Bohlensparren stehen ohne Unterstützung auf dem von den Säulen getragenen Rähm auf. Man hat den Eindruck, als seien um der Raumwirkung willen die störenden Binder weggelassen und mit ihnen auch die starken, die Sparren stützenden Pfetten. Es kommt das wohl auf Rechnung der Höhlenarchitektur. Es läßt sich feststellen, daß die jüngeren Tschaitjahöhlen, die schönste von allen, die von Karli, an der Spitze, eine zunehmende Anpassung

Nach Fergusson. des Architekten an seinen Rohstoff,

den gewachsenen Fels, zeigen. Sie sind

in Formgebung und Abmessung der Teile steinmäßiger

gedacht, auch wenn, wie in Karli, die Bohlensparren der

Decke und das teilweise erhaltene Giebelfeld noch wirk-

lich aus Holz bestehen. Die Stützen, acht- oder sech-

zehnflächige gedrungene Säulen mit Kesselbasen und

Glockenkapitellen und einer bekrönenden Gruppe von Tierpaaren, Elephanten, Pferden oder Stieren, auf denen Menschen oder Götter reiten, haben sich schon weit von ihrem Vorbild, der schlanken persischen Säule, entfernt und den älteren, dem schräg in die Erde gerammten Holzpfosten nachgebildeten Pfeiler von Bhadscha ersetzt.

Die Tschaitjas, deren Frontteile erhalten sind, haben in

der Regel an der Eingangsseite Emporen, die mit den sie tragenden Säulen einen Teil des Schiffes als schmale, niedrige Vorhalle abtrennen (Nasik, Karli, s. Abb. 9). Dazu tritt bei der Höhle 19 in Adschanta ein von zwei Säulen getragener Altan vor der Tür, in Kanheri auf Sal-sette ein narthexartig vorgelagerter, dreitüriger Breitraum, dessen Decke in Höhe der Empore liegt und ebenfalls einen Altan bildet, auf den man vom Kircheninnern hinaustreten kann. Treppen, die zu den Emporen und Altanen hinaufführen, sind meines Wissens nicht erhalten.

Für die Außenerscheinung einer solchen Tschaitjahalle muß die basilikale Gestaltung ausschlaggebend sein. Das lehren zwei der drei erhaltenen als Freibauten er-

1) Jouveau-Dubreuil hat in seinem sehr wertvollen Buch L'archéologie du Sud de l'Inde (Annales du musée Guimet, Bd. 26 1914)

S. 61 eine Entwicklungsreihe dieses von den tanmlischen Architekten mit „kudu" bezeichneten Giebelornaments aufgestellt.

  1. Fergusson und Burgess, Cave temples of India, S. 43.

  2. Vgl. Taf. 1 und Abb. 9, wo diese Pfette mit a bezeichnet ist.