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0058 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 58 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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`T8

der Besetzung durch die Engländer sich bereits im Zustand größter Verwahrlosung befunden haben muß. Die letzten Nachkommen Babers und Akbars hausten in zerfallenden

Ruinen ').

In A g r a ist der Zusammenhang der einzelnen Teile noch am ehesten gewahrt geblieben, insofern, als man den eigentlichen Palast hat stehen lassen (vgl. zum folgenden den Übersichtsplan Tafel 40). Auch er ist aber aus einer Gruppe anderer Bauten herausgelöst. Namentlich fehlt die monumentale Verbindung mit dem Hauptzugang. Schah Dschehan baute, wie Cunningham auf Grund einer Stelle in Dschehangirs Lebenserinnerungen glaubt, seinen Palast an der Stelle eines älteren seines Vaters, der „auf dem Tor stand, das sich nach dem Dschamnafluß öffnet", also des auf dem Plan, Tafel 40, angegebenen Wassertores 2). Dschehangir erwähnt weiter einen achteckigen Turm mit vier Stockwerken, den Cunningham für den auch von der Überlieferung ihm zugeschriebenen Musamman Burdsch hält. Aus dem Plan sieht man aber, daß der südliche Teil von Schah Dschehans Palast in seinen Hauptrichtungen durch den Roten Palast bestimmt wurde und daß die Thronsäle mit ihren Höfen im Norden, die in diesem Südteil einschneiden, ohne Zweifel später angelegt worden sein müssen. Schah Dschehan hat also wohl zuerst im Anschluß an den Roten Palast seinen Wohnbau mit dem Gartenhof des Anguri Bagh (16 des Planes) gebaut und während dieser Zeit den Palast seines Vaters zur Abhaltung seiner Audienzen benutzt und erst später durch Neubauten ersetzt. Dazu stimmen die Baudaten. Der Chas Mahal, der Hauptbau des Wohnpalastes (13) ist 1636, der Diwan-i-Chas (9) später — allerdings nur um ein Jahr (1637) — errichtet worden. Der Saal für die öffentlichen Audienzen, der Diwan-i-Am (1), ist, was man auch aus den Formen ersehen kann, offenbar der späteste Teil des Palastes `), der also von Süden nach Norden gebaut wurde. Als letztes entstand 1648 bis 1655 das Moti Masdschid, Schah Dschehans berühmte Perlenmoschee. Bei der Anlage des Matschhi Bhawan mit dem Diwan-i-Chas und des Diwan-i-Am war der Architekt durch den Verlauf der Burgmauer gebunden, vielleicht auch durch die wiederbenutzten Unterbauten von Dschehangirs Palast. So erklären sich die verschiedenen Richtungen der beiden Hauptteile von Schah Dschehans Palast wohl am ehesten. Beide sind in sich geschlossene selbständige Anlagen, die untereinander nur lose verknüpft sind. Bezeichnend ist, daß auch keine Achsenbeziehung zu den beiden Burgtoren, dem Delhier Tor im Westen und dem Amer Singh-Tor im Süden besteht. Diese waren eben schon vorher da und mögen mit verschwundenen älteren Palastteilen Akbars in achsialem Zusammenhang gestanden haben, zumal das Delhier Tor, dessen Innentor, das Hathi Pol, mit seiner Innenfront (s. Tafel 43 unten) zweifellos in einen Vorhof hineinsah. An diesen müssen sich Bauten angeschlossen haben, die später die Lage der Perlenmoschee bestimmten. In der Richtung selbstverständlich durch die Kibla festgelegt, nimmt sie unverkennbar die alte, durch das Hathi Pol gegebene Westostachse auf. Daß in der Tat 1872 noch Reste eines größeren Baues zwischen der Moschee und dem Hathi Pol standen, bezeugt Carlleyle, der hier den Prinzenpalast Dschehangirs sucht). Gegenüber dem Eingang der Perlenmoschee stehen ebenfalls noch alte Palastteile, darunter ein Tor, das noch aus Akbars Zeit stammt. Es gilt als das

I) Vgl. Fanshawe, Delhi past and present, London 1902.

  1. Arch. Surv. Ind. IV. 1874. S. X.

  2. Er wurde erst im 27. Regierungsjahr Aurangsebs fertig.

  3. Arch. Surs'. Ind. IV. 1874. S. 124.

S. 24.

Darschan Darwasa, das der Engländer Finch beschreibt als Zugang zu einem schönen Hof, der sich am Fluß erstreckte. Jedenfalls erklärt sich die etwas verschrobene Lage von Schah Dschehans Palast aus dem Vorhandensein älterer Bauten, die die Bewegungsfreiheit seines Architekten behinderten.

Den Hauptzugang bildet auch in Schah Dschehans Zeit das von Akbar erbaute Delhier Tor (Tafel 39 und 41). Ihm lagerte vor der Burgmauer ein großer Außenhof vor, nach seinen drei Toren „Tripulja-Hof" genannt, dessen Umfassungsflügel 1857 niedergelegt wurden. In diesem Hof, der zu Märkten und Truppenbesichtigungen diente, stand das Nekare Chane, von dessen Galerie der einziehende Herrscher mit Hörnern und Kesselpauken begrüßt wurde. In Akbars Zeit hat wohl das Hathi Pol als Nekare Chane gedient (Tafel 43). Es besitzt wenigstens im Obergeschoß eine dazu geeignete Galerie. Heute geht der W,eg zwischen englischen Baracken und Befestigungsanlagen aus dem Hathi-Pol erst nach Süden und dann im Winkel nach Westen und mündet in eine Folge kleiner Höfe, deren einer als „äußerer Mina Basar" bekannt ist. Hier durften Händler ihre Waren — Juwelen, kostbare Stoffe u. dergl. — den Angehörigen des Hofes feilbieten.

Auf den äußeren Mina Basar öffnet sich das Nordtor des Diwan-i-Am-Hofes und ihm gegenüber auf dessen Südseite — ebenfalls in der Mittelachse — ein gleiches Prunktor, das mit dem Amer Singh-Tor durch eine Straße ungefähr achsenrecht verbunden ist. Der Hoi ist ein Rechteck von 150 zu 110 m, das auf drei Seiten niedrige Stichbogenarkaden umschließen. In der Mitte der östlichen Breitseite erhebt sich auf einer Plattform der Thronsaal, eine siebenschiffige Säulenhalle von drei Jochen Tiefe, die sich nach drei Seiten offen in den Hofraum hereinschiebt. Auf Tafel 51 sieht man von Südosten in den Hof hinein, der durch allerhand Einbauten und Baumwuchs um seine Wirkung gebracht ist. Das untere Bild auf Tafel 51 gibt einen Längsblick durch die Thronhalle mit ihren stucküberzogenen Sandsteinsäulen und Zackenbogenreihen. Der Thron stand in der rechts erhöht in die Wand eingetieften dreibogigen Nische, vor der eine Art Bank sichtbar ist. Auf sie mußte sich der stellen, mit dem der Sultan sprechen wollte. In der Regel stand der Wesir dort, der ihm die Bittschriften und dergleichen vorzulesen hatte. Gitterfenster rechts und links der Thronnische erlaubten den Senanadamen die Teilnahme an den feierlichen Audienzen, deren pomphaftes Zeremoniell uns die europäischen Reisenden des 17. und 18. Jahrhunderts schildern. am lebendigsten Bernier, der lange Jahre als Arzt am Hofe Aurangsebs lebte. Die Audienz begann am Mittag. Der Sultan saß mit einigen seiner Söhne zur Rechten und zur Linken auf dem Thron; Eunuchen mit Pfauenwedeln und großen Fächern standen zu seinen Seiten. In der Halle war ein innerer Bezirk durch ein silbernes Geländer abgegrenzt, wo die Emire. Radschas und die fremden Gesandten standen, die Augen gesenkt, die Arme über der Brust gekreuzt. In größerer Entfernung vom Thron standen in der gleichen Haltung tiefster Ergebenheit die Mansabdars oder niederen Emire. Der übrige Teil des Saales und der große Hof waren gefüllt mit Personen aller Stände, reich und arm, hoch und niedrig, da der Sultan unterschiedslos allen seinen Untertanen Audienz erteilte. Während dieser Zeremonie wurden die Leibrosse vorgeführt. Die Elefanten, kohlschwarz angestrichen und mit zwei roten Streiten bemalt, die von der Stirn zum Riissel zusammenliefen, mit kostbaren Schabracken bedeckt, beugten ein Knie vor dem Thron und trompeten mit erhobenem Rüssel auf Geheiß ihrer Malta tits ihren Gruß. Kampftiere wurden in den Hof