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0033 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 33 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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befand sich nach Ibn Batuta ein Raum mit Plattformen zu beiden Seiten, auf denen die diensttuende Mannschaft der Palastwache saß. Ähnlich war das später im Mogulpalast in Delhi '), wo eine gewölbte Galerie vom äußeren Burgtor nach dem Platz vor dem Nekare Chane führt wie die Takat der runden Stadt des Mansur in Bagdad 2). Das zweite Tor führte zu einem Hof und Raum, den Ibn Batuta als Audienzraum bezeichnet, also als Diwan-i-Am, den Platz für die öffentlichen Audienzen. Aus seiner Beschreibung geht aber hervor, daß dieser Hof dem Publikum als Warteraum diente. Erst durch das dritte Tor, das man nur mit persönlicher Genehmigung des Sultans passieren durfte, gelangte man zum Diwan-i-Am, einen Hof, in dessen Hintergrund sich der Audienzsaal Hesar Sutun, der „Saal der tausend Säulen" erhob. Dieser Thronsaal, in dem sich die Empfänge und feierlichen Reichsversammlungen abspielten, in dem der Sultan zu Gericht saß, Todesurteile fällte, die sofort vor seinen Augen im Hof von den dazu abgerichteten Elefanten vollstreckt wurden, war eine offene Halle mit einer Rückwand, vor der sich der Thron erhob.

auch gespeist. Der Sultan ließ sich mit seinen Verwandten. Günstlingen und Gästen zum Speisen nieder . und bot denen, die er besonders ehren wollte, persönlich eine Schüssel an. Bei großen Galaessen wurden die Speisen in feierlichem Zuge unter Vortritt der Hausoffiziere in den Saal getragen und von den Geladenen stehend empfangen. Die Teilnehmer setzten sich dann nach einer festen „Tischordnung", erhielten zuerst Zuckerwasser in goldenen, silbernen und gläsernen Bechern angeboten und dann die Speisen, jeder in besonderen Schüsseln. Nach der Mahlzeit wurde Bier in Zinnkrügen herumgereicht, dann Betelblätter mit Pinangnüssen, mit denen das Mahl beschlossen wurde.

Wie sich der Palast des Muhammed Tughlak nach außen gab, sieht man wohl am besten an dem Mausoleum, das er seinem von ihm ermordeten Vater Ghijas ed-Din Tughlak erbaute, eine dräuende Burg mit stark geböschten, aus Granitquadern gefügten Mauern, doppeltem Wehrgang mit Schießscharten und Zinnenkranz, kegelförmigen Rundtürmen und großen, gleichfalls runden, mit

Abb. 25. Grat burg des Tughlak Schah in Delhi-Tughlakabad.

Phot. Wetzel.

Abb. 26. Hof in der Grabburg des Tughlak Schah.

Phot. Wetzel.

Die flache bemalte hölzerne Decke ruhte auf hölzernen, gleichfalls bemalten und lackierten Säulen. Hier saß der Sultan auf dem Thron, der sich auf einer von weißen Stoffen verhüllten Estrade erhob. Hinter ihm stand ein Hofbeamter mit dem Fliegenwedel, vor ihm die Reichs-und Hofbeamten, der Wesir, die Kammerherren, der Schloßhauptmann, die Hausoffiziere. Rechts und links war die mit Schild, Bogen und Schwert bewaffnete Leibwache aufgestellt, an die sich zu beiden Seiten die Richter, Priester, die Generäle und andere hohe Beamte anschlossen. Im Hof davor wurden die sechzig Leibrosse im Paradezaumzeug aufgestellt, weiter fünfzig Elefanten mit ihren Mahauts, kostbar aufgeschirrt mit seidenen und. brokatenen Schabracken und dem Haudah, an dessen vier Ecken Standarten flatterten. Ihre Stoßzähne waren mit scharfen Eisen bewehrt, da die Tiere als Werkzeuge zur Hinrichtung von Verbrechern dienten. An großen Festtagen wurde der Hof vor dem Audienzsaal mit einem Bargah bedeckt, einem ungeheuren Zelt, das von zahlreichen starken Stützen getragen wurde, also eine Vergrößerung des Säulensaales — des Pfostenhauses mit seiner Flachdecke — durch ein wirkliches Zelt. Ein besonderer PrunkthrGn aus massivem Gold wurde dann an der Rückwand des Saales aufgebaut und über dem Haupt des Sultans der mit Juwelen geschmückte „Schirm der Herrschaft" aufgespannt. Im Saal stellte man ein mächtiges goldenes Räucherfaß auf und beschickte es mit Aloe-holz, Ambra und Benzoe. Im großen Audienzsaal wurde

Kuppeln gedeckten Eckbastionen, das Ganze von einer gewaltigen Wucht der Erscheinung, die sich auch im Innern wenig mildert (Abb. 25). Wenn man die Architektur der das Mausoleum umschließenden Hallenflügel der der Palasthöfe zugrunde legen darf, wozu man zweifellos berechtigt ist, so zeigt sich hier eine eigentümliche Mischung indischer und persischer Formen, die aber völlig einheitlich wirkt (Abb. 26). Indisch sind die Pfeiler der Hallen, der Tibaris' ), vierkantig, zum Teil gefast und durch Kanteneinschnitte geteilt, mit würfelförmiger Basis und ebensolchem Unterglied der kreuzförmigen Kragsteinkapitelle, das allgemeine Schema der nordindischen Stütze, wie sie auch im Palast von Tschandrehe vorkommt, aber derb, fast ungeschlacht, dem Stein, dem die Holzform aufgezwungen wurde, entsprechend. Indisch ist auch das die Front beschattende Vordach, der Tschhadscha, mit den aufgemeißelten Wülsten und das Deckprofil darüber, sind die Türöffnungen mit steinernen, auf Kragsteinen lagerndem Sturz, während die in flachen Rechtecknischen liegenden Kielbogentiiren, die Schmucknischen, die geometrischen Muster der die Bogenfelder über den Mausoleumstüren füllenden Steingitter und anderes mehr auf Rechnung des persisch-islamischen Zustroms kommen. Besonders kennzeichnend ist die Böschung der Wände. Sie ist es vor allem, die deni Bau den Ausdruck des Stämmigen, Unverrückbaren gibt. Bis 1400 und darüber hinaus bestimmt sie die Erscheinung der vielen Grabbauten, die

') Eigentlich Raum mit drei Türen. Unter Tibari (oder Tibara) versteht man aber die breiten dreijochigen Säulenhallen, die vor den Zimmern liegen oder selbständige Räume sind. Endlich nennt man aber auch unter Vernachlässigung der wörtlichen Bedeutung mehrjochige Säulenhallen Tibari.

~) s. S. 52 u. Taf. 60.

2) s. Sarre-Herzfeld, Archäologische Reise im Euphrat- und Tigrisgebiet, Berlin 1920, II. S. 128 f., Abb. 181.