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0016 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 16 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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Decke, die im südöstlichen Turkestan wie in Armenien als echte Holzkonstruktion heute noch weiterlebt 1), begegnet in Stein ausgeführt im Altertum am bekannten Baldachingrab in Mylasa 2), findet sich im 10. Jahrhundert in Kaschmir 3) und ist in Indien selbst in Gudscherat, Radschputana und im zentralen Hindustan im Tempelbau häufig, allerdings erst seit dem 11. Jahrhundert durch Denkmäler zu belegen. Aus ihr entwickelt sich die indische Kuppel mit überkragenden Ringschichten als Steinkonstruktion, wie sie die Tempelhallen der Dschaina in Nordindien und die ihnen nachgebildeten frühen Moscheen in Adschmir, Delhi und die jüngeren in Gudscherat deckt.

Den Ursprung dieses anfänglich sicher eingeschossigen Pfostenhauses mag man im Nomadenzelt sehen wollen. In Indien ist es sicher schon früh heimisch gewesen. Entsprach es doch dem Klima des Landes, in dem man vom Haus weniger den umschlossenen Raum verlangt als Schutz vor Sonne und Regen und wo man der bewegten Luft möglichst unbehinderten Zutritt läßt. Für das frühe Vorkommen solcher eingeschossiger, gesäulter Bauten führe ich außer den Felsenklöstern und Abbildungen auf den Reliefs von Santschi das Mahabharata an, das die Götterhallen beschreibt und z. B. vom Sabha Indras sagt, er sei einhundert Jodschanas breit, einhundertundfünfzig Jodschanas lang und nur fünf Jodschanas hoch 4). Dem Dichter müssen also derartige ganz flach gedehnte Hallenbauten vertraut gewesen sein.

Daß die Felsenklöster im Zusammenhang mit dem profanen Wohnbau entstanden sind, ist wohl unbestreitbar. Anders steht es mit der anderen Gruppe von Felsräumen, die den buddhistischen Bhikschus als Kirchen dienten, den tonnengedeckten Tschaitjas. Ihre Entstehung wird vielfach — wie die der christlichen Basilika — aus dem kultischen Bedürfnis des Buddhismus erklärt, das, wie man meint, bei den Anhängern Buddhas und Christi so ähnlich gewesen sei, daß ähnliche Raumgebilde hätten entstehen müssen 5). In der Tat besteht zwischen einem Wihara, wie es die Abb. 1 und 2 wiedergeben, und einem Tschaitja nicht die mindeste Ähnlichkeit. Das Wohnhaus, das auch diesem meines Erachtens zugrunde liegt, muß ganz anderer Art und Herkunft sein. Daß es sich um eine Wohnbauform handelt, nicht um eine für den Ritus neu erfundene Raumform, erweist sich daraus, daß der Tschaitja auf den Reliefs von Santschi als Teil der dort dargestellten vielgliedrigen Häuser erscheint. Demgegenüber mag man anführen, es sei die im Kultbau erwachsene Bauform auf den Profanbau angewendet worden, ein Vorgang, wie er sich in der Antike und im Mittelalter des Abendlandes immer wieder ereignet habe. Den ältesten buddhistischen Tschaitjas fehlt aber die kennzeichnende Tonnendecke, während wiederum die ältesten Felsräume, die sie besitzen, gar keine Tschaitjas sind, sondern offenbar Wohnstätten, und gar nicht dem Buddhismus angehören. Das Weiterleben der Raumform des tonnengedeckten Langraums im mittelalterlichen und neuzeitlichen Wohnbau Indiens deutet auf eine fortlaufende Überlieferung, zumal sie ausschließlich im Haus und Palast auftritt und im Kultbau längst ausgestorben ist. Daß der Buddhismus

sie in seinem Sinne, seinen rituellen Forderungen entsprechend ausgestaltete und weiterbildete, wie das Christentum die antike Markt- oder Privatbasilika, gehört nicht hierher. Ich will hier nur den Zusammenhang zu zeigen versuchen und dabei von den ältesten Tschaitjahallen als den dem profanen Vorbild vielleicht noch am nächsten stehenden ausgehen.

Abb. 9. Tschaitja in Karli.

Grundriss und Schnitt nach Fergusson und Burgess.

Von den etwa dreißig gut erhaltenen Tschaitjas oder Tschaitjagrihas, wie sie die Inschrift auf einem der Schiffspfeiler der Höhlenkirche von Nasik nennt, sind alle bis auf drei als Freibauten errichtete als Höhlen in den Felsen gehauen. Sieht man von den säulenlosen und flachgedeckten frühesten Tschaitjahallen ab, so zeigen bereits die älteren Höhlenkirchen, die in Bhadscha und Kondane, in den Bhor-Ghats bei Lonaula, in Pithalchora bei Tschalisgam in Kandesch und die Grotte 10 in Adschanta, die sämtlich dem frühen zweiten Jahrhundert v. Chr. angehören, eine fest ausgeprägte Form, die sich mit gewissen Abwandlungen bis zu den jüngsten, uni 600 n. Chr. ent-

  1. Vgl. dazu Strzygowski. Die Baukunst der Armenier und Europa, H, S. 619 ff.

  2. Durm, Baukunst der Griechen (3. Aufl.), Abb. 161.

  3. Im Tempel zu Pandrethan. Foucher, L'art gréco-bouddhique du Gandhara, I, Fig. 57.

  4. Mahabharata, Adi Parva, ed. a. pubi. by Manmatha Nath Dutt, Calcutta 1895. Sabha Parva VII, 1 und 2.

  5. Adamy, Architektonik des orientalischen Altertums. Hannover 1881, S. 83 ff. Woermann, Gesch. d. Kunst aller Zeiten und Völker 2. 1915, S. 151.

Abb. 10. Tschaitja in Bhadscha.

Nach Jouveau Dubreuil.

standenen wiederholt (Abb. 9). Es sind L a n g r ä u m e, d. h. der Eingang führt durch eine Schmalseite, und zwar in deren Mitte, ins Innere. Zwei Stützenreihen teilen den Raum in drei Schiffe, ein breites, stark basilikal überhöhtes Mittelschiff und zwei im Vergleich zur christlichen