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0028 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 28 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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neten Weltalls werden, das nur dann einen günstigen Einfluß auf sie ausüben kann. Selb§tverständlich liegen den meisten der Regeln praktische Erfahrungssätze, zum Teil auch ästhetische Gesichtspunkte zugrunde, die dadurch geheiligt wurden, daß man ihnen eine geomantische Bedeutung unterlegte.

So will der Inder auch im Plan seines Hauses oder seiner Stadt das Weltbild wiedergeben., weil er glaubt, daß das Leben auf einem so der Weltordnung angepaßten Stück Erde, das dadurch überhaupt erst zum „Wastu" zum „Bewohnbaren" wird, glücklich und ersprießlich sei.

2. Mittelalterliche Paläste in Hindustan.

Der Beginn voli Indiens Mittelalter steht wie der des abendländischen unter dem Zeichen von Völkerverschiebungen und dem Aufkommen neuer religiöser Ideen. Bedingt im Abendland der Eintritt der Germanen in die Geschichte den Untergang der antiken Kultur oder vielmehr deren Aufsaugung und Umgestaltung, so sind es in Indien die Radschputen, mit deren Hervortreten die altindische, im Buddhismus gipfelnde Kultur zusammensinkt, um mit ihren Trümmern den Kulten Wischnus und Schiwas und anderer aus der Tiefe alter Volksreligionen aufsteigender Gottheiten und damit einem andersartigen Geistesleben als Nährboden zu dienen. Was aber zum anderen das Wesen des indischen Mittelalters kennzeichnet, ist das Eindringen einer landfremden Religion, derselben, die dem Altertum in Vorderasien und Afrika ein Ende machte, des Islam.

Die ersten Eroberungen der Araber in Sind um 700 und die kurze Karmatenherrschaft in Multan haben auf die kulturelle Entwicklung Indiens allerdings nicht eingewirkt. Was hinterblieb, war Zerstörung dessen, was vorher dagewesen war. Erst mit den Kriegen Mahmuds von Ghasna, der Choriden und ihrer Mamlukengenerale beginnt der Islam in Indien auch als Kulturmacht Fuß zu fassen. Der Fall von Somnath 1025 und die Niederlage der Radschputen bei Narain 1192 begründeten die muslimische Vorherrschaft für über ein halbes Jahrtausend. Die Träger der islamischen Macht im indischen Mittelalter sind Türken und Afghanen. Ihre besondere kulturelle Färbung ist aber persisch, und Persien wird nun wieder wie in der Zeit vor Asoka das Land, aus dem viele und vielgestaltige Anregungen nach Indien herüberkommen. Indien wird zudem das Amerika der auswanderungslustigen Muslime aus anderen Gegenden, das Land, wo man leicht zu Amt und Würden und zu Besitz kommt. Man muß bei Ibn Batuta lesen, wie international die Gesellschaft am Hof der islamischen Sultane in Delhi war, deren Beamte und Offiziere sich aus dem ganzen weiten Gebiet rekrutierten, das der Islam sich seit 622 n. Chr. unterworfen hatte. Maghrebiner, Ägypter, Syrer, Mesopotamier waren die Gelehrten, Geistlichen und Richter, vor allem indessen Leute aus Persien und dessen Nachbarländern. Persisch-islamisches Wesen hat auf Indien in wechselnder Stärke eingewirkt auf Sprache, Lebensweise, Wissenschaft und Kunst, und zwar auch in den Gebieten, die sich von der Fremdherrschaft frei zu halten vermochten. Es war aber nicht imstande, Indiens eigene Kultur und Kunst zu unterdrücken, auch nicht in der Hauptstadt des Reiches selbst, in Delhi, dem alten Sitz der radschputischen Tschohans oder in den zahlreichen übrigen islamischen Machtzentren Hindustans. Es ist das eigentlich selbstverständlich. Die Zahl der Eroberer ist stets gering gewesen verglichen mit den Massen der Unterworfenen, deren Kultur der ihren an Stärke mindestens gleichkam. Die zum Islam bekehrten Inder, die bald die geistige Vormacht der islamischen Oberschicht bildeten, blieben Inder, Radschputen, Bengalen oder Bundelas, wenn sie auch aus dem eng gefügten Rahmen des Kastenwesens heraustraten. Sie streiften die ihrem Wesen eingeborene alte Kultur nicht ab, mochten sie auch arabisch beten und persisch sprechen und schreiben.

Das zeigt sich auch in der Baukunst. Einen arabisch-indischen Stil, wie Franz Pascha will, oder so und soviele indisch-sarazenische Stile, die Fergusson unterscheidet, gibt es nicht. Die Baukunst der islamisch gewordenen Landschaften hat je nach dem Wesen ihrer Bevölkerung, je nach der Zeit ihre indische Sonderart, die immer weit stärker ins Gewicht fällt als das Islamische. Eine Moschee in Cambay, Dholka oder Ahmedabad ist in ihrer Art stets zu erst gudscheratisch, eine in Gaur oder Panduah bengalisch, ehe sie islamisch ist. Aber auch gemeinhin Indisches kennzeichnet die islamischen Kultbauten Indiens. Daß die indischen Moscheen insgesamt auf hohen Terrassen stehen, ist etwas, was sie mit den indischen Tempeln gemein haben und was in der alten indischen Vorstellung wurzelt, daß die Gottheit in der Höhe wohnen, das Erhabene hoch thronen müsse.

Im Kultbau spielt das Islamische selbstverständlich besonders stark mit. Eine Moschee ist ein anderes Ding als ein Schiwatempel und ein islamisches Fürsten- oder Heiligengrab etwas Anderes als ein Mahasatidenkmal. Die Bauaufgaben sind andere, und der Architekt muß, um sie lösen zu können, Altgewohntes lassen, von außen Zugetragenes annehmen, da dies sich für die Lösung bereits eingebürgert hat und vom Bauherrn verlangt wird, und schließlich Neues erfinden. Im Wohnbau war das aber in wesentlich geringerem Maße nötig. Wenn auch da sich Vieles durchsetzte, was über die „steinernen Gürtel der Erde" an baulichen Gedanken und Verfahren mit den einwandernden persischen und zentralasiatischen Bauleuten herüberkam, Indiens Klima war anders als das des afghanischen Hochlandes, der zentralasiatischen Steppen und der Täler Irans. Indiens Häuser und Paläste waren im Land erwachsen, aus den Bedingungen von Klima und Boden heraus. Der herrschende Fremde paßte sich den Wohngepflogenheiten der neuen Heimat an. Das Haus, das er sich bauen ließ, wurde indisch, mochte es in Formgebung und Raumgefüge auch mehr oder minder ein persisches Gepräge erhalten, nicht anders als ein deutsches Schloß des 16. Jahrhunderts im innersten Wesen deutsch ist, etwas grundsätzlich anderes als ein italienischer Palast, mag auch sein Erbauer in Italien geschult worden sein.

Das was an persisch - islamischen Elementen in Indien eindringt, bleibt aber nicht auf die islamischen Länder beschränkt, sondern tritt auch da auf, wo der Islam niemals festen Fuß zu fassen vermochte, zumal im Wohnbau. Während der Sakralbau der sich zur Gefolgschaft Wischnus und Schiwas bekennenden Völker durch eine auf göttlichen Ursprung zurückgeführte und deshalb geheiligte Überlieferung sowohl in Formgebung wie in Konstruktion in eine ganz bestimmte, seitlich scharf begrenzte Entwicklungsbahn gedrängt war und sich demgemäß gegen die Aufnahme landfremder Formen grundsätzlich ablehnend verhielt, um erst in späterer Zeit hier und da etwas nachzugeben, wurde im Wohnbau die Tür nicht so ängstlich verschlossen gehalten. Derselbe Architekt, der einem Wischnutempel in Radschputana den elegant gekurvten Sikaraturm mit der Bekrönung aus Amalasara und Kalasa gab, spannte Kreuzgewölbe aus