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0024 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 24 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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ausdrücklich, daß die Häuserreihen nicht durch Abstände unterbrochen waren 1). Die Art der Hofbildung ist die gleiche wie beim Haus des Mittelmeerkreises — beim mykenischen und griechischen Haus, die Koldewey als „konjunktiv" bezeichnet, d. h. die Hauselemente werden so aneinandergereiht, daß sie den Hof umschließen 2). Beim altindischen Haus sind die einzelnen Hausteile wie beim griechischen in sich geschlossen, lassen sich einzeln herauslösen und sind auch dann noch lebensfähig. Ein Hofhaus dieser Art ist z. B. die besprochene Rani-ka-NurHöhle (Abb. 20), an der man zweierlei erkennen kann, einmal, wie sich beim Hofhaus der Architekt mit dem Stufenprinzip abfindet, und zweitens, wie durch Aneinanderreihen von einzelnen Breithäusern mit Hallenfronten ein falsches Peristyl entsteht, beides Dinge, die auch für das moderne radschputische Haus beispielsweise noch gelten. Auch die großen Sangharamas des Gandharagebietes, so die zu Tacht-i-Bahai, Sanghao und Dschamalgarhi, wo es allerdings auch eine ganze Reihe über den Hügel verstreuter hofloser Einzelhäuser mit Vorhallen und vorgelagerten Plattformen gibt 3), sind Hofhäuser dieser Art (Abb. 21). Daß die den Hof umschließenden Einzelelemente in der Mehrzahl gleich große und gleichförmige

schlossenen viereckigen Bau, wie bei der tjndawillahöhle, nach einer Seite, nach den vier Ecken oder nach der Mitte durchgeführt wird. In letzterem Fall entsteht eine Stufenpyramide, wie sie in den monolithen Raths von Mahawellipur (Tafel 2 und 3) als plastische Nachbildung eines Holzbaues vor uns steht.

Fergusson sieht in den Raths von Mahawellipur neobrahmanische Abbilder buddhistischer Klöster und meint, die Form der Stufenpyramide sei für diese, sofern es nicht Höhlenwiharas gewesen seien, vorgeschrieben gewesen 1). Er stützt sich dabei auf die Beschreibungen eines berühmten indischen Klosters, die uns von den chinesischen Pilgern Fa-Hien und Hüen-Tsuang überkommen sind 2). Aus der eingehenden Beschreibung des Fa'-Hien erfährt man, daß dieses im Dekhan gelegene Sangharama fünf Geschosse hatte, das unterste mit 500, das nächste mit 400 Mönchszellen und so fort, bis zum obersten Stockwerk, das nur 100 hatte. Weder daraus noch aus dem weniger klaren Bericht des Hiien-Tsuang ergibt sich mit Notwendigkeit die Form der Stufenpyramide, sondern nur allgemein die des Stufenhauses. Fa'-Hien spricht von Treppen, die sich an den vier Ecken des aus dem Felsen gehauenen Klosters 3) befunden hätten. Daraus könnte man schließen, daß es gerade die Ecken waren, in denen der Bau mit den meisten Geschossen gipfelte und nicht die Mitte.

Über das Raumgefüge, die innere Einteilung der auf den Reliefs von Santschi abgebildeten Häuser, läßt sich nur mit Vorbehalten etwas sagen. Man sieht schräg von oben hinein in die Stadt. Die angestrebte perspektivische Darstellung ist indessen zu unbeholfen, als daß man erkennen könnte, wie die einzelnen dargestellten Gebäudeteile zueinander stehen, wie man das auf pompejanischen Wandbildern kann. Es sind eigentlich nur Fassaden von Bauten kulissenartig hintereinandergestellt, und damit ist eine gewisse Tiefenwirkung erreicht, die aber nicht Stich hält, wenn man versucht, sich einen Plan der Bauten und der sie trennenden und verbindenden Straßen und Höfe zu zeichnen. Eins kann man aber mit Sicherheit erkennen : die Räume der einzelnen drei- und vierstöckigen Häuser oder Hausteile sind nicht auf eine Längsachse gestellt — auch die tonnengedeckten nicht —, sondern auf eine Querachse. Es sind Breithäuser — nicht Langhäuser. Die bereits beschriebenen symmetrisch gestalteten Fronten mit den geschlossenen Unterbauten, deren turmartige Seiten-risalite eine mittlere Rücklage mit einer großen Tür flankieren, sind sicher Straßen- oder Außenseiten der Häuser oder Paläste, und zwar die Portalbauten, aus denen die Prozessionen mit Roß und Wagen ausziehen, ohne Zweifel aus Höfen, die dahinterliegen und nach denen die Fronten mit den offenen Hallenuntergeschossen gehen. Auf Abb. 18 ist links eine Mauer dargestellt, nicht die Stadtmauer, sondern die Hofmauer, die Vorderhaus und Hinterhaus des Palastes verbindet. Binnenhöfe muß man beim altindischen Stadthaus ohne weiteres annehmen, wenn es ein eingebautes und nicht freistellendes Haus ist. Das Ramajana sagt bei der Beschreibung der Stadt Ajodhja

Zellen sind, ist in der Eigenart des Klosters begründet. Grundsätzlich besteht aber in der Art der Hofbildung kein Unterschied gegenüber der, wie man sie bei den Häusern der Toranreliefs von Santschi annehmen muß, wo die einzelnen vielgliedrigen, vielgeschossigen Baukörper um die Höfe gestellt sind, vielleicht häufig unter Einhaltung von gewissen Symmetrieachsen. Daß symmetrische Planbildungen beliebt waren, lehren ja die meisten Felsenklöster. Darauf deutet auch eine Beschreibung hin, die Hiien-tsuang von den indischen Klöstern gibt. Er sagt 4) : „Die Sangharamas sind mit außerordentlicher Kunst gebaut. Ein dreistöckiger Turm ist an jeder der vier Ecken errichtet. — In der Mitte des Baues ist eine Halle, hoch und weit. Da gibt es verschiedene gestockwerkte Räume und kleine Türme von verschiedener Höhe und Gestalt ohne eine feste Regel". Man möchte sich darunter einen von Bauten umschlossenen viereckigen Hof vorstellen, die vier Ecken durch mehrstöckige Aufbauten betont und inmitten des Hofes freistehend eine hypostyle Halle oder eine tonnengedeckte Tschaitjahalle, die den Hof umschließenden Flügel aber nach oben in der freien Weise „ohne feste Regel" aufgelockert, wie es die Häuser der Reliefs von Santschi zeigen.

  1. Er glaubte auch, daß man bei der Rani-ka-Nur-Grotte von der Stufenpyramide ausgegangen sei, deren Seiten abgelöst und sie um 180° gedreht habe, um das Prinzip auf die besonderen örtlichen Verhältnisse eines Felsentals anwenden zu können. Cave Temples, S. 78.

  2. Fergusson, Hist. Ind. arch. I, S. 171. Vgl. Beal, Si-yu-ki, Buddhist records of the western world, trans!. from the Chinese of liiuen Tsiang. London 1884, S. LXVIII und S. 215.

  3. Man sucht das Kloster in Sri Sailam am Krischna. Wenn es wirklich aus dem Felsen gehauen war und die gewaltigen Abmessungen hatte, die von den Chinesen iiberliefert werden, kann es kaum vollständig verschwunden sein.

i) Ramayana, fibers. v. Menrad. München 1897, S. 33.

  1. Koldewey, Die Tempel von Babylon und Borsippa. Leipzig 1911. S. 15.

  2. Vgl. den Uebersichtsplan bei Foucher, L'art gréco-bouddhique du Gandhara 1. Fig. 65.

  3. Beal, Si-yu-ki. Buddhist records. S. 73.

Abb. 21. Sangharama in Tacht-i-Bahai. Nach Fergusson.