National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0059 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 59 (Grayscale High Resolution Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000274
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

49

geführt, Nilghaiantilopen, Nashörner, bengalische Büffel. zahme Jagdleoparden, usbegische Windhunde und Jagd-

falken. Bei besonderen festlichen Gelegenheiten wurden die 0•Säulen der Halle mit Goldbrokat umhängt, gestickte seidene I

I

Stoffe wurden mit rotseidenen Schnüren an der Rückwand

und der Decke befestigt, der Boden mit kostbaren Seidenteppichen bedeckt. Die Thronhalle wurde durch eine große Zeltplane, die an den steinernen Ringen des Kangaragesimses befestigt war und vorn von silberbeschlagenen Pfosten gehalten wurde, vergrößert. Die Hofarkaden waren den Emiren überlassen, die jeder ein Joch auf eigene Kosten schmückten und dabei einander auszustechen suchten. 1)ie Beschreibung Bcrniers stimmt fast genau mit der überein, die Ibn Batuta aus der Zeit Mohammed Tughlaks gibt 1). Das Hofzeremoniell hatte sich also wenig geändert.

Achsenrecht zum Diwan-i-Am und seinem Hof liegen hinter ihm die Baulichkeiten, die für die privaten Empfänge und den Kronrat bestimmt waren und insgesamt als Diwan-i-Chas bezeichnet werden können. Ein tiefliegender, von zweigeschossigen Arkaden dreiseitig umfaßter Gartenhof breitet sich vor einer erhöhten Plattform aus, die ihn im Osten — über der Mauerkrone — begrenzt. Er führt den Namen Matschhi Bhawan, „Fischhaus", wohl weil er einst Fischbecken mit Springbrunnen umschloß. Daß man Zierfische in den Gartenbecken hielt — eine ostasiatische und wohl kaum in Indien heimische Gepflogenheit — erzählt der Venetianer Manucci in seiner Storia do Mogor, aber daß der Große Mogul hier dem kindlichen Sport des Goldfischangelns gehuldigt haben soll, ist wohl eine von phantasiebegabten Fremdenführern erfundene fromme Mär.

Der Hauptzugang zum Matschhi Bhawan öffnet sich in der Achse der Nordseite, ein Tor, dessen Flügel Akbar als Trophäen von Tschitorgarh mitbrachte. Vor ihm liegt ein kleiner Vorhof, den man über einen Zwischenhof vom Diwan-i-Am-Hof her erreicht, dem sogenannten „inneren Mina Basar" oder Senanabasar. Eine enge Treppe fuhrt aus dem Höfchen zu einer dreibogigen Marmorhalle empor, auf der die Damen des Senana hinter dem Perda saßen und sich von den Händlern unten im Hof Juwelen und kostbare Stoffe vorlegen ließen.

Vom Matschhi Bhawan führt ein enges Treppchen zur Thronnische des Diwan-i-Am empor, der wenig fürstliche Weg, den der Kaiser nehmen mußte, wenn er sich seinen Untertanen in all seiner Herrlichkeit zeigen wollte. Es ist das übrigens ein stets wiederkehrender Zug in den Palästen. Der Zuweg ist nötig. Der Herrscher durchschreitet ihn ungesehen, ehe er im Rahmen der Thronnische erscheint wie der Schauspieler auf der Bühne. Hinter den Kulissen ist Repräsentation nicht nötig — und deshalb kann der Zuweg dürftig und ärmlich sein.

Die den Matschhi Bhawan im Osten schließende hohe Plattform ist nach dem Fluß hin offen. Zwei Marmorthrone, ein schwarzer und ein weißer, stehen an ihren Rändern in der durch den Diwan-i-Am festgelegten Ost-Westachse (Tafel 52). Der schwarze Thron trägt eine auf Dschehangirs Thronbesteigung bezügliche Inschrift 2). Es ist aber kaum anzunehmen, daß er an seiner ursprünglichen Stelle steht, die Thronterrasse also bereits in Dschehangirs Palast bestand. Auf dem weißen Thron soll der Großwesir gesessen haben. Unter freiem Himmel aufgestellte Throne finden sich in indischen Palästen häufig. Abends pflegte man Staatssitzungen auf den offenen

  1. S. oben S. 22 f.

  2. Text und Uebersetzung von Carlleyle. Arch. Surv. Ind. IV. 1874. S. 132 f.

Terrassen oder im Hof abzuhalten. So steht ein Thron auf dem Durbarhof des Burgpalastes in Dschodhpur. Zwei Marmorthrone, einen schwarzen und einen weißen, schleppten die Dschats von Bharatpur aus dem eroberten Delhi nach Dig und stellten sie im Garten auf.

Die Thronplattform wird — symmetrisch zur Ostwestachse — von Gebäudefronten begrenzt, nördlich von der Wand einer Badeanlage, die kaum mehr ihr ursprüngliches Aussehen bewahrt haben dürfte, im Süden von der Hallenfront des Diwan-i-Chas (Tafel 52). Dieser weiß marmorne Saalbau, in dem die privaten Audienzen stattfanden, ist wie Nebukadnezars Thronsaal in Babylon ein Querraum mit drei hohen Türen. Vor ihm öffnet sich eine Säulenhalle mit fünfjochiger Front. Sie ist wie der Diwan-i-Am drei Joche tief, was für diese Hallen die Regel zu sein scheint, entbehrt aber der inneren Stützenreihen. Die nahezu 9 m freiliegende flache Decke, die als Gußgewölbe hergestellt sein soll, ruht auf den hintereinandergepaarten, an den Ecken zu vieren gefaßten zwölfkantigen Säulen. Mit dem weich fließenden Rhythmus seiner von den schlanken und doch kräftigen Säulen getragenen Zackenbogenreihen, dem köstlichen Schmuck der Wandsockel und Säulenbasen mit zarten naturalistischen Blumenreliefs und rahmendem Rankenwerk aus eingelegten Halbedelsteinen, den zierlichen Gittern der Kielbogenfenster, den feinen, dem kostbaren Baustoff entsprechenden Profilen ist der Diwan-iChas in Agra mit das Edelste an Architektur, was in der an Meisterwerken so reichen Zeit Schah Dschehans entstanden ist, voll der etwas müden, lässigen Grazie, die einen daran denken läßt, daß die Frau im höfischen Leben damals eine Rolle spielte, wie sonst kaum wieder in der islamischen Welt. Der Blick aus der Halle auf die Thronplattform und über sie rechts hinab auf den Fluß mit den Gärten am jenseitigen Ufer, links in den tiefen grünen Grund des Matschhi Bhawan mit seinen plätschernden Brunnen wurde vom Architekten klug in Rechnung gestellt. Um so unwahrscheinlicher ist es, daß das Auge geradeaus auf die öde Wand des Bades fallen sollte. Daß ein solches von Anfang an auf der Nordseite der Thronterrasse bestand, darf man annehmen. Auch in Delhi liegt das allerdings ungleich üppiger ausgestattete Bad des Sultans dem Diwan-i-Chas unmittelbar gegenüber.

Vom Obergeschoß der den Matschhi Bhawan umgürtenden Säulenringhalle gelangt man aus dessen Nordwestecke zum Nadschina Masdschid, der „Edelstein-moschee", die sich Aurangseb erbaute. Da sie in die Kibla eingestellt werden mußte und diese in Hindustan ziemlich genau nach Westen liegt, ist sie anders orientiert als der Palast. Der kleine dreijochige Haram tritt dreiseitig frei in den marmorgepflasterten Hof.

Dem Tschitorportal gegenüber verbindet ein Tor den Matschhi Bhawan mit dem Anguri Bagh, dem Traubengarten, den die Wohngemächer des Senana umschließen. Im Norden, Westen und Süden begrenzen diesen Gartenhof zweigeschossige Flügel mit Achsentibaris und einbündig gereihten Räumen. Im Osten, auf der Flußseite, erhebt sich über dem Garten etwa in Manns-höhe eine breite marmorgepflasterte Plattform, in deren nach dem Garten vortretender Mitte auf dem üblichen Sockel der Hauptbau steht, der Chas Mahal, der Festsaal des Senana (13), wie der Diwan-i-Chas ein dreitüriger Breitraum mit vorgelagerter fünfjochiger Halle, deren Zackenbogen sich indessen nicht über Säulen, sondern über kräftige vierkantige Pfeiler schwingen (Tafel 57 und 58). Ein Tschhadscha auf doppeltgeschwungenen, rhythmisch verteilten Konsolen beschattet als Hauptgesims die in ihren Verhältnissen fein abgewogene Front. Über ihm steht wie