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0078 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 78 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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flächenfiillend hell auf dunklem Grunde in den Bogenzwickeln sitzt (Tafel 120). Prachtvoll stehen die so in feinster Meißelarbeit ziselierten Obergeschosse gegen die glatten Wände des unteren Stockwerks. Dschodhpur selbst ist die Heimat dieser raffinierten Steinmetzenkunst, die hier wie in Bikanir und Dschessulmir (s. Tafel 125) heute noch lebt und das kleinste Häuschen reizvoll gestaltet (Tafel 123 oben rechts). Daß der radschputische Architekt auch große Aufgaben noch zu lösen versteht. zeigt das neue Justizgebäude in Dschodpur (Tafel 123 oben links). Das ausgezeichnete Material, der feinkörnige rote Sandstein, aus dem der Palast wie alle Häuser der Stadt in ihren sämtlichen Teilen, Wänden, Balkendecken, Treppen, Geländern und Fenstergittern bestehen, bis auf die Türflügel, die allein aus Holz sind, bildet die notwendige Grundlage für diese Kunst. In der Stadt gibt es eine Anzahl von Palastbauten, die noch in Formen der älteren Zeit erbaut sind und denen die für die Spätzeit kennzeichnenden Dinge, Zackenbogen, Bangaldarverdachungen und anderes fehlen (Tafel 122 rechts).

Ein ganzer Korallenstock von Palästen krönt den Schloßberg von U d a i p u r, der nach der Zerstörung von Tschitorgarh 1568 vom Maharana Udai Singh neugegründeten Hauptstadt des Sesodiastaates. In den waldreichen Vorbergen der Aravallikette liegt die Stadt am Hang eines Tales, dessen Sohle ein großer Stausee füllt, in einer berückend schönen Landschaft (Tafel 108). Die Paläste bauen sich in einer Gesamtlänge von 450 m von Süden nach Norden ansteigend in verschiedenen Terrassen den Berg hinan und gipfeln in dem Stadt und See beherrschenden vielstöckigen Bari Mahal — dem „Großen Palast". Von der Stadt kommend führt der Aufweg durch das Bari Pol oder „Große Tor", auf dem als Nekare Chane die Kesselpauken des Maharana stehen, und tritt dann durch das „Dreitor" — Tripulia —, ein üppig geschmücktes Prunktor mit drei Zackenbogenportalen, oberen Galerien und Tschhatris, von Norden in den äußeren Palasthof (Tafel 109). Links erhebt sich über einer vorgelagerten Plattform der Bari Mahal mit seiner hohen, durch Vor-und Riicklagen stark gegliederten Front, im unteren Teil vollständig fensterlos und nur durch umlaufende Gesimse horizontal geteilt, in den beiden oberen Geschossen in Fenster, Dschharokas und Tschhatris aufgelöst (Tafel 111). An ihn schließt sich südlich ein anderer Palastteil an, der sich in drei offenen Hallengeschossen aufbaut und durch einen Turm mit überragendem Tschhatrihelm abgeschlossen wird. In einer einspringenden Ecke öffnet sich hier vor einem nach Osten heraustretenden älteren Bau, der in seinen Formen, so den senkrecht übereinander-gesetzten Dschharokas, den Palästen in Tschitorgarh noch nahesteht, ein hohes Portal. Es leitet zu einem kleinen Innenhof, auf den die Durbarhalle hinabsieht. Von hier gelangt man auf einen großen, von Ställen umschlossenen Terrassenhof, der sich auf einem klotzigen Unterbau nach dem See vorschiebt. Tafel 108 zeigt die Ansicht vom See aus. Ein wirksamerer Gegensatz wie der zwischen der völlig ungegliederten Masse dieses mächtigen Steinwürfels und dem hinter ihm aufsteigenden feingliedrigen Bari Mahal mit seinem in kleine Kuppeln und Kalasas zerfaserten Umriß läßt sich kaum vorstellen. Man muß dabei bedenken. daß alle Teile der ganzen prachtvollen Baugruppe zu verschiedenen Zeiten entstanden sind, daß der Erbauer der großen Terrasse nicht wußte, wie der Bari Mahal einmal aussehen würde, um zu bewundern, mit welch feinem Gefühl der Nachfolger das Werk der Vorgänger benutzte. Auch der neueste. in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entstandene Teil — ganz rechts auf dem Bild Tafel 108 — fügt sich dem Ganzen glücklich an. Im

übrigen ist das stets wirksame Mittel, uridurchbrochene, wenig gegliederte Massen und Flächen zu aufgelösten Bauteilen in Gegensatz zu stellen, der indischen Baukunst seit Alters geläufig. Die Straßenfronten der Häuser auf den Reliefs von Santschi (Abb. 14, 18 und 19) müssen insbesondere dadurch gewirkt haben, und ebenso, aber mit vollendeter Meisterschaft, sind die Fassaden einiger neuzeitlicher Paläste in Benares daraufhin aufgebaut (Tafel 137), deren in Galerien und Dschharokas geöffnete Wohngeschosse auf den völlig geschlossenen Unterbauten aufstehen. Namentlich der Palast des Maharadscha von Nagpur am Ghusla Ghat mit den flankierenden Turmvorlagen, dem Portal, das sich in seiner lapidaren Einfachheit über der breiten zum Fluß hinabgesenkten Treppe in der

glatten Mauer öffnet, und deni zweigeschossigen, durch starke Horizontalen unterstrichenen Aufbau ist in seiner Art eines der feinsten Stücke neuindisches Baukunst, dem sich wenig an die Seite stellen lassen dürfte.

Einen auch nur ungefähren iJbersichtsplan des Udai-

purer Palastes kann ich leider nicht beibringen. Nimmt man den Durbarhof als Kern, so kann der Fürst nach Süden zu seinem Senana gelangen, dessen getürmte geschlossene Front sich nach dem See erhebt, und weiter südlich in den erwähnten neuen Palast. Nach Norden steigt eine enge

dunkle Treppe zu den beiden Obergeschossen des Bari Mahal hinauf, die allein von den insgesamt fünf Stockwerken des Baus bewohnbar sind. Nach dem altindischen Grundsatz, daß das Wohnen in der Höhe ein Vorzug sei, sind die drei unteren Geschosse des Bari Mahal, also die weitaus größte Menge des umbauten Raumes, unbenutzbare, fensterlose Pfeilerhallen, die nur den Zweck haben, den von leichtgefiigten marmornen Hallen, Tschhatris und Zimmern in zwei weiteren Stockwerken umschlossenen Terrassenhof zu tragen. Tafel 112 gibt die Grundrisse dieses hochgehobenen Hauses mit dem quadratischen Gartenhof, dessen Beete sich, durch plattenbelegte Stege getrennt, in das Marmorpflaster einsenken und ein Wasserbecken umlagern. Westlich und östlich begrenzen den Hof Hallen, deren. merkwürdig gedrückte Zackenbogen sich über Balustersäulen spannen (Tafel 113 unten). Achteckige Gemächer (1-5) und im Osten ein Breitraum mit Erkern (6 und 7) treten über Vorlagen aus dem Quadrat nach außen hin vor. Im Norden öffnet sich in der Mittelachse eine tiefe Säulenhalle (8), die gleichen Zwecken dient wie der Diwan-i-Chas des Mogulpalastes (Tafel 113 unten). Auch aus ihr treten nach beiden Seiten Dschharokas und nach Norden ein von zwei Achteckzimmern (9 und 10) begleiteter größerer Raum vor. Wie dieser Grundriß mit seinen Aus- und Einsprüngen die Form des Baukörpers bestimmt, zeigen die Ansichten auf Tafel 109 und 111. Das oberste Geschoß zeigt eine weitere Auflösung im Sinne des Stufenhauses. Die Hallendächer im Osten und Westen werden offene Wandelgänge, und über der Halle 8 liegt ein Terrassenhof, den vergitterte marmorne Schildwände umhegen. Als luftige Tschhatris hochgeführt sind nur die Ausbauten (Tafel 113 oben) und die zwei Stücke des Peristyls beiderseits der Halle 8, die zu Zimmern (17 und 18) mit dreibogig geöffneten Schmalseiten werden (Tafel 112 oben rechts). Von der Höhe dieses luftigen, hängenden Gartens, dessen alte Bäume über das marmorne Gehege hinüberschauen, genießt man einen herrlichen Rundblick über die absinkenden Terrassen des Palastes. die am Fuß des Schloßberges hingebreitete Stadt mit ihren weißen Häusern, Tempeltürmen und dunkelgrünen Gärten. über den See, in dem kleine Inselpaläste schwimmen, und auf die rahmenden Berge. Hier begreift man es, daß der Inder das Wohnen in der Höhe seinen Fürsten und Göttern als Vorrecht zugesteht und daß der Maharana alltäglich die