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0068 Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1
Indische Palaste und Wohnhauser : vol.1 / Page 68 (Grayscale High Resolution Image)

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doi: 10.20676/00000274
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wird. Man sparte dementsprechend mit dem Wasser, zumal es ja gerade dann am meisten gebraucht wurde, wenn es am rarsten war, machte die Kanäle ganz flach, ließ die Springbrunnen in dünnem Strahl aufsteigen. Rauschende Wassermassen, wie sie der italienische Barock liebte, kann man sich übrigens zu der Architektur der Zeit Schah Dchehans auch gar nicht vorstellen.

Die Burg zu L ah o r , die dritte Residenz der Großmoguln, besteht ebenfalls nicht mehr in ihrem ursprünglichen Zustand. Die Afghanen und vor allem die Sikhs, die sie nach dem Niedergang der Mogulherrschait nacheinander besaßen, haben wenig an dem überkommenen Bestand der Palastanlagen verändert, deren Verhängnis mit der Inbesitznahme durch die Engländer 1849 hereinbrach. I'er größte Teil wurde, wie in Delhi, niedergelegt, um Platz für militärische Bedürfnisbauten zu gewinnen; Anderes wurde umgebaut. Was erhalten blieb, wird zur Zeit zwar gut gepflegt, die Gesamtanlage ist indessen auch hier unwiederbringlich dahin und nur aus einem alten Plan zu erschließen, der während der Herrschaft des Soldatenkönigs der Sikh, Randschit Singh, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgenommen wurde. Dieser Plan liegt in der Umzeichnung, in der Fergusson 1) ihn wiedergibt, dem Grundriß auf Tafel 74 in der Hauptsache zugrunde. La Roche gab 192,2 eine berichtigte und vervollständigte Fassung 2), der ich einige Kleinigkeiten nach eigenen, 1912 gemachten Aufnahmen hinzufügte.

Während die Burg in Delhi mit dem Palast und der Stadt als Neugründung einheitlich entworfen und ausgefiihrt werden konnte, lagen in Lahor die Dinge ähnlich wie in Agra. I)ie Stadt am Ufer der Ravi bestand schon lange auf der gleichen Stelle, und als Akbar sie 1584 zu seiner Residenz erwählte und die Burg erbaute, schuf er seine Neuanlage sicher als Ersatz der alten, oft berannten Zitadelle. Er und seine Nachfahren, Dschehangir, Schah Dschehan und Aurangseb, haben an den Palästen innerhalb der Burgmauer gebaut, und schließlich hat auch Randschit Singh bauliche Veränderungen vorgenommen. Dabei sind die Bauten des Vorgängers zwar nicht immer vom Nachfolger respektiert worden, beschränkten ihn aber doch in der Freiheit seines Bauwillens, und so sind die Palastanlagen zusammengestückt, obwohl sie auf den ersten Blick einen einheitlicheren Eindruck machen wie die in Agra.

Die Lage der Burg zum Fluß ") und zur Stadt ist die gleiche wie die in Delhi und Agra, d. h. sie liegt zwischen beiden an der Peripherie des Mauergürtels, wie das bereits bei altorientalischen Städten mit Herrscherburgen häufig vorkommt — Dur Sarrukin und Babylon. Alberti hat sich firn 15. Jahrhundert über die Vorzüge dieser Anordnung deutlich ausgesprochen: der Fürst konnte sich so sowohl gegen den äußeren als, was eben so oft nötig wurde, gegen den inneren Feind verteidigen und sich firn letzteren Falle, wenn es nottat, schnell und unbemerkt aus seiner Feste entfernen. Die Burg bedeckt ein ungefähres Rechteck von 400 zu 300 m, ist also nur etwa halb so groß wie die in Delhi. Die Mauer mit ihren dicken Rundtürmen starnrnt noch aus Akbars Zeit. Von den beiden Burgtoren dürfte das östliche, das Masti Darwase — das „Tor des Rausches" — in der Anlage ebenfalls von Akbar herrühren, während das nach ihm benannte Westtor, das Akbari Darwase, wie Vogel mit Recht bemerkt 4), nur im Zusammenhang mit

nichts aus. Die Wohnhöfe des Nordiliigels sowohl wie des Senana sind indessen als solche deutlich erkennbar und decken sich in der Art ihrer Anlage mit dem, was auch später noch für Wohnbau iiblich ist.

Besonders wertvoll wird man sich die Art der Ausführung nicht zu denken haben. Der kostbare weiße Marmor war für die dem Eigengebrauch des Kaisers dienenden Bauten vorbehalten und im übrigen bestanden die Gebäude, wie der Diwan-i-Am, aus dem roten Sandstein und besaßen einen Oberzug von weißem poliertem Tschunam, der bemalt war. In den meisten Höfen muß man sich — wenn auch kleine — Ziergärtchen mit Wasserflächen, Springbrunnen und Wassertreppen vorstellen. Bernier, der den Harem während der Abwesenheit des Hofes sah, erzählt, daß .,fast jedes Zimmer sein Becken mit fließendem Wasser vor der Tür hatte, daß überall Gärten waren, ergötzliche Alleen, schattige Winkel, Kanäle, Springbrunnen, Grotten, unterirdische Räume, in denen man sich vor der Glut des Tages barg, luftige Diwane und Plattformen, auf denen man in der Nachtkühle schlief. Innerhalb der Mauern dieses entzückenden Ortes fühlte man keine drückende, lästige Hitze."

Ställe, Wirtschaftshöfe, Vorratshäuser muß man selbstverständlich ebenfalls unter den auf dem Hinduplan gezeichneten Bauten suchen. Sie lagen zum Teil wohl westlich der Basarstraße. I)ie Hallenhöfe beiderseits des Nekare Chane und ein weiterer in der Südwestecke des Senanabezirks können als Ställe in Betracht kommen, eher indessen als Küchen. In Lahor ist die Küche ein solcher Hallenhof, ebenso im Man Mandir in Gwalior. Für eine so ungeheure Hofhaltung muß man selbstredend mehrere Küchenanlagen voraussetzen. Am Hofe der Mogulsultane bestand die Gepflogenheit, daß die rechtmäßigen Frauen und deren Kinder aus der Küche des Kaisers verpflegt wurden, während Beischläferinnen und andere sich von den Geschenken, die sie erhielten, selbst zu beköstigen hatten, also eigene Küche führen mußten. Das `Airs-i-Akbari gibt liber den Küchenbetrieb Aufschluß. Wenn für den Kaiser gekocht wurde, so wurde ein Zelt in der Küche aufgespannt, damit nichts in die Speisen hineinfallen konnte. Es wurde also wohl größtenteils unter freiem Himmel, d. h. im Hofe des Küchenbaues gekocht. Große Herdvorrichtungen brauchte der kaiserliche Hofkoch ebensowenig wie sie der Koch im Orient heute benötigt. Die Köche mußten ihre Kleider aufschürzen, um keinen Staub aufzuwirbeln, der in die dicht Tiber dem Fußboden stehenden Töpfe fliegen konnte, und ihre Hände vor Nase und Mund halten. Ehe die Speisen aufgetragen wurden, kostete sie ein Koch und ein Vorkoster — Bekawil —, darauf der oberste Vorkoster — Mir Bekawil —, der die Schüssel versiegelte.

Die Versorgung des Palastes mit dem für die zahl-

reichen Kanäle, Springbrunnen, Wasserbecken und Bäder in großen Mengen benötigten Wasser geschah aus Brunnen und Zisternen, von denen eine mit der Treppe im Fanshaweschen Plan auf der Nordseite des Mahtabgartens angegeben ist, oder auch vom Fluß aus, zu dem ein Tor in der Siidostecke der Burg am Asad Burdsch hinabführte. I)ie Mittel. mit denen diese Wassermengen auf die Höhe der Burg gehoben werden mußten, bestanden aus denselben einfachen, von Tierkräften getriebenen Maschinen, die der indische Bauer noch heute zur Bewässerung seiner Gärten und Felder benutzt und wie sie bereits Baber beschreibt 1) : Göpel, die ein Paternosterwerk in Bewegung setzen oder die im Irak vollkommener ausgebildeten und dort Dscherid genannten Hebewerke, bei denen ein großer Ledereimer von Stieren über eine Welle hochgezogen

1) Kaiser, Denkwürdigkeiten, S. 501.

  1. Hist. Ind. Arch. Il Fig. 430.

  2. Indische Baukunst IV Abb. 307.

  3. Die Ravi hat ihren Lauf seit der Erbauung der Burg stark nach Nordwesten verlegt. Ursprünglich bespülte sie deren Nordmauer.

  4. Vogel, Tile-mosaics of the Lahore Fort. Journ. of Ind. Art, a. Industry. Vol. XIV Nr. 114 S. 8.